6.2.2024 | Hochschule für Technik
10. Bioenergie-Forum: Was braucht es zur Umsetzung?
Biogas aus Biomasse und andere klimaneutrale Gase spielen eine wichtige Rolle bei der von Politik und Branche anvisierten Dekarbonisierung der Gasversorgung. Wie spielen die einheimischen Energie-Potenziale und Biogas-Importe zusammen, dass zukünftig ausreichend Energie in der Schweiz verfügbar ist? Reichen die jetzt in Umsetzung befindenden politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen? Um diese zentralen Fragen drehten sich die Diskussionen am diesjährigen Bioenergie-Forum in Brugg.
Teilnehmende aus Politik, der Gasbranche und Bundesämtern diskutierten die aktuellen Herausforderung beim Ausbau der Gasversorgung aus Biomasse.
Das diesjährige Bioenergie-Forum im Campussaal der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) in Brugg wurde von Hans-Joachim Nägele mit einem Referat zur weltweiten Bedeutung von Biomasse als wichtigste nachhaltige Rohstoff- und Energielieferantin eröffnet. Insbesondere für die erneuerbare Gasversorgung kommt dem aus Biomasse gewonnen Biogas eine zentrale Rolle zu. Damit Biogas die damit verbundenen Erwartungen erfüllen kann, braucht es eine höhere Ausnutzung des einheimischen Potenzials (Grüngutabfälle, Hofdünger). Martin Hiefner von Ökostrom Schweiz legte dar, dass in der Landwirtschaft aktuell weniger als 5% genutzt sind. Für die Dekarbonisierung und als Beitrag zur Selbstversorgung der Schweiz müsse das vorhandene Energiepotenzial von 6 TWh besser ausgeschöpft werden. Zur Deckung des Gasbedarfs von ca. 14 TWh im Jahr 2050 wird die Schweiz von zusätzlichen Biogas-Importen und anderen erneuerbaren Gasen (z.B. Wasserstoff) abhängig sein. Cristina Antonini vom Verband Schweizer Gasindustrie fasste zusammen: «Für die Schweiz ist es an der Zeit, bei den erneuerbaren Gasen nun Gas zu geben».
Anwendung und Wirtschaftlichkeit von Biogas
Anschaulich wurde der Einsatz von Biogas-Lastwagen durch Daniel Balmer, Leiter der Logistik Migros Ostschweiz, vorgestellt. Migros transportiert dank regionalem Biogas Lebensmittel umweltfreundlich bis ins Engadin. Die Firma South Pole ging auf die klimafreundliche Wirkung von Biomasse ein. Beim Verarbeiten von Biomasse und beim Einspeisen von Biogas können Treibhausgase gebunden oder vermieden werden. Daraus mögliche finanzielle Erlöse aus CO2-Zertifikaten oder Kompensations-Programmen leisten einen Beitrag zur Wirtschaftlichkeit von Biogasanlagen. Petar Mandaliev, Professor für Abfallwirtschaft und Ressourceneffizienz an der FHNW, führte spannend aus, wie aus dem Siedlungsabfall mehr hochwertiges Grüngut zur Verarbeitung in Biogasanlagen zugeführt werden kann. Der Einsatz von künstlicher Intelligenz ermöglicht es, den Fremdstoffgehalt in den Aball-Containern vorherzusagen und die Sammelrouten entsprechend der Qualität des Grünguts zu optimieren.
Umsetzung der politischen Unterstützung
Der Nachmittag des Bioenergie-Forums ging auf die aktuellen politischen Rahmenbedingungen ein. Bei der Stromproduktion sollten damit die notwendigen Fördergelder von bestehenden und neuen Biogasanlagen sichergestellt sein. Im CO2-Gesetz ist nun erstmalig eine Förderung für die Einspeisung von Biogas ins Gasnetz vorgesehen. Gleichzeitig sind beim Bau von Biogasanlagen hinsichtlich Raumplanung Erleichterungen zu erwarten. Aufgrund des Referendums gegen das Stromgesetz (Mantelerlass) braucht es dazu im kommenden Sommer noch einen zustimmenden Volksentscheid. Fabienne Thomas von der aeesuisse sagte: „Das Bundesgesetz für eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien wurde auf einer breiten Basis im Parlament erarbeitet, umso wichtiger ist nun eine Zustimmung des Schweizer Volkes.“
In den drei Referaten der Bundesämter Energie (BFE), Landwirtschaft (BLW) und Raumplanung (ARE) zeigten diese spezifisch auf, wie sie die politischen Entscheide umsetzen. Frank Rutschmann vom BFE ging auf die Förderbedingungen für die Biogasanlagen ein. Bei Import von Biogas kann dessen Treibhausgasreduktion aktuell nicht angerechnet werden. Dazu würde es Staatverträge mit dem Herkunftsland brauchen. Für Samuel Vogel vom BLW sind die Gärprodukte von Biogasanlagen wichtig, um die Nährstoffkreisläufe zu schliessen. Seitens ARE bleibt es herausfordernd bezüglich Baubewilligungen von Biogasanlagen die Anforderungen von Landschaftsschutz und Energieselbstversorgung in einen stimmigen Einklang zu bringen.
Die Diskussion der Podium-Teilnehmenden aus Politik, Gasbranche und den Bundesämtern BFE, BLW und ARE fokussierte sich auf die weitere Förderung von Biogas und Vereinfachung beim Bau von Biogasanlagen. Dabei forderte Nationalrätin Priska Wismer-Felder: «Die Politik hat deutliche Zeichen für den Zubau von Biogas gegeben, jetzt braucht es mutige Bundesämter bei der Umsetzung.» Daniela Decurtins fasste die Hoffnungen der Branche zusammen: «Die rechtzeitige Umstellung auf eine erneuerbare Gasversorgung gelingt, wenn die Rahmenbedingungen für Biogas aus der Schweiz, aber auch beim Import weiter verbessert werden».
Das Bioenergie-Forum 2024 wurde vom Verband der Schweizerischen Gasindustrie (VSG), dem Verband Biomasse Suisse und der FHNW organisiert.