Einsatz von Biotests in der Abwasserbehandlung
Der Bau von Abwasserreinigungsanlagen (ARA) im 20. Jahrhundert bedeutete eine Innovation im Schweizer Gewässerschutz. Die Wasserqualität wurde durch die biologische Abwasserbehandlung massgeblich verbessert und die Belastung der Gewässer mit Nährstoffen, Schwermetallen und weiteren problematischen Substanzen ging stark zurück. Trotz des grossflächigen Ausbaus der Abwasserinfrastruktur gelangen jedoch nach wie vor Substanzen unterschiedlichen Ursprungs (z.B. Medikamente, Industriechemikalien, Biozide) in die Gewässer. Diese Rückstände - sogenannte Mikroverunreinigungen oder Spurenstoffe - werden in der biologischen Abwasserbehandlung nicht (vollständig) abgebaut und mit dem gereinigten Abwasser in die Gewässer eingeleitet.
Durch den Ausbau von ARA mit einer vierten Reinigungsstufe wie Aktivkohlefilterung, Ozonierung oder Membranfiltration sollen zukünftig Einträge von Mikroverunreinigungen stark reduziert werden. Im Ozonungsprozess können teilweise schädliche Transformations- und Abbauprodukte von Wirkstoffen entstehen, welche effizient durch Biotests detektiert werden. Allgemein ist es möglich die Verbesserung durch die vierte Reinigungsstufe durch eine Begleitung in Biotests substanzunabhängig zu quantifizieren.
Mikroverunreinigungen werden zwar nur in tiefen Konzentrationen von wenigen Mikrogramm pro Liter nachgewiesen, jedoch liegt in belasteten Gewässern meistens eine Mischung verschiedener Wirkstoffe vor, welche sich negativ auf die Lebensgemeinschaft im Gewässer auswirken kann. Diese sogenannte Mischungstoxizität lässt sich durch chemische Analysen oftmals nicht ganzheitlich erfassen, insbesondere wenn die gesuchten Stoffe vorgängig nicht bekannt sind.
Die effektive Toxizität und ökologische Relevanz von Stoffrückständen und -mischungen können mittels des Einsatzes von Biotests abgeschätzt werden. In der Ökotoxikologie werden diese bewährten Testsysteme verwendet, um die Toxizität von einzelnen Substanzen oder Mischungen zu beurteilen. Standardisierte Biotests werden in vivo oder in vitro mit Testorganismen durchgeführt, die stellvertretend für die verschiedenen trophischen Ebenen in der natürlichen Lebensgemeinschaft von Gewässern stehen (z.B. Bakterien, Algen oder Fische).
Die Arbeitsgruppe Ökotoxikologie hat zum Ziel bewährte Biotestsysteme auch für Einträge, die durch die Abwasserreinigungsanlagen in die Gewässer gelangen, zu etablieren und anzuwenden. Verschiedene Projekte zu der Anwendung von Biotests für die Abwasserbehandlung sind dazu im Gange.