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KI-basierte Risikoprognose von Wildtierkollisionen auf dem Eisenbahnnetz der SNCF

Im Rahmen dieses mit dem Infrastrukturbereich der Französischen Eisenbahngesellschaft (SNCF Réseau) durchgeführten Forschungsprojektes soll das Kollisionsrisiko mit Wildtieren auf dem Streckennetz mit Hilfe von künstlicher Intelligenz (KI) und umfangreicher georeferenzierter Daten aus Satelliten und terrestrischer Sensoren untersucht werden. Ziel der Arbeiten ist es, prognostische Modelle hinsichtlich relevanter Habitate und Populationen zu etablieren, um die Planung effektiver Schutzmassnahmen in Risikobereichen zu unterstützen.

AI-based risk prognosis of wildlife collisions on the SNCF railway network

In collaboration with the Infrastructure Division of the French National Railway Company (SNCF Réseau), this research project utilizes artificial intelligence (AI) and extensive georeferenced data from satellites and terrestrial sensors to analyze the risk of wildlife collisions on the railway network. The aim is to develop predictive models that identify key habitats and populations, supporting the design of effective protective measures in high-risk areas.

Prévision IA du risque des collisions fauniques sur les voies de la SNCF

Dans le cadre du projet de recherche mené avec le gestionnaire de l'infrastructure ferroviaire français (SNCF Réseau), l'intelligence artificielle (IA) et des données géoréférencées provenant de satellites et de capteurs terrestres sont mises à contribution pour analyser le risque de collision avec la faune sur le réseau ferroviaire. L'objectif est de développer des modèles prédictifs qui déterminent les habitats et les populations clés, afin de soutenir la mise en place de mesures de protection efficaces dans les zones à haut risque.

Zusammenfassung

Unfälle mit Wildtieren, insbesondere mit Wildschweinen und Rotwild, stellen ein erhebliches Risiko für das weitläufige Eisenbahnnetz der SNCF dar. Sie verursachen nicht nur Sachschäden am Rollmaterial, sondern tragen auch zu Beeinträchtigungen des operativen Betriebes bei, indem jedes Jahr mehr als 200.000 kostspielige Minuten kumulierter Verspätung verzeichnet werden. Herkömmliche Methoden zur Vermeidung solcher Unfälle, wie z. B. Zäune, Wildübergänge und Vergrämungsvorrichtungen, sind ressourcenintensiv und nicht immer wirksam, da es schwierig ist, Hotspots zu lokalisieren oder sogar vorherzusagen.

Ziel des Forschungsprojekts ist es, mittels KI und einer Integration multimodaler und temporaler Daten (multispektrale Satellitenzeitreihen, Luftbilder, landwirtschaftliche und klimatologische Informationen sowie Daten von terrestrischen Sensoren, usw.) die Aufenthaltswahrscheinlichkeiten von Wildtieren in der Nähe der Gleisinfrastruktur zu modellieren.

Daraus resultierende prädiktive Habitatsmodelle könnten dazu beitragen, Zwischenfälle zu verhindern, zum Beispiel durch geeignete Schutzmassnahmen in bestimmten Risikogebieten. In dieser ambitionierten Big-Data Problemstellung sollen neueste Technologien der KI auf Basis künstlicher neuronaler Netze eingesetzt werden, um die extrem umfangreichen und anspruchsvollen Datenquellen zu verarbeiten und nutzbare Zusammenhänge herzustellen. Das Projekt basiert auf der langjährigen und anerkannten Erfahrung des Instituts Geomatik der FHNW in KI-basierten Ansätzen für Detektions- und Klassifikationsaufgaben, sowie Modellierung mit räumlich und zeitlich referenzierten Geodaten.

Methoden

Als Datengrundlage der Modelle nehmen Satelliten-Zeitreihen und Mobile Mapping eine Schlüsselrolle ein. Während hochauflösende Multispektraldaten des Sentinel-2 Satellitenprogramms der ESA je nach Bewölkung alle sechs Tage die Möglichkeit bieten, ein klassifizierbares Landschaftsmodell für ganz Frankreich zu berechnen, können Mobile Mapping-Bilder (Imajnet) verwendet werden, um besonders stark frequentierte Wildwechsel zu lokalisieren, die sich beispielsweise durch verfärbten Schotter bemerkbar machen. Zusätzliche modellrelevante Informationen sollen beispielsweise aus LIDAR-Punktwolken extrahiert, sowie aus landwirtschaftlichen, jagdlichen und klimatologischen Diensten integriert werden.

