25.6.2021 | Hochschule für Wirtschaft
Senior Entrepreneurs bringen ihre Erfahrung in die Unternehmerlandschaft
Eine Studie der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW untersuchte, wer die neuen Selbständigen über 50 Jahre sind und wie sie sich von jüngeren Gründerinnen und Gründern unterscheiden. Die Daten stammen aus einer Umfrage unter neuen Unternehmen, die zwischen 2014 und 2019 gegründet wurden.
Die berufliche Selbständigkeit ist in der Schweiz beliebt. Die Anzahl der Unternehmensgründungen steigt, insbesondere in Krisenzeiten wie der aktuellen Corona-Situation.
In den letzten 20 Jahren hat der Anteil der Gründungspersonen, die beim Schritt in die Selbständigkeit bereits 50 Jahre oder älter waren, stetig zugenommen. Heute ist jede vierte Gründungsperson zum Zeitpunkt des Schritts in die Selbständigkeit bereits 50 Jahre oder älter – vor zwanzig Jahren war es nur jede sechste Gründungsperson.
Die schriftliche Befragung von gut 300 Gründungspersonen hat einige deutliche Unterschiede zwischen den jüngeren und älteren Selbständigen hervorgebracht. Naheliegend ist, dass das höhere Alter sich in den bisherigen Erfahrungen und dem vorhandenen Netzwerk niederschlägt. Die Senior Entrepreneurs verfügen über deutlich mehr Berufs-, Führungs- und Branchenerfahrung. Zudem waren deutlich mehr Senior als Junior Entrepreneurs zuvor bereits einmal selbständig. Insgesamt stufen die Gründungspersonen 50+ ihr Wissen in fast allen Bereichen als höher ein als die jüngeren Kolleginnen und Kollegen. Einzig im Bereich Marketing und Kundenakquisition, insbesondere bei den Stichworten Verkauf und Social Media, stufen sich die älteren Gründungspersonen als weniger fit ein.
Vorteil Erfahrung
Dank ihrer langjährigen und vielfältigen Erfahrung suchen Senior Entrepreneurs deutlich seltener Unterstützung aus ihrem Umfeld als die jüngeren Gründungspersonen. Sie greifen vor der Gründung und auch bei auftauchenden Problemen weniger stark auf Anspruchsgruppen zurück, vor allem viel weniger auf Bekannte, Verwandte und das Umfeld aus Schule und Studium.
Ein wichtiges Motiv zum Schritt in die Selbständigkeit für die Generation 50+ ist die eingetretene oder drohende Arbeitslosigkeit. Es ist denn auch nicht verwunderlich, dass nur 25 % der Senior Entrepreneurs glauben, dass sie gut wieder einen Job finden, verglichen mit 64% bei der jüngeren Altersgruppe.
Die durchschnittlichen Senior Entrepreneurs bleiben ihrer bisherigen Branche treu und mit knapp einem Drittel macht sich die grösste Gruppe als Berater beziehungsweise Beraterin selbständig, während dieser Anteil bei den jüngeren Gründungspersonen nur etwa halb so gross ist. Die Senior Entrepreneurs nutzen ihre langjährigen Erfahrungen und Beziehungen, um andere Firmen zu unterstützen, begleiten und beraten. Sie machen dies in der Regel allein, ohne Mitarbeitende. Die Unternehmen der Gruppe 50+ sind von Beginn an etwas kleiner und wachsen weniger stark in Bezug auf die Angestellten als ihre jüngeren Kolleginnen und Kollegen. So sind 50% auch nach 3.5 Jahren noch Ein-Personen-Unternehmen ohne Angestellte, verglichen mit 40% bei den jüngeren Gründerinnen und Gründern.
Volkswirtschaftlich gesehen ist dieser Trend zur späten Selbständigkeit zu begrüssen. Es macht Sinn, dass das Wissen, die Kompetenzen und die Erfahrungen der gut ausgebildeten Personen mit einem Leistungsausweis (langjährige Branchen-, Berufs- und Führungserfahrung) nicht nur einem Unternehmen, sondern verschiedenen Unternehmen zugutekommen. Die Gesellschaft und auch die Hochschulen sollten auf diesen Trend reagieren und vermehrt auch Unterstützungsangebote für diese Gruppe anbieten.