Skip to main content

18.7.2023 | Institut Integration und Partizipation

Zusammengefasst: Fachtagung Sexarbeit intersektional

Mehrfachdiskriminierung und strukturelle Gewalt in analogen und virtuellen Räumen. Fachtagung zum Thema Sexarbeit intersektional.

Sexarbeit_2023_1200x630.jpg

Am 3. Juli 2023 fand in Olten die Fachtagung «Sexarbeit intersektional» der Hochschule für Soziale Arbeit statt. Im Fokus der Referate und Workshops standen mehrdimensionale Gewaltverhältnisse im Kontext von Sexarbeit sowie die Frage, wie intersektionale Diskriminierungen und deren Auswirkungen in analogen und digitalen Räumen sichtbar gemacht werden können. Ziel war es, Debatten und Erkenntnisse aus Praxis und Forschung sowie Möglichkeiten und auch Grenzen bestehender Interventionsansätze gegen Diskriminierung und Gewalt an Sexarbeitenden auszuloten.

Diskriminierung

Sexarbeitende sind häufig mehrdimensionalen, oder auch intersektionalen Macht- und Gewaltverhältnissen in analogen und virtuellen Räumen ausgesetzt. So werden Frauen*, die sexuelle Dienstleistungen anbieten, oft aufgrund von Merkmalen wie Geschlecht, Herkunft, Nationalität, Hautfarbe etc., gesellschaftlich diskriminiert, stigmatisiert und ausgegrenzt. Für die legale Ausübung von Sexarbeit gelten komplexe behördliche Auflagen und bürokratische Hürden, die nicht selten Rechtsunsicherheit verursachen und einen Teil der Sexarbeitenden in die Illegalität abdrängen.

Digitale Hürden

Durch das Internet hat sich für Sexarbeitende vieles verändert – auch zum Positiven, Sexarbeitende sind nicht einfach Nutzer*innen, sondern die Early Adopters des Internets. Sie gehörten zu den ersten, die Onlinetechnologien nutzten – weil es sicherer war als auf der Strasse zu stehen oder in einem Bordell zu arbeiten. Gleichzeitig schafft das Internet neue Diskriminierungen und Gefahren für Sexarbeitende. Deren Treiber*innen sind unter anderem Policies von Plattformen, die oft von der Lobbyarbeit von sexarbeitsfeindlichen, christlich-fundamentalistischen und Teils auch feministischen Gruppierungen geprägt sind. Ausserdem trägt Zensur auf privaten Plattformen dazu bei, dass Sexarbeiter*innen ihre Dienstleistungen nicht online bewerben können

Sexarbeit und Migration

Schätzungen zufolge sind bis zu 90 % der Sexarbeitenden in der Schweiz Migrant*innen. Unter welchen Bedingungen Sexarbeitende arbeiten, hängt also nicht nur mit dem rechtlichen Rahmen der Sexarbeit, sondern zu einem grossen Teil auch mit dem geltenden Migrationsregime zusammen, denn Sexarbeitende aus EU-Ländern und Menschen aus Drittstaaten werden rechtlich unterschiedlich behandelt.

Sexarbeitende Migrant*innen aus Drittstaaten können aufgrund der aufenthaltsrechtlichen Regulierungen keinen eigenständigen Aufenthaltsstatus erlangen, was sie Abhängigkeits- und Machtverhältnissen sowie Gewalt- und Risikosituationen besonders aussetzt. Häufig verhindern Illegalisierung und Abhängigkeitsverhältnisse die Inanspruchnahme von Rechten und Hilfeleistungen. Für professionelle Beratungs- und Opferschutz-Fachstellen stellt dies seit Jahrzehnten eine grosse Herausforderung dar.

Sexarbeit in Europa wird streng überwacht – eine Überwachung, die an unzählige Regulierungen gekoppelt ist. Dies führt dazu, dass polizeiliche Kontrollen im Bereich der Sexarbeit eine Alltäglichkeit erlangt haben, die kaum hinterfragt wird. So wurde in einem Workshop aufbauend auf der Wissensproduktion von Feminist*innen of Color, das Verständnis von strukturellem und institutionellen Rassismus und Racial Profiling in der Schweiz geschärft– eine unabdingbare Voraussetzung für das Verständnis intersektionaler Ansätze und Perspektiven, insbesondere in Zusammenhang mit Sexarbeit.

Die Workshops und Referate im Rahmen der Fachtagung boten die Möglichkeit, theoretische Konzepte zu vertiefen und daraus neue Ideen zu entwickeln, wie Sexarbeitende besser wahrgenommen und unterstützt werden können.

 

Diese Seite teilen: