10.12.2024 | Hochschule für Angewandte Psychologie
«Psychische Resilienz ist ein Prozess»
Im Rahmen des MAS Business Psychology erarbeitete Silvana Ulber ein Lernmodul zur Stärkung der individuellen psychischen Resilienz. Im Interview erzählt sie, wie es dazu kam und was sie aus der Weiterbildung mitnimmt.
Silvana Ulber leitet die Kommunikation bei einem Sportverband und ist Absolventin des MAS Business Psychology. Für ihre MAS-Thesis mit dem Titel: «Bitte anschnallen, Turbulenz! Konzept für ein Lernmodul zur Stärkung individueller psychischer Resilienz von Mitarbeitenden» erhielt sie den Weiterbildungsaward 2024.
Silvana Ulber, Absolventin des MAS Business Psychology (Bild: zVg)
In Ihrer MAS-Thesis haben Sie ein Lernmodul zur Stärkung der individuellen psychischen Resilienz entwickelt. Was hat Sie zu diesem Thema inspiriert?
Silvana Ulber: Die ersten beiden Module des MAS Business Psychology, die Psychologie des Individuums und die Psychologie des Teams, haben mich am meisten interessiert. Für mich war daher schnell klar, dass das Thema meiner Thesis aus einem dieser Bereiche stammen würde.
Zum Thema Resilienz: Für mich ist es unlogisch, dass wir als Gesellschaft immense Ressourcen in unsere körperliche Unversehrtheit investieren, aber viel zu wenig in unsere psychische Gesundheit. Das zeigt sich auf vielen Ebenen: in der Gesellschaft, in Organisationen, bei Führungskräften oder als Individuen.
Warum müssen wir erst versehrt werden, bevor wir handeln? Warum handeln wir nicht präventiv? Fragen wie diese haben mich angetrieben. Zunächst dachte ich an etwas Spielerisches, beispielsweise an ein «Leiterli-Spiel». Doch wie frustrierend wäre es, immer wieder auf Feld 1 zurückzufallen? Also begann ich darüber nachzudenken, wo Menschen frei erkunden, entdecken und ungezwungen lernen können – ohne Druck und vor allem mit der Freiheit, es zu dürfen. Und da fiel mir auf: Reisen vereint all diese Elemente. So entstand Resiliencia.
Welche theoretischen Grundlagen aus dem MAS Business Psychology haben Sie für die Entwicklung des Lernmoduls verwendet?
Einerseits wurden wir während zwei Jahren intensiv auf die grundlegenden Ansätze vorbereitet, sowohl durch konkrete Vorlesungen als auch durch verschiedene Leistungsnachweise. Zum anderen habe ich die in den Vorlesungen erlernte Inhalte vertieft und darauf aufbauend Interventionen entwickelt. Diese basieren beispielsweise auf Konzepten aus der systemischen Beratung, der Kommunikationspsychologie und dem betrieblichen Gesundheitsmanagement.
«Ich habe Resiliencia nicht für meine Schreibtischschublade entwickelt.»
Welche Pläne verfolgen Sie nun mit dem Lernmodul?
Aktuell wird Resiliencia von 20 Personen erkundet. Deren Rückmeldungen möchte ich nutzen, um das Modul zu verfeinern. Daneben habe ich erste Vorträge gehalten und stehe im Austausch mit verschiedenen Organisationen, die sich für das Thema im Allgemeinen und die Erfahrungs- und Lernreise im Besonderen interessieren. Ich empfinde diese Begegnungen und Gespräche als wertvoll und bereichernd. Sie bieten mir nicht nur neue Perspektiven, sondern tragen auch zur Sensibilisierung für das Thema der individuellen psychischen Resilienz bei. Wohin die Reise letztendlich gehen wird, weiss ich nicht genau. Aber eines ist sicher: Ich habe Resiliencia nicht für meine Schreibtischschublade entwickelt.
Für ihre MAS-Thesis erhielt Silvana Ulber den Weiterbildungsaward 2024. (Foto: Patrick Lüthy)
Wie hat der MAS Business Psychology zu Ihrer beruflichen und persönlichen Entwicklung beigetragen?
Es hat mich schon immer interessiert, die Beweggründe hinter dem Verhalten von Menschen zu verstehen – warum sie so sind, wie sie sind, und was sie motiviert oder manchmal davon abhält, bestimmte Handlungen auszuführen. Im MAS Business Psychology habe ich gelernt, welche Faktoren dabei eine Rolle spielen und wie man diese Erkenntnisse sinnvoll nutzen und positiv beeinflussen kann; und das alles auf evidenzbasierten Grundlagen, nicht nur auf Intuition. Ich sehe die Entwicklung dieser Kenntnisse zu einer echten Kompetenz als einen kontinuierlichen Prozess, der weiterhin Engagement erfordert, auf den ich mich jedoch freue. Ich bin davon überzeugt, dass es nur wenige Weiterbildungsprogramme gibt, die einem sowohl fachlich, beruflich als auch persönlich so viel bringen können. Entscheidend ist jedoch, dass man bereit ist, diesen Weg zu gehen; der MAS Business Psychology ist eine zweijährige Reise der Selbstreflexion.
«Der MAS Business Psychology ist eine zweijährige Reise der Selbstreflexion.»
Wie setzen Sie die erworbenen Kompetenzen in Ihrem Berufsalltag ein?
Einerseits wende ich die erlernten Techniken aktiv an. So beginne ich beispielsweise die wöchentlichen Meetings in meinem Team stets mit Check-In-Fragen – das mag keine «Rocket Science» sein, aber der positive Einfluss auf unser Team ist erheblich. Andererseits ermöglicht mir ein besseres Verständnis der Mechanismen hinter menschlichem Verhalten, diese zu erkennen und zu deuten. Dadurch kann ich die erlernten Werkzeuge gezielt integrieren und bewusster handeln.
Was war ein besonderes Highlight während Ihrer Weiterbildung?
Ganz klar: die Menschen. Allen voran meine Klassen-Gspänli, die eine Atmosphäre der Toleranz, des Wohlwollens und des Vertrauens geschaffen haben. Diese positive Umgebung legte die Grundlage für intensive und oft sehr persönliche Diskussionen und Auseinandersetzungen; und trotzdem konnten wir dadurch auch ernste Themen auch mit Humor behandeln. Darüber hinaus waren es auch die Dozierenden, die nicht nur über hohe Fachkompetenz verfügten, sondern sich auch unseren kritischen Fragen offen stellten. Und nicht zu vergessen die Menschen in meinem Umfeld, die mich auf diesem Weg begleitet und unterstützt haben, mir als Sparringpartner zur Seite standen und sich mit mir freu(t)en.
November 2024