6.3.2019 | Pädagogische Hochschule
«Ein Bild sagt mehr als tausend Worte»
Im Gestalten den bildnerischen Ausdruck stärken und Kommunikation fördern
Von Nicole Berner
Bilder umgeben uns tagtäglich und wir gehen selbstverständlich mit ihnen um. Ob gedruckt in der Tageszeitung oder in Zeitschriften, digital im Internet und in sozialen Netzwerken oder selbst erstellt mit Smartphone oder Tablet – das Bild stellt neben der Sprache ein zentrales Kommunikations- und Dokumentationsmittel dar. Das «Bild» ist dabei vielfältig zu verstehen. Mit Bezug zum Lehrplan 21 und dem erweiterten Bildbegriff sind mit dem Bild neben flächigen Darstellungen, wie Fotografien, Malereien, Zeichnungen oder Illustrationen auch bewegte Bilder, wie Animationen und Filme sowie dreidimensionale Objekte zu verstehen. Das Bild bietet dabei – anders als die Sprache – über sprachliche Grenzen hinweg die Möglichkeit zur Verständigung, kann aber auch durch nicht augenscheinlich ersichtliche Bildbotschaften manipulierend wirken, ohne dass wir dies überhaupt bemerken. Ein Sachverhalt, der uns täglich in Werbung und in den Medien begegnet. Der kompetente Umgang mit dem Bild ist daher entscheidend, um sich in der heutigen Welt selbstbestimmt und erfolgreich orientieren und verständigen zu können.
Bilder als Kommunikationsmittel aneignen
Die Entwicklung von Bildkompetenzen – oder «visual literacy»– stellt im Schulfach Bildnerisches Gestalten mit Bezug auf den Lehrplan 21 und des Europäischen Referenzrahmens für visual literacy eines der zentralen Lernziele dar. Darunter ist einerseits zu verstehen, dass Bilder vertieft und reflektiert wahrgenommen und gedeutet werden können. Andererseits wird damit auch ein produktiver Bildumgang verstanden, d.h., im Herstellen eigener Bilder können wir individuelle Aussagen und Botschaften formulieren und uns so das Bild als Kommunikationsmittel aneignen. Bildaussagen werden formuliert durch Form- und Farbgebung, Komposition sowie über Darstellungsinhalte und Motive. Bilder werden oft bewusst gestaltet und eingesetzt, und können damit bestimmte Aussagen betonen oder aber auch in Frage stellen. Dabei geht es nicht immer um die einzig richtige Aussage eines Bildes, sondern vielmehr um eine kontextbezogene und individuelle Auslegung. In der Kunst beispielsweise sind dabei immer auch Bedingungen, unter denen ein Künstler lebt und arbeitet, verbunden. Hierzu können historische, gesellschaftliche und politische Verhältnisse, aber auch kulturelle Strömungen und Errungenschaften zählen sowie dessen individuelle Sichtweisen. Jedes Bild wird von uns aber auch ganz individuell wahrgenommen. Vorstellungen, Erfahrungen und Erinnerungen sowie Bildvorlieben prägen unser Verhältnis zum Bild sowie unser Bildverständnis.
Bildkompetenzen fördern
Ein Bild beinhaltet also viele unterschiedliche Aspekte, stellt damit eine komprimierte Form dar. Wird dies in der Sprache im gesprochenen Wort oder als Text linear dargestellt, so werden Inhalte im Bild gleichzeitig wiedergegeben. Wir müssen daher die einzelnen Bildinhalte wahrnehmen und aufeinander beziehen, um hieraus deren Deutung erschliessen zu können.
Gerade da wir im digitalen Zeitalter einen sehr schnellen und teilweise sorglosen Umgang mit Bildern haben, ist es wichtig, dass wir mit den Schülerinnen und Schülern einen vertieften und bewussten Umgang mit dem Bild als Träger vielfältiger Botschaften üben und ihre Bildkompetenzen entwickeln. In der Bildrezeption, also die intensive Auseinandersetzung und Deutung von Bildern, werden auch sprachliche Kompetenzen mit gefördert. Gerade das Sprechen über Bilder kann den Schülerinnen und Schülern zu einer vertieften Bildwahrnehmung verhelfen und individuelle Sichtweisen vergegenwärtigen. Eine darüberhinausgehende praktische Auseinandersetzung fördert die eigene Bildsprache und kann zu einem selbstbestimmten und kritischen Umgang mit Bildern beitragen.
Im Sinne des Sprichworts «Ein Bild sagt mehr als tausend Worte» ist es für Schülerinnen und Schüler elementar, Bildkompetenzen zu entwickeln, um kompetent in der multimedialen Gegenwart zu kommunizieren, zu verstehen und verstanden zu werden –das Bildnerische Gestalten unterstützt sie dabei.
Nicole Berner ist Professorin für Fachdidaktik in Kunst & Design |