Plants_Intelligence. Learning like a Plant.

    Das vom Schweizerischen Nationalfonds für 4 Jahre geförderte Forschungsprojekt Plants_Intelligence. Learning like a Plant fragt aus der Perspektive der Kunst, ob die Anerkennung vegetabiler Formen von Intelligenz zu anderen Methoden der Wissensgenerierung, des Zusammenlebens, von Züchtung und letztlich zu neuen, «intelligenten» Formen der Pflanzen- und Agrarkultur führt?

    Aktuelle Forschungen belegen, dass Pflanzen komplexere Wesen sind als bisher angenommen. Mit Bezug darauf verhandelt das Forschungsprojekt «Plants_Intelligence. Learning like a Plant» den Diskurs pflanzlicher Intelligenz in den Natur- und Geisteswissenschaften und den Künsten. Es untersucht die Begrifflichkeit von Intelligenz und deren Verschränkung mit Konzepten wie Geist, Bewusstsein, Kommunikation, Gedächtnis, Entscheidungsfindung, Problemlösung, Lernen, Subjektivität. Es fragt, ob diese Begrifflichkeit Sinn macht für die Verhaltensweisen vegetabilen Lebens und ob sie neue Perspektiven für die Inter-Spezies- und terrestrische Beziehung befördert. Diese Frage basiert auf der Annahme, dass zentrale Gründe für die Konjunktur dieser Terminologie in den gegenwärtigen Debatten um das Anthropozän zu liegen scheinen: Einerseits werden Auswege aus einem auf Ausbeutung basierten Weltverständnis gesucht und das Zeitalter des Planthropozäns (Myers 2018) ausgerufen, andererseits stehen, mit der Zunahme maschinenbasierter Dienste im Alltag, nicht-anthropozentrische Formen intelligibler Ontologien und Epistemologien auf dem Prüfstein. An diese Vermutung schliesst sich die Frage an, ob die Anerkennung vegetabiler Formen von «Intelligenz» zu anderen Methoden der Wissensgenerierung, des Zusammenlebens, ja sogar von Züchtung, des Umgangs mit Schädlingen und letztlich zu neuen, «intelligenten» Formen der Pflanzen-, Agrar- und Forstkultur führten? Wie weit lässt sich der Begriff der Intelligenz dehnen, was wird dabei gewonnen oder verloren und welche ethischen und ästhetischen Implikationen sind damit verbunden?
    Diesen Fragen geht das Team, bestehend aus drei Künstler*innen und einer Kunstwissenschaftlerin, in enger Zusammenarbeit mit Forschungspartner*innen aus der Botanik, der biologischen Züchtung, der Ernährungsgerechtigkeit und der Medienökologie nach. An den Beispielen von Laborversuchen mit Pflanzen-Interaktion und Entscheidungsfindung, von Ausbreitungsmustern von Flechten und Moosen im urbanen Raum, von indigenen Pflanze-Mensch-Allianzen und GMO-kritischen Praktiken in Südamerika werden Un/Möglichkeiten vegetabiler Intelligenz herausgearbeitet, miteinander verglichen und verschränkt. Während Argentinien das zweite Land der Welt ist, das seit den 1990er-Jahren grossflächig gentechnisch-modifiziertes Saatgut in Umlauf brachte, inklusive trockenheitsresistentem Weizen seit Oktober 2020, ist die Schweiz das einzige, das die Würde der Kreatur im Gentechnik-Gesetz formuliert hat.
    Das Ziel besteht darin, in der theorie-praktischen Exploration der verschiedenen Konzepte von Intelligenz, der Verschränkung von Natur-, Geisteswissenschaften und den Künsten sowie der Etablierung einer Süd-Nord- und Ost-West-Tangente vegetabilen Voneinander-Lernens Möglichkeiten einer ästhetisch-partizipativen Epistemologie intelligiblen Pflanzenwissens zu begründen: Unterschätzte vegetabile Intelligenz/Prozesse sollen als ästhetisches Erlebnis erfahrbar gemacht. Indem sich das Projekt über den Begriff der Intelligenz an die Seinsweise von Pflanzen annähert, schafft es genuin neues Wissen über sie. Zudem eröffnet diese Perspektive richtungsweisende Zugänge zu so unterschiedlichen Gebieten wie Landwirtschaft und Ernährungssicherheit, Stadtplanung, Bildung und Wertschätzung. Das Projekt ist anwendungsorientiert und besteht aus miteinander verschränkten, praktischen und theoretischen Teilen, unter Einbezug dekolonialer, ökofeministischer und ethischer Ansätze. Die Ergebnisse kommen in verschiedenen Formaten zusammen: in einer Serie von virtuellen Kolloquien, Videoinstallationen, Karten, Zeichnungen, einem Buch, einer Wander-Ausstellung und einer Online-Plattform, die als nachhaltiges Materialarchiv zum Transfer von Wissen und zur Entwicklung innovativer Bildung genutzt werden kann.

    SNF-Projekt
    Dauer: 2022-2025

    Dr. Yvonne Volkart, Lead, Theorie
    Dr. Felipe Castelblanco, Post-Doc, künstlerische Forschung
    Julia Mensch, Doktorandin, künstlerische Forschung
    Dr. Rasa Smite, künstlerische Forschung

    Die Forschungspartner:innen sind ausgewiesene Expert:innen im Diskurs der Pflanzenintelligenz. Sie sind zuständig für die inhaltliche und methodische Beratung, interdisziplinäre Auseinandersetzung. Mit den Kooperationspartner:innen wird die Umsetzung kuratorischer Projekte entwickelt.

    National

    Dr. Monika Messmer, Gruppenleiterin Pflanzenzüchtung, FiBL, Frick
    Dr. Ines Goldbach, Direktorin Kunsthaus Baselland
    Sabine Himmelsbach, Direktorin Haus der elektronischen Künste Basel HeK

    International

    Hernando Chinoy, Legaler Repräsentant Indigenous Territorial Entity Atun Wasi Iuiai-AWAI, Inga Nation, Kolumbien
    Prof. Ursula Damm, Leiterin Mediale Environments, Bauhaus-Universität Weimar
    Prof. Dr. Birgit Schneider, Wissenskulturen und mediale Umgebungen, Institut für Künste und Medien, Europäische Medienwissenschaft, Universität Potsdam
    Prof. Dr. Katja Tielbörger, Leiterin Vegetationsökologie, Universität Tübingen/Direktorin Botanischer Garten Tübingen
    Heraldo Vallejo, Legaler Repräsentant FUNDACION TIERRA DE SELVA y la comunidad NODO DE PENSAMIENTO ANDINOAMAZONICO, MUNICIPIO DE MOCOA, Kolumbien
    Marcos Ezequiel Filardi, Direktor Museo del Hambre, Buenos Aires
    Kathrin Meyer, Direktorin Museum Sinclair-Haus (Stiftung Kunst und Natur GmbH), Bad Homburg
    Dr. Raitis Smits; Direktor Rixc, Riga

    Workshops

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    Institute Art Gender Nature (IAGN)

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