Ein Schritt nach vorn beim 3D-Druck von orthopädischen Einlagen
Daniel Seilers Labor revolutioniert die Herstellung individueller orthopädischer Einlagen.
Orthopädische Einlagen tragen dazu bei, den Druck umzuverteilen und empfindliche Bereiche der Füsse zu entlasten, damit Menschen mit Fussfehlstellungen bequemer gehen und Alltagsaktivitäten verrichten können. Sie sind auch ein wichtiges Hilfsmittel für Patientinnen und Patienten, deren Fussnerven an Sensibilität verloren haben, was unbemerkt zu Druckgeschwüren oder sogar zu Amputationen führen kann. Im nicht-medizinischen Einsatz können Einlagen dazu beitragen, den Komfort und die Stabilität für Erwachsene zu erhöhen, oder Menschen, die berufsbedingt lange auf den Füssen stehen, Unterstützung zu bieten und die Leistung beim Laufen und anderen Sportarten zu steigern.
Even to this day, personalised insoles are primarily produced using computer numerical control (CNC) machines and are fine-tuned manually. This traditional method of milling insoles is not only energy-intensive but also generates a substantial amount of noise, dust and chip waste. The shift toward 3D printing of personalised insoles can reduce waste by 95%. However, the key challenge is the printer’s ability to manage several types of materials with different hardness levels and properties.
Bis heute werden individualisierte Einlagen vorwiegend mit CNC-Fräsmaschinen hergestellt und manuell feinjustiert. Diese traditionelle Methode des Fräsens von Einlagen ist nicht nur energieintensiv, sondern verursacht auch eine erhebliche Menge an Lärm, Staub und Späneabfällen. Mit der Umstellung auf den 3D-Druck von individuellen Einlagen lässt sich der Abfall um 95 Prozent reduzieren. Jedoch besteht die grösste Herausforderung darin, dass der Drucker verschiedene Arten von Materialien mit unterschiedlichen Härtegraden und Eigenschaften verarbeiten können muss.
Im Rahmen eines Innosuisse-Projekts in Zusammenarbeit zwischen dem Labor von Daniel Seiler am Institut für Medizintechnik und Medizininformatik und der Firma Orthopodo Malgaroli wurde ein digitales, automatisiertes Herstellungsverfahren für den 3D-Druck von individuellen orthopädischen Einlagen entwickelt.
«Orthopodo Malgaroli kam mit dem Wunsch auf uns zu, das Herstellungsverfahren digitaler, effizienter und nachhaltiger zu gestalten», so Seiler. «Dabei geht es nicht nur um die Umstellung auf ein 3D-Druckverfahren, sondern auch um neue Methoden für das Scannen der Füsse der Patientinnen und Patienten, um das optimale Einlagendesign zu finden. Wir stellen uns eine End-to-End-Lösung vom Scannen des Fusses bis zur Ausgabe der Einlage vor, die die Herstellung von personalisierten Einlagen revolutionieren kann.»
Yves Letz und Roman Santschi aus dem Team um Seiler begannen zunächst mit der Entwicklung eines 3D-Druckers mit FDM-Technologie (Fused Deposition Modeling), der in der Lage ist, mindestens vier verschiedene Arten weicher Materialien zu verarbeiten, die zur Druckentlastung beitragen können. Sie entwickelten neue Druckköpfe, die für Materialien mit einem Flexibilitätsgrad von 60 bis 90 Shore A geeignet sind. Der Drucker kann je nach Einlagendesign automatisch Materialien und Druckköpfe wechseln. Diese Innovationen ermöglichen es dem 3D-Drucker, Einlagen herzustellen, die unterschiedlichen Ansprüchen an Komfort und Unterstützung gerecht werden.
