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12.8.2022 | Hochschule für Soziale Arbeit

Happy Landing für die Freiform-Pilot*innen der ersten Stunde

Mira Muheim gehört zu den schweizweit ersten Studierenden, die ihr Bachelor-Studium in Sozialer Arbeit in der gänzlich neuartigen Studienform «Freiform» absolviert haben. Ob sie die richtige Wahl getroffen hat und wie Studieren auch grundlegend anders geht, erzählt sie gemeinsam mit ihren beiden Coaches, die sie in den letzten drei Jahren in ihrem Lernprozess begleitet haben.

Entwickelt, konzipiert und auf Kurs gebracht haben die Freiform Studierende, Berufsleute aus der Praxis und Personen aus der Hochschule gemeinsam. Als Freiform-Pilot*innen haben sie gewohnte Rollenbilder und Formen des Lernens und Lehrens hinter sich gelassen und neue Wege und Ansätze für eine neue Studienform erarbeitet. Diese bildet im Bachelor-Studium der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW nun die vierte Option neben Vollzeit, Teilzeit und der studienbegleitenden Praxisausbildung. Zentral für die Freiform ist, dass alle Beteiligten auch Lernende sind: Studierende, Vertreter*innen der Hochschule und Praxisvertreter*innen lernen voneinander und profitieren gegenseitig. In diesem sogenannten «Trialog» findet ein intensiver Austausch statt. Im Lernprozess werden Studierende je durch einen Praxiscoach und Hochschulcoach begleitet. Sie unterstützen Studierende über die Dauer des ganzen Studiums in der Erarbeitung eines individuell geprägten Portfolios, das die professionelle Kompetenzentwicklung dokumentiert und nachweist. Die Möglichkeit, sein Studium frei und individuell zu gestalten und sich dabei gut gecoacht zu wissen, ist gefragt. So sind an der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW aktuell rund 120 Studierende in der Freiform eingeschrieben. Angepeilt wird die Aufnahme von 30 neuen Studierenden pro Jahr.

«Die Freiform ist einzigartig!»

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Mira Muheim, Bachelor-Absolventin in der Freiform, Rick Nellestein, Praxiscoach (Verein für Sozialpsychiatrie BL),  Jeremias Amstutz, Hochschulcoach (Hochschule für Soziale Arbeit FHNW)

Wie habt ihr euren Trialog erlebt?

Mira: Speziell und ungewohnt war insbesondere, dass wir uns alle als Lernende und Lehrende sahen. Es gab Momente im Studiumsverlauf, in welchen wir gemeinsam vor offenen Fragen standen. Diesen Fragen sind wir zu dritt auf Augenhöhe nachgegangen und haben die für uns wichtigen Antworten gesucht. Auch gab es jedoch Momente, in denen ich als Studierende auf die Expertise und Unterstützung meiner Coaches als Fachpersonen angewiesen war. Das situationsangepasste Wechseln zwischen diesen verschiedenen Beziehungsebenen ist uns allen optimal gelungen.

Rick: Gegenseitiges Vertrauen, Wertschätzung und Wachstum hat unseren Trialog ausgezeichnet. Die Freude an der stetigen Weiterentwicklung unserer eigenen Rollen und an der Freiform als Ganzes war immer spürbar. Im Kern erarbeiteten wir gemeinsam die Frage, was die Soziale Arbeit als Profession ausmacht und wie Mira ihre entwickelte «Professionskompetenz» im Portfolio darstellen kann. In gegenseitiger Offenheit vermochten wir es, vertieft auf die persönliche und professionelle Entwicklung von Mira einzugehen. Der Trialog zeigte von allen Seiten Mut, da offen zu lassen, wo das Lernen von Mira sich frei entfaltete und da Form zu verleihen, wo wir die Sichtbarkeit ihrer Professionskompetenz erstellten. Alle Perspektiven brachten sich aktiv in den Prozess ein.

Jeremias: Es war interessant zu beobachten, wie sich der Trialog im Prozess entwickelt hat: Während zu Studienbeginn die Hochschulperspektive stärker präsent war, hat die Praxisperspektive im Verlauf des Studiums an Bedeutung gewonnen. Schliesslich ist es uns – durch proaktive Auseinandersetzung und Kommunikation – gelungen, eine Form der Kooperation zu etablieren, die geprägt ist von Gleichwertigkeit der Perspektiven, einem offenen Austausch und wertvollen fachlichen Impulsen, von denen alle profitieren konnten.

Die Freiform spricht nicht nur von innovativer und zukünftiger Bildung, sondern lebt sie auch.

Mira Muheim, Bachelor-Absolventin in der Freiform

Was bringt das Coaching eigentlich genau?

Mira: Zu Beginn des Studiums verstand ich maximal die Hälfte des Kompetenzprofils der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW. Ich hatte verschiedene Ideen, wie ich mein Profil als Professionelle der Sozialen Arbeit gestalten könnte. Jedoch war es besonders am Anfang eine grosse Herausforderung, meinen Weg zu finden. Meine Coaches unterstützten mich dabei, zuerst überhaupt im Studium und im Tätigkeitsfeld der Sozialen Arbeit anzukommen. Jeremias und Rick boten mir Anhaltspunkte in der Weiterentwicklung und Vertiefung meines berufsspezifischen Fach- und Methodenwissens und gaben mir wichtige Impulse für meine individuelle Profilgestaltung. In Momenten des Anstehens und der Unsicherheit boten sie mir die Sicherheit und Begleitung, die ich brauchte, um weiter den Weg meiner Professionalisierung zu gehen.