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Datenquellen: KI-basierte Detektion von Wildwechseln auf bahngestützten Mobile-Mapping-Bilddaten im Burgund (links), multispektrales Sentinel-2 CIR Falschfarbenbild zu Klassifikation von Landschaftsmerkmalen in der Bretagne (rechts).

Für die prädiktive Modellierung werden fortschrittliche Algorithmen implementiert, die beispielsweise Convolutional Neural Networks (CNNs) für Aufgaben der Computer Vision umfassen. Die für fluktuierende Datenvarianzen besonders geeigneten Long Short-Term Memory Modelle (LSTMs) werden eingesetzt, um Zeitreihen zu modellieren und Risikoprognosen zu erstellen.

Das nachfolgend beispielhaft illustrierte System soll dabei räumlich-zeitliche Daten akzeptieren, um relevante Risikoprognosen über mehrere Zeithorizonte hinweg zu erstellen. Dabei stehen Robustheit und ein hoher Automatisierungsgrad hinsichtlich der Verarbeitung zukünftiger Datensätze im Vordergrund.

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Übersichtsschema mit Datenflüssen und eingesetzten Technologien.

Begleitet werden die Modellierungen durch umfangreiche Populationserfassungen und Feldkampagnen vor Ort, um die Plausibilität und Anwendbarkeit sicherzustellen.

Fachwissen über das lokale Schienennetz und die Lebensräume der Tiere ist unerlässlich, um die Genauigkeit der Vorhersageergebnisse und die Relevanz der Referenz-Eingabedaten zu überprüfen. Wir verwenden unter anderem sichtbare Wildwechsel an Gleisanlagen als indirekte Hinweise, die zur Modellkalibrierung genutzt werden können. Diese Aktivitätsmuster werden durch Kamerafallen als bewährtes Mittel des Populationsmonitorings verifiziert.

Zusätzlich werden mit Infrarot-Wärmebild- und Zoomkameras ausgestattete Drohnen zur Aufzeichnung des Verhaltens und der Erfassung von Gesamtpopulationen eingesetzt.
Innovative Computer Vision KI unterstützt die Auswertung der grossen Bilddatenmengen.

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Erfassungsmethoden für «Ground Truth»-Referenzdaten: Kamerafalle (links), Sedimentspuren an stark frequentierten Wildwechseln (Mitte), Drohnenbefliegungen (rechts) - diese jeweils mittels Wärmebildkameras zur Populationsschätzung oder mittels Photogrammmetrie zur 3D-Modellierung von Habitaten in Risikogebieten.

Relevanz

Das System soll zu einer fundierteren Entscheidungsfindung führen, etwa um Ressourcen für den Bau von Infrastrukturprojekten wie Zäunen und Wildübergängen besser zu verteilen. Der Vorhersageatlas des Modells kann als wesentlicher Input für Strategien zum Management von Wildtieren dienen und letztlich zu einer harmonischeren Beziehung zwischen Infrastruktur und belebter Umwelt beitragen. In Zukunft könnte dieses Projekt auch als Modell für neue Zielspezies oder andere häufig auftretende Umweltprobleme dienen. Während das System durch den Einschluss zunehmender und für die Fragestellung repräsentativer Datenmengen reift, wird eine Verfeinerung der Vorhersagegenauigkeiten erwartet.

Es wird erwartet, dass das Projekt einen Rahmen für zukünftige Forschungen im Bereich des Umweltmanagements und der Tierökologie bietet und gleichzeitig eine Grundlage für weitere Anwendungen im Kontext von Verkehr und Umwelt schafft, was die Bedeutung dieses Projekts für die SNCF weiter unterstreicht.

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Beispielausschnitt aus dem Kollisionsatlas für einen nächstjährigen Wintermonat: Prädiktive Karte mit modellierten Kollisionsrisiko-Hotspots (Farbrampe Risiko blau-niedrig bis rot-hoch) auf Teilen des Schienennetzes der SNCF (schwarz).

Eckdaten des Projekts

Projektlaufzeit:April 2023 – März 2025
Projektleitung IGEO:Prof. Dr. Denis Jordan
Projektleitung SNCF:

Pascal Tamizon
Directions Techniques Réseau / DGOP
SNCF Réseau

Projektmitarbeitende:

Adrian Meyer

Links

www.wilddrone.ch
Neuigkeiten zum Projekt.
Project news, also available in English.
Actualités du projet, disponibles en français.


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