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uptownBasel: Stahlbau zirkulär (UTB-Z)

In uptownBasel soll eine bestehende Stahlkonstruktion teilweise zurückgebaut und wiederverwendet werden. Im Forschungsprojekt «UTB-Z» wird untersucht, welche Technologien und Prozesse sich im Umgang mit den rückgebauten Stahlprofilen zur Wiederverwendung eignen.

Zusammenfassung

Im Kontext des Rückbaus der Stahlkonstruktion im Gebäude 8 in uptownBasel wird untersucht, welche Technologien und Prozesse sich zur eindeutigen und einmaligen Identifizierung der rückgebauten Stahlprofile zur Wiederverwendung eignen.

Als Grundlage dienen die Potenziale und Herausforderungen bei der Wiederverwendung von Stahlbauteilen, eine Auseinandersetzung mit Materialpässen und Datenbanken, gefolgt von einer Analyse der Informationsanforderungen. Auch die verschiedenen Formen der Lagerbewirtschaftung, die spezifischen Fragestellungen der Projektbeteiligten und Anwendungsbeispiele nehmen Einfluss auf die Wahl entsprechender Technologien und Prozesse.

Prozess utb zirkulär Teaser.jpg

Abb. 1: Prozessdarstellung von Rückbau und Wiederverwendung

Ausgangslage

Die uptownBasel AG realisiert auf dem Schorenareal in Arlesheim bei Basel ein internationales Kompetenzzentrum für Industrie 4.0. Das Projekt zeichnet sich nicht nur durch die Ansiedlung von ausgewählten innovativen Technologieunternehmen aus, sondern auch durch zukunftsgerichtetes Bauen, welches sich diverser Nachhaltigkeitskriterien verpflichtet: Als eine Massnahme zur effizienten Ressourcennutzung und Reduktion von Treibhausgasemissionen wird auf die Kreislaufwirtschaft gesetzt.

Die Folgen des Klimawandels und der steigenden Ressourcenknappheit haben in der Baubranche ein Bewusstsein für die Notwendigkeit von Veränderungen geschaffen. Dadurch hat die Kreislaufwirtschaft mittels regenerativer Materialien oder Wiederverwendung von Bauteilen an Bedeutung gewonnen. Erste Pionierprojekte in der Schweiz, wie die Aufstockung der Halle «K.118» auf dem Lagerplatz in Winterthur des baubüro in situ, verwenden Bauteile wieder, die zurückgebaut, statt abgebrochen wurden (Stricker et al., 2021). Dabei werden kurze Transportwege zwischen Rückbauort, Werkhalle für etwaige Anpassungen, Lagerplatz und Einbauort berücksichtigt (Stricker et al., 2021). Kreislaufwirtschaft bedingt zudem, dass Bauteile im Sinne eines «Design for Disassembly» so wieder eingebaut werden, dass ein zukünftiger Rückbau bereits mitgedacht wird. Eine Bauteilmarkierung und ein Materialpass können wichtigen Bauteilinformationen langfristig zugänglich machen. Neben der Verfügbarkeit und Zugänglichkeit von Bauteilen zur Wiederverwendung über Datenbanken, welche einzelne Materialpässe strukturiert zusammenfassen, ist das «Matching» entscheidend. Mit digitaler Unterstützung können rückgebaute Bauteile und potenzielle Wiedereinbauorte einfacher miteinander in Verbindung gebracht werden. Aktuell werden dafür neuartige Softwarelösungen entwickelt, wie etwa am «Structural Xploration Lab» (SXL, EPFL), um den Entwurf mit wiederverwendeten Tragwerkselementen mittels Optimierungsalgorithmen zu unterstützen (SZS, 2023).

In uptownBasel ist grosses Potenzial für die lokale Wiederverwendung gegeben, denn Rückbauort, Werkhalle, Lagerplatz und Einbauort befinden sich auf demselben Areal. Beim teilweise zum Rückbau vorgesehenen Gebäude 8 handelt es sich um eine ehemalige Industriehalle mit einer sichtbaren und direkt zugänglichen Stahlstruktur. Dies ist insofern von Bedeutung, da Stahl viel Energie zur Herstellung benötigt und eine direkte Wiederverwendung von Stahlprofilen in einem Neu- oder Umbau zu einer Reduktion von Treibhausgasemissionen beitragen kann.