Rick: Die individuelle Kompetenzentwicklung von Mira fand parallel zur Entwicklung der Freiform als neue Studienform statt. Daher zeigte das Coaching vor allem darin Wichtigkeit, einen Fixpunkt zu bieten, wobei all die verschiedenen Entwicklungen zusammentrafen. Im Coaching bekam der Lernprozess von Mira den Raum, wahrgenommen und wertgeschätzt zu werden. Ihre Herausforderungen wurden reflektiert und ihre Erfolge gefeiert. Als Coaches stützten Jeremias und ich Mira darin, ihren persönlichen Weg in ihrer individuellen Lernentwicklung zur Professionalität zu wählen. Dadurch bekam sie auch die Bestätigung aus Sicht von Hochschule und Praxis, dass der Weg, auf dem wir uns einigten, der richtige war.

Jeremias: Für die Studierenden sind die abstrakt formulierten Kompetenz- und Wissensanforderungen des Kompetenzprofils der Hochschule vor allem zu Beginn unverständlich und können erst durch die «Übersetzung» mit den Coaches auf die individuellen Lernarrangements angewendet werden. Die Coaching-Gespräche dienen auch dazu, die Selbst- und Fremdwahrnehmung zu überprüfen: wo sehe ich mich in meiner Entwicklung und wo sehen mich Coaches? Dabei geht es nicht nur um Theoriewissen oder Methodenkompetenz, sondern primär um die Entwicklung einer professionellen Identität. Ein Thema, dass Mira dabei immer stark beschäftigt hat, war die Ausgestaltung des individuellen Profils. Doch auch hierzu konnten Rick und ich ihr wichtige Impulse aus Sicht von Hochschule und Praxis geben. Ein persönliches Learning war für mich als Hochschulcoach, gerade in einem so individuell gestalteten Begleitprozess verstärkt auf die eigene Erfahrung und Expertise zu vertrauen.

Die Freiform begleitet die Studierenden darin, ihren eigenen Weg in die Soziale Arbeit zu finden.

Rick Nellestein, Praxiscoach in der Freiform (Verein für Sozialpsychiatrie BL)

Welche Learnings möchtet ihr neuen Studierenden und Coaches in der Freiform mit auf den Weg geben?

Mira: Vertraue dem Prozess! Lernen wie auch Wissenserweiterung sind Prozesse. Diese können und dürfen einerseits aktiv gestaltet werden, andererseits geschieht vieles automatisch. Ich möchte neuen Studierenden und Coaches mitgeben, diesen Prozessen zu vertrauen. Es ist wichtig für Studierende, die Selbstorganisation ernst zu nehmen und die Freiheit der selbstständigen und individuellen Gestaltung des eigenen Studiums in der Freiform auch zu nutzen. Die Rückmeldungen der Coaches als Fachpersonen können wichtige Wegweiser für den eigenen Ausbildungsweg sein und auch die individuelle Profilgestaltung als zukünftige Professionelle der Sozialen Arbeit unterstützen. Was weiter bleibt, ist, stets Vertrauen in den Gesamtprozess zu haben.

Rick: Unsicherheit ist gut! Lernen findet genau dort am meisten statt. Die Offenheit im Lernprozess aktiv nutzen und nicht zu früh mit Strukturierung eingreifen. Das Coaching und die sich darin entwickelnde Beziehung bieten Orientierung und Halt. Freude an der gemeinsamen Lernerfahrung über die Komplexität der Sozialen Arbeit als Profession. Die aktive Teilhabe der Studierenden an diesem gemeinsamen Lernen bildet sie zu besonders selbstverantwortlichen und selbstbewussten Berufsleuten in der Sozialen Arbeit aus. Die drei Perspektiven des Trialogs aktiv nutzen. Wir bemühen uns nicht darum, alles gleich sehen zu müssen, sondern sind darum bestrebt, uns zu verstehen. Gemeinsam ausgehandelte Entscheidungen ermöglichen diese Herangehensweise.

Jeremias: Was sich anfangs wie ein typischer Motivations-Slogan angehört hat, hat sich inzwischen mit den ersten Studierenden, die in der Freiform abschliessen bewahrheitet: «Habt Vertrauen in euren ganz eigenen Weg durch das Studium zu gehen». Und was das Coaching anbelangt braucht es ebenfalls ein Umdenken: die Coaches aus Praxis und Hochschule sind keine Troubleshooter, die beigezogen werden, wenn ich nicht mehr weiter weiss, sondern eine Ressource, die ich aktiv in meinen Lern- und Entwicklungsprozess einbinden kann. Sie können mir eine Aussenwahrnehmung zur Verfügung stellen und mir beispielsweise Hinweise auf wichtige Personen, Theorien, Handlungsansätze oder spannende Literatur vermitteln.

Die Freiform bereitet den Weg für neue Formen des Lernens und Lehrens auf Fachhochschulstufe, die geprägt sind von Vertrauen, Motivation, Partizipation und demokratischen Strukturen.

Jeremias Amstutz, Hochschulcoach in der Freiform (Hochschule für Soziale Arbeit FHNW)

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In der Freiform ist (fast) alles anders. Erfahre mehr zum Studium in dieser neu entwickelten und innovativ konzipierten Studienform.

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