15.6.2023 | Hochschule für Technik und Umwelt
Kampf der autonomen Roboter-Kuriere
Studierendenteams des Bachelorstudiengangs Systemtechnik an der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW in Brugg-Windisch haben innert zwei Semestern autonome Roboter entwickelt, die als Paketzulieferer ihren Weg in einem Labyrinth finden und Pakete korrekt aufladen und zustellen können. Am vergangenen Donnerstag massen sich die Teams in einem spannenden Wettbewerb.
In jedem Jahr stellen sich die Studierenden der Systemtechnik an der FHNW in ihrem ersten Semesterprojekt einer besonderen Projektarbeit: Sie entwickeln in Teams einen autonomen mobilen Roboter, der sich bestimmten Aufgaben stellen muss. Und dies vom leeren Blatt aus: die Teams planen und realisieren den Roboter mit allen mechanischen, elektronischen und steuerungstechnischen Komponenten selbst. Der Studiengang beinhaltet alle diese Fähigkeiten: Er verbindet Mechanik, technische Informatik und Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik.
Während sich die Teams in den letzten Jahren einem Hindernis-Parcours oder einem Pacman-Spielfeld stellen mussten, beschäftigten sich die diesjährigen Studierenden mit führerlosen Transportfahrzeugen.
Die Aufgabe: autonome Kurierfahrten im «Stadt-Labyrinth»
Die diesjährige Aufgabe der autonomen Roboter: Sie müssen in einem Labyrinth, das einer «Stadt» entspricht, selbständig den Weg zum Auslieferort finden und dort ein Paket abholen oder deponieren. Als Pakete dienten dabei Holzwürfel, als Adresse ein darauf aufgebrachter QR-Code.
«Die Studierenden entwickeln bei dieser Aufgabe ihre technischen Kompetenzen weiter und setzen diese in der Praxis um. Aber ebenso wichtig ist, dass sie dabei methodische Grundlagen wie Projektmanagement, Präsentationstechnik, Dokumentation und Methodiken zur Problemlösung lernen und erleben. Nicht zuletzt spielen auch die im Arbeitsleben nicht zu unterschätzenden Soft Skills wie Teamarbeit und Konfliktlösung eine zentrale Rolle für den Erfolg der Projektarbeit», erklärt Daniel Rüfenacht, Leiter der Projektmodule im Studiengang Systemtechnik.
Letzte Vorbereitungen: Team «Mercury-Tech» wartet auf den ersten Einsatz.
Innovative Lösungen
In zwei Semestern intensiver Arbeit und einigen durchgearbeiteten Nächten sind sechs sehr unterschiedliche Lösungen entstanden, die sich nicht nur äusserlich, sondern auch in ihrem Innenleben deutlich unterscheiden: Während etwa Roboter «Packet Jolly» für sein Paket-Greifsystem auf eine Mechanik mit Zahnrädern und Zahnstangen setzen, hat Team «ADELSYS» ein Vakuum-Hebemechanismus entwickelt. «BoxBot» setzt zur Regelung das «Carrot-Donkey»-Prinzip ein, bei dem die Trajektorie zum Zielpunkt mit einem PID-Regler kontinuierlich überwacht und korrigiert wird, während «Pack-Man» Distanz und Winkel zu den Labyrinthwänden mittels Ultraschallsensoren überwacht und mit zwei P-Reglern und einem übergeordneten PI-Regel regelt.
Nach dem Mittag steigt die Spannung. Die Jury, bestehend aus Fachpersonen der FHNW und des Sponsors Autexis lässt sich zunächst in Ruhe die verwendeten Technologien erklären und stellt gezielte Fragen zu den Mechanismen, den Algorithmen und den Sensoren.
In vier Runden zum Sieg
Dann geht es los mit der ersten von vier Runden. Im Wettbewerb zeigt sich, dass die Herausforderungen für einen Roboter-Postboten nicht ganz ohne sind: man kann die Orientierung verlieren, das Paket am falschen Ort fallen lassen oder sich gar in einer engen Strasse des Labyrinths verhaken. Doch die Erfolge übertönen die Schwierigkeiten deutlich. Insbesondere «Packet Jolly», der Roboter eines Teams, das im berufsbegleitenden Modus studiert, setzt sich mit seinen eleganten und präzisen Kurvenfahrten schnell vorne ab.
Die Teams leisten vollen Einsatz über die vier Runden, überwachen neben dem Spielfeld die Bewegungen ihrer Roboter und optimieren zwischen ihren Läufen immer wieder kleine Details. Nach der letzten Runde, in der die Roboter jeweils zu Duell antreten und einige Kollisionen über sich ergehen lassen mussten, stehen die Sieger fest: «Packet Jolly» hat seine Führungsposition erfolgreich verteidigt; auf dem zweiten Platz folgt Team «BoxBot».
Das Siegerteam mit ihrem Roboter «Packet Jolly»: Hintere Reihe v.l.n.r.: Philipp Stingelin, Calishja Tripoli, Patrick Kost; Vordere Reihe v.l.n.r.: Remo Peterhans, Jeremias Bürgin
Elias Schatzmann, Jurymitglied und Leiter Motion Control bei Autexis AG, gratuliert jedem Team und überreicht die Couverts mit den Siegerpreisen. Autexis unterstützt den Wettbewerb schon seit einigen Jahren und lässt es sich nicht nehmen, jeweils vor Ort dabei zu sein und die Roboter genau unter die Lupe zu nehmen.
«Es war spannend, zu sehen, mit welcher Kreativität und Innovationskraft die Teams ihre Aufgabe angegangen sind», sagt Schatzmann. «Wir unterstützen diesen Wettbewerb gerne als Investition in den Nachwuchs. Auch wir spüren den Fachkräftemangel und sind auf gut ausgebildete Ingenieurinnen und Ingenieure angewiesen.»