Doch lassen Sie uns einen Schritt zurückgehen: Wie entstehen individuelle Einlagenmodelle? Als Eingangsdaten für das Einlagendesign werden ein 3D-Scan des Fusses und eine dynamische Fussdruckmessung in Kombination mit klinischen Daten wie Varus-/Valgusstellung verwendet. Auf der Grundlage von drei Jahrzehnten realer Daten und Erfahrung von Orthopodo Malgaroli entwickelt Seilers Team KI-Modelle und Algorithmen, die automatisch individuelle Einlagen für Patientinnen und Patienten gestalten können.
«Unsere gemeinsame Vision ist es, dass Patientinnen und Patienten in eine Klinik oder ein Geschäft kommen, ihre Füsse scannen und am Computer ein 3D-Einlagenmodell erstellen lassen. Die Einlage wird dann im 3D-Drucker hergestellt. Und innerhalb von nur einer Stunde können die Patientinnen und Patienten mit ihren neuen, individuellen Einlagen das Haus verlassen», sagt Seiler.
Mit Blick auf die Zukunft haben die Partner eine benutzerfreundliche Schnittstelle für die Fussmess- und Druckerplattform für den Point-of-Care- und Point-of-Sale-Bereich konzipiert. Ein stapelbares Design ermöglicht die vertikale Unterbringung mehrerer Drucker für Kliniken, die täglich viele Einlagen produzieren. Schliesslich entwickelt das Team um Seiler eine sichere Cloud-Lösung für die Speicherung und Verarbeitung von Patienten- oder Kundendaten.
«Der von der FHNW entwickelte 3D-Drucker gibt uns nun die Möglichkeit, orthopädische Einlagen schnell und nachhaltig herzustellen», sagt Mario Malgaroli, Inhaber von Orthopodo Malgaroli. «Künftig könnte er nicht nur bei uns, sondern auch in Arztpraxen, bei Podologen und Physiotherapeuten sowie in Schuh- und Sportgeschäften zum Einsatz kommen.»
Seiler ist der Ansicht, dass das Gerät auch dazu verwendet werden könnte, um normale Unterstützungsbedürfnisse von medizinischen Zuständen abzugrenzen, die eine fachkundige Beratung durch Podologen erfordern, und so als Diagnosegerät zu fungieren.
Die Umstellung auf das automatisierte Design und den 3D-Druck von Einlagen stellt einen Paradigmenwechsel für Orthopädiefirmen dar. «Die FHNW hat Othopodo dabei geholfen, den Übergang zur Fertigung 4.0 zu erleichtern, indem sie modernes Wissen zugänglich und praktisch umsetzbar gemacht hat», sagt Seiler.
Im nächsten Projektschritt ist eine Studie geplant, um die Effektivität und Genauigkeit der automatisierten Herstellung von Einlagen zu validieren. Dabei werden die 3D-gedruckten orthopädischen Einlagen unter realen Bedingungen getestet, um sicherzustellen, dass sie den Anforderungen der Patienten und Patientinnen bzw. der Kunden und Kundinnen an den Komfort entsprechen.
Seilers Gruppe startet zudem ein neues, vom Forschungsfonds Aargau finanziertes Projekt, um die Weichfilamente, aus denen die Einlagen hergestellt werden, zu verfeinern und ihnen antimikrobielle Eigenschaften zu verleihen. Diese Forschung erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Institut für Chemie und Bioanalytik und dem Institut für Kunststofftechnik der FHNW.
Abschliessend möchte das Team den Klebstoffbedarf zwischen den verschiedenen Materialschichten reduzieren, indem der Klebstoff in den Druckprozess integriert wird. Darüber hinaus werden neue weiche Materialien entwickelt, die recycelbar sind – zwei weitere Schritte zur Steigerung der Nachhaltigkeit personalisierter Einlagen.

Eckdaten | |
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Patienten / Zielgruppen: | Patientinnen und Patienten mit Fehlstellungen des Fusses, Erwachsene mit vermindertem Gleichgewicht, Stehende Berufe, Sport |
Partner: | Orthopodo Malgaroli |
Finanzierung: | Innosuisse 107.955 IP-LS Forschungsfonds Aargau 20220930_17 und 20240331_03 |