Ein Teil der Stahlprofile des Gebäude 8 soll zeitnah nach dem Rückbau Wiederverwendung auf dem Areal finden, ein anderer Teil soll auf dem Areal gelagert werden und zugänglich sein für spätere Bauaufgaben. Dabei bezieht sich die Zugänglichkeit einerseits auf den Aspekt der Lagerung und physischen Erreichbarkeit, andererseits auf die Zugänglichkeit von Informationen, welche Bauteile für die Planung zur Verfügung stehen und wo diese gelagert werden.

Fragestellungen

Zur Erarbeitung einer Handlungsempfehlung für die Auswahl von Technologien und Prozessen zur eindeutigen und einmaligen Identifizierung von rückgebauten Stahlprofilen zur Wiederverwendung im Anwendungsfall uptownBasel wurden folgende Fragstellungen formuliert:

  • Referenzprojekte/-produkte
    • Was ist der Status Quo, wenn es um Technologien und Prozesse zur eindeutigen und einmaligen Identifizierung von Bauteilen geht? Was sind Vorbilder?
    • Welche auf dem Markt befindlichen Produkte eignen sich zur eindeutigen und einmaligen Identifizierung von Bauteilen für die Wiederverwendung? Gibt es Unterschiede je nach Anwendungsfall? Welchen Mehrwert (Kosten/Nutzen) bieten die unterschiedlichen Produkte?
  • Datenspeicherung
    • In welcher Datenbank werden die Informationen gespeichert? Gibt es bestehende Datenbanken, die sich eignen, oder bedarf es einer neuen Datenbank?
    • Welche Informationen müssen (mindestens) gespeichert werden und für wen (Bsp.: Standort, Geometrie, Masse, Tragfähigkeit, Material, Oberflächenbeschaffenheit, Zustand, Qualität, Jahrgang)?
    • Um was für eine Art von Daten handelt es sich (numerische/alphanumerische Sachdaten, Vektordaten, Bild- und Rasterdaten)?
    • Wer besitzt die Daten (Rückbauunternehmung, uptownBasel, Planungsbüro…)?
  • Datenpflege
    • Welche Informationen sind konstant, welche variabel?
    • Wer pflegt die Daten?
  • Datenzugriff
    • Wie werden Daten aus der Datenbank ausgelesen? Wie ist das Vorgehen, wie ist das Format (Dokumentenzugang, Applikation, Webzugriff...)?
    • Durch wen werden Daten wann ausgelesen? Wie wird mit den Daten geplant? (Bsp. Machbarkeitsstudie / Leitfaden «Reuse G.6» zur Parkhaus- und Büronutzung unter Wiederverwendung von rückgebauten Stahlprofilen im Gebäude 6, siehe Anhang 2)
    • Werden Daten manuell oder (teil-)automatisiert ausgelesen?
  • Lagerung
    • Wird es ein Lager geben, oder mehrere? Sind die Lager längerfristig witterungsgeschützt oder witterungsungeschützt? Handelt es sich um sortierte oder unsortierte Lager?
  • Objektbearbeitung
    • Gibt es Bearbeitungsschritte (Schneiden, Schleifen, Anstrich usw.), die vor Lagerung respektive vor Einbau der Stahlprofile vorgenommen werden müssen und wenn ja, welche sind dies?
    • Wann werden die Bauteile markiert/etikettiert (Code, Chip...) und in der Datenbank registriert?
    • Darf die Bauteilmarkierung (Code, Chip...) sichtbar sein?
  • Haltbarkeit/Budget
    • Was ist die Erwartung an die Haltbarkeit/Gültigkeit der Technologien und Datenzugänglichkeit (Monate, Jahre, Jahrzehnte, Jahrhunderte)? Was ist die voraussichtliche Lagerzeit?
    • Wie ist das Budget; was dürfen die Technologien und der Prozess (z.B. die Arbeit, die aufgewendet werden muss, um eine Markierung anzubringen) kosten?
  • Prozess
    • Wie ändert sich der Prozess im Vergleich zum konventionellen Bauen, was sind die Aufgaben der Planenden, was die Aufgaben der Unternehmen? Welche Rolle spielen neue Zusammenarbeitsformen wie beispielsweise «Integrierte Projektabwicklung»?

