Additive Fertigung begeistert Kunststoffnachwuchs
Die additive Fertigung von Kunststoffen hat in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Dabei nimmt die Vielfallt an Verfahren und Werkstoffen kontinuierlich zu.
Mittels Zweiphotonenpolymerisation (2PP) gedruckter Mischer für ein mikrofluidisches Device (Quelle: Jonathan Schmidli, FHNW)
Die additive Fertigung von Kunststoffen hat in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Dabei nimmt die Vielfallt an Verfahren (Filament-, Pulver- oder Flüssigkeitsbasierend) und Werkstoffen (Metalle und amorphe, teilkristalline, gefüllte, verstärkte oder funktionalisierte Kunststoffe) kontinuierlich zu. Gerade zur Herstellung von Prototypen im Rahmen einer Produktentwicklung bietet der 3D-Druck den grossen Vorteil, ein reales Bauteil frühzeitig begutachten zu können. Dabei kommt man sogar der Mechanik und der Oberflächenqualität eines spritzgegossenen Bauteils immer näher, solange es sich um unverstärkte Kunststoffe handelt. Somit können zum Teil reale Funktionstests durchgeführt werden. Bei faserverstärkten Kunststoffen ist der Unterschied vom 3D-Druck zum Spritzgussverfahren allerdings noch relativ gross. Da die Druckzeiten immer kürzer werden, ist additive Fertigung mittlerweile auch für Kleinserien (ca. 100 -1000 Stück) interessant.
Dem Fortschritt in der additiven Fertigung wird am Institut für Kunststofftechnik FHNW nicht nur in der Forschung und Entwicklung, sondern auch in der Lehre Rechnung getragen. In verschiedenen Vorlesungsmodulen im Bachelor Studiengang Maschinenbau mit Vertiefung Kunststofftechnik wird der 3D-Druck in Kombination mit digitalisierter Produkt- und Verfahrensentwicklung eingebaut. Gerade die jungen, angehenden Ingenieurinnen und Ingenieure kann man mit additiver Fertigung gut abholen. Während Kunststoffe aufgrund der Müllproblematik in Meeren in den letzten Jahren an Image eingebüsst haben, weckt der 3D Druck beim Nachwuchs Begeisterung.
Aber auch im berufsbegleitenden Studiengang Master of Advanced Studies (MAS) Kunststofftechnik liegt ein Fokus auf der additiven Fertigung, die mit dem Spritzgussverfahren vergleichen wird, der den 3D-Druck in idealer Hinsicht ergänzt, sobald grössere Stückzahlen (ca. >1000 Stück) benötigt werden. Im Rahmen des MAS wurde ein spannendes Lehrprogramm in Zusammenarbeit mit dem Institut für Werkstofftechnik und Kunststoffverarbeitung (IWK) an der HSR in Rapperswil erarbeitet. Dabei wird insbesondere auf die Unterschiede im kunststoffgerechten Design eingegangen. Regeln, die für den Spritzguss gelten, z.B. möglichst keine Hinterschnitte oder Hohlräume, sind bei der additiven Fertigung zum grossen Teil ausser Kraft gesetzt. Jedoch müssen andere Grundsätze berücksichtigt werden. Beim Schichtextrusionsverfahren (FDM bzw. FFF) muss man sich z.B. Gedanken machen, in welchen Winkeln die Filamente abgelegt werden, da einige Eigenschaften wie die Festigkeit davon abhängig sind. Während das Schichtextrusionsverfahren vor allem im Hinblick auf die Verfahrensparameter noch viel Ähnlichkeit zum klassischen Extrudieren hat, muss man bei der Stereolithographie Knowhow im Bereich Vernetzung bzw. Aushärtung von Flüssigpolymeren mitbringen. Diese erfolgt dann aber nicht in Öfen, sondern mittels Laser- oder UV-Bestrahlung.
Die additive Fertigung bietet auch noch sehr viel Spielraum für Forschungsaktivitäten. Am Institut für Nanotechnische Kunststoffanwendungen FHNW beschäftigt man sich z.B. mit der Fertigung von hochaufgelösten mikrofluidischen Strukturen (s. Abb.1). Solche Strukturen werden mittels Zweiphontonenpolymerisation – ein Spezialverfahren der additiven Fertigung - in Kooperation mit dem Paul-Scherrer-Institut PSI erzeugt. Sobald Funktionstests an den Prototypen erfolgreich sind, können die Strukturen in einen metallischen Master übertragen und mittels Spritzguss mit Polymeren repliziert werden. Am Institut für Kunststofftechnik FHNW liegt der Fokus vor allem auf der Entwicklung von Materialien und Prozessen zur additiven Fertigung von faserverstärkten Bauteilen. Hier arbeitet das IKT eng mit der Firma 9tlabs zusammen. Aber auch das Thema Recycling gewinnt beim 3D Druck immer mehr an Bedeutung.
Insgesamt ist die FHNW im Bereich additiver Fertigung sehr gut aufgestellt und verfügt über einen aktuellen Maschinenpark mit allen gängigen Verfahren und Materialien. Dabei können auch eigene Filamente gefertigt werden, um z.B. Rezyklat zu untersuchen oder bestimmte Materialeigenschaften (z.B. elektrische oder thermische Leitfähigkeit, Duktilität) zu modifizieren.
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