Im Fokus: Prof. Dr. Pascal Schleuniger
Pascal Schleuniger kämpft gegen einen unsichtbaren Feind: Elektromagnetische Strahlung kann technische Geräte stören oder gar lahmlegen. Das wäre beispielsweise bei einem Elektroauto fatal. Damit das nicht passiert, tüftelt der Ingenieur an neuen Schutzsystemen.
6. Juli 1984: Ein deutscher Kampfjet des Typs Tornado fliegt über den Sender des «Radio Free Europe» im oberbayrischen Holzkirchen. Auf einmal setzt die Maschine zum Sinkflug an, rollt nach links und stürzt ab. Die zwei Insassen sterben auf der Stelle. Der Grund für den Unfall: Die elektromagnetische Strahlung des Radiosenders hatte die Elektronik des Kampfjets lahmgelegt.
Unsichtbare Gefahr
Elektromagnetische Strahlung war schon im 19. Jahrhundert bekannt, aber erst in der Nachkriegszeit wurde sie auch als ein technisches Problem erkannt. Mit dem Aufkommen der Digitaltechnik gab es zunehmend Geräte, die einerseits Strahlung aussandten, andererseits durch Strahlung in deren Funktion beeinträchtigt werden konnten. Autos mit elektronischer Einspritzanlage blieben neben Sendeanlagen stehen. Hohe elektromagnetische Felder führten zu Funktionsstörungen von ABS Systemen. Das Bild von Röhrenfernsehern bewegte sich durch vorbeifahrende Züge.
Heute gibt es solch augenfällige Probleme kaum mehr. Denn alle Geräte müssen elektromagnetisch verträglich sein. Das heisst, sie sind grösstenteils unempfindlich gegen die elektromagnetische Strahlung durch fremde Geräte und dürfen andere Geräte nicht stören. Dafür verantwortlich sind Ingenieure wie Prof. Dr. Pascal Schleuniger. Der Elektrotechnik-Dozent forscht, entwickelt und lehrt an der Hochschule für Technik FHNW zur Elektromagnetischen Verträglichkeit – kurz EMV. «Wer in der Schweiz elektrische Geräte entwickelt, muss die EMV sicherstellen», sagt der Ingenieur. Die Anforderungen durch die schweizerische und europäische Gesetzgebung sind strikt.
Für die elektronischen Komponenten von Autos entwickelt Schleuniger zusammen mit dem Institut für Kunststofftechnik der FHNW Gehäuse aus Kunststoff. Der Kunststoff wird mit kleinsten leitfähigen Teilchen versetzt, welche die Elektronik vor Strahlung schützen und gleichzeitig die Emissionen begrenzen. Der Vorteil: Eine Kunststoffhülle ist deutlich preiswerter und leichter als ein Metallgehäuse. Und reduziertes Gewicht spart beim Fahren Treibstoff, ein wichtiges Thema für die Automobilindustrie.Gew
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Gewusst? Bei Start und Landung eines Flugzeugs muss das Handy meist aus- oder auf Flugmodus geschaltet werden. Dies geschieht nicht, weil die Bordelektronik des Flugzeugs wegen der Handyemissionen den Geist aufgeben würde. Aber die elektromagnetischen Strahlen könnten den Funk zwischen Tower und Piloten stören. Dies ist besonders beim Starten und Landen gefährlich.
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Strahlung nimmt zu
Obwohl keine Flugzeuge mehr wegen Radiosendern abstürzen, geht die Arbeit für Pascal Schleuniger nicht aus: «Die Anzahl elektrischer und elektronischer Komponenten in Geräten nimmt zu», gibt er zu bedenken. Von der E-Zigarette bis zur vollautomatisieren Produktionsanlage – in allen Lebensbereichen kommt Elektronik vor. Die Entwicklungen in Robotik, Automation oder E-Mobilität verstärken diesen Trend. Gleichzeitig werden Elektronikschaltungen immer schneller und leistungsstärker. «Je schneller die elektrischen Schaltkreise werden, desto einfacher kann es zu Abstrahlungen kommen», erklärt der Elektrotechniker. Falls etwas schiefläuft, könnte das gravierende Konsequenzen haben: Die Fabrik steht still, das Elektroauto gerät ausser Kontrolle, der Roboter spielt verrückt. Genau das will Pascal Schleuniger verhindern.