Fazit

Digitale Durchgängigkeit kann als Grundvoraussetzung für die Kreislaufwirtschaft im Bauen betrachtet werden. Dabei kann bereits die richtige Datenbewirtschaftung (ob analog oder digital) mit entsprechender Zugänglichkeit und Nachvollziehbarkeit einen wesentlichen Beitrag leisten. Denn nur wenn zugänglich ist, was vorhanden ist, kann auch damit geplant und gebaut werden.

Die Auseinandersetzung hat gezeigt, dass die Wiederverwendung von gebrauchten Bauteilen zwar für jeden einzelnen Anwendungsfall individuell betrachtet werden muss, es jedoch Technologien und Prozessschritte gibt, die allgemeingültig anwendbar sind. Die Bauteilmarkierung und Datenspeicherung ist ein zusätzlicher Aufwand. Damit sich dieser lohnt, muss der in der Zukunft liegende Nutzen projektspezifisch eruiert werden. In uptownBasel liegt der seltene Fall vor, dass der Einbau am gleichen Ort bei gleichbleibender Eigentümerschaft vorgenommen werden soll. Hinzu kommt, dass in unmittelbarer Nähe ein Stahlbauunternehmen angesiedelt ist. Dadurch ist enormes Potenzial vorhanden, die Transportwege und entsprechende Treibhausgasemissionen auf ein Minimum zu reduzieren. Dadurch, dass die Eigentümerschaft von Rück- und Wiedereinbauobjekt die gleiche ist, können Fragen nach Haftung und Garantie anders behandelt werden, als wenn dies nicht der Fall ist. Dies vereinfacht den Prozess.

Die untersuchten Referenzprojekte zeigen, dass das Bauen mit wiederverwendbaren Bauteilen etablierte Planungs- und Bauprozesse verändert. Während konventionell geplant und anschliessend Baumaterial ausgesucht wird, erfolgt bei der Planung mit wiederverwendeten Bauteilen erst eine Grobplanung und erst unter Einbezug der zur Verfügung stehenden Bauteilen die Feinplanung. Es kommt in Anbetracht der bestehenden SIA-Phasen zu einer Verlagerung der Planung hin zu den frühen Phasen; Phasen wie die Ausschreibungsplanung und Ausschreibung entfallen hingegen im Bereich der wiederverwendeten Bauteile gänzlich. Da die Planung mit wiederverwendeten Bauteilen eine transdisziplinäre Zusammenarbeit bereits zu Beginn der Planung und damit einhergehend neue Vertrags- und Versicherungsmodelle erfordert, können neue Zusammenarbeitsformen, wie sie die «Integrierte Projektabwicklung» (IPA/IPD) oder «Allianzmodelle» vorsehen, interessant sein.

Programme, die mittels Algorithmen Bauteile nach bestimmbaren Kriterien zuordnen, erleichtern die Planung und Ökobilanzierung. Mittels Algorithmen kann beispielsweise eruiert werden, an welcher Stelle ein Vollprofil Platz findet und wo es sinnvoll ist, zwei Profile als Ganzes oder als Wabenträgern zusammenzuschweissen. Lassen sich diese Szenarien (teil-)automatisiert testen, kann ein Vergleich den geringsten Materialverbrauch wie auch die geringste Belastung durch Treibhausgasemissionen abbilden (z.B. durch die geringsten Schweissaktivitäten oder die geringsten Oberflächenbehandlungen).

Eckdaten des Projekts

Projektlaufzeit:

Juli 2023­ – März 2024

Finanzierung:

uptownBasel

Projektleitung:

Julia Hemmerling

Projektmitarbeitende

Prof. Manfred Huber
Marc Pancera
Oliver Schneider

Publikationen / Präsentationen

Veröffentlichungen folgen

Institut Digitales Bauen

Hofackerstrasse 30 4132 Muttenz
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