29.8.2024 | Hochschule für Soziale Arbeit, Institut Soziale Arbeit und Gesundheit
Chancengleichheit nicht gewährleistet: Studie zeigt frappante Unterschiede bei Covid-19-Erkrankungen
Die Chance auf ein gesundes Leben ist nicht für alle gleich hoch. Die FHNW hat im Auftrag des BAG eine Studie zu den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Migrationsbevölkerung in der Schweiz erarbeitet, die vertiefte Einblicke liefert.
Die FHNW ist in der Studie der Frage nachgegangen, wie stark die Migrationsbevölkerung von schweren Verläufen von Covid-19 betroffen war und wie sie diese Krise bewältigen konnte. Die Ergebnisse unterstreichen die ungleichen Auswirkungen der Pandemie auf verschiedene Bevölkerungsgruppen und liefern wichtige Erkenntnisse für zukünftige Krisen.
Die Studie zeigt, dass sozial benachteiligte Menschen mit Migrationshintergrund besonders stark von der Pandemie betroffen waren. Diese Gruppe hatte ein signifikant erhöhtes Risiko, schwer an Covid-19 zu erkranken und hospitalisiert zu werden.
Die wichtigsten Erkenntnisse:
- Männer und Frauen mit obligatorischem Schulabschluss hatten ein fast doppelt so hohes Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf als Akademiker:innen.
- Im Vergleich zu Personen mit Schweizer Pass hatten Ausländer:innen der ersten Generation ein 33% höheres Risiko wegen Covid-19 hospitalisiert zu werden.
- Unabhängig vom Migrationshintergrund spielten Sprachbarrieren eine wichtige Rolle: Wer weder eine Amtssprache noch Englisch sprach, hatte ein um 57% erhöhtes Risiko für einen Spitalaufenthalt wegen Covid-19.
Der Schlussbericht betont, dass dabei die Lebens- und Arbeitssituation einen Einfluss auf das Risiko hat, sich anzustecken und einen schweren Krankheitsverlauf zu erleiden. Personen, die in beengten Wohnverhältnissen leben oder einen Beruf ohne Möglichkeit für Home Office ausüben, hatten ebenfalls signifikant erhöhte Risiken für einen schweren Covid-19 Verlauf. Die verschiedenen Faktoren verstärkten sich dabei gegenseitig. Personen mit niedrigem Bildungsstatus leiden eher an Vorerkrankungen. Zugleich leben sie auf engerem Raum und arbeiten häufiger in niedrigqualifizierten Berufen mit Präsenzpflicht. Auch das erhöhte Risiko der Migrationsbevölkerung wird durch die soziale Lage beeinflusst, kann aber nicht vollständig damit erklärt werden.
Die Ergebnisse des Berichts werden nun zusammen mit Stakeholdern aus den Migrations-Communities und dem Gesundheits- und Sozialsystem diskutiert. Ziel ist es, Empfehlungen abzuleiten, die zukünftig einen besseren Schutz von Menschen in prekärer Lage während einer Pandemie ermöglichen.
Eine zweite Studie der FHNW, die vom Schweizerischen Gesundheitsobservatorium veröffentlicht wurde, vertieft diese Fragestellungen in Bezug auf berufliche Expositionen und zeigt u.a. Ergebnisse zu verschiedenen Berufsgruppen.
Die FHNW sieht in den Ergebnissen der Studien eine wichtige Grundlage für die Weiterentwicklung von Krisenstrategien in der Schweiz. Nur durch gezielte und inklusive Massnahmen können in Zukunft alle Bevölkerungsschichten gleichermassen geschützt werden.
Studie im Obsan-Bulletin (Deutsch)