Im Gespräch: Falko Schlottig
Die Hochschule für Life Sciences FHNW (HLS) hat 2018 den neuen Campus in Muttenz bezogen. Für Falko Schlottig, Direktor der HLS, ist der gemeinsame Campus ein Erfolg. Sowohl für die Forschenden als auch für die Industriepartnerschaften. Der neue Campus fördert die interdisziplinäre Zusammenarbeit und legt den Grundstein für fachübergreifende Forschungsprojekte. Für die Zukunft ist die HLS vorbereitet.
Was hat sich mit der Eröffnung des Campus Muttenz verändert?
Die Hochschule wächst aus zwei ehemaligen Standorten zusammen. Wir können dadurch unser Wissen, unsere Erfahrung, unsere Ideen besser austauschen und die Infrastruktur gemeinsam nutzen. Sowohl für die Ausbildung als auch für die Forschung. So starten wir 2019 mit neuen Inhalten, neuen Fachrichtungen und einer neuen Struktur in der Bachelor-Ausbildung. Auf der Master-Stufe führen die Hochschule für Wirtschaft FHNW und die HLS neu einen gemeinsamen Master in Medizin- und Wirtschaftsinformatik ein.
Können Synergieeffekte genutzt werden?
Innerhalb der HLS gibt es sehr viele Synergien. Im neuen Campus über alle Hochschulen betrachtet wird uns der kulturelle Prozess auch länger begleiten. Wir haben bereits in der Lehre engere Zusammenarbeiten mit der Pädagogischen Hochschule FHNW und der Hochschule für Architektur, Bau und Geomatik FHNW.
Es ist unser Ziel, dass die HLS erste Ansprechpartnerin für Firmen im Life Sciences-Bereich ist.
Ist durch den Campus eine intensivere Zusammenarbeit mit der Industrie entstanden?
Ja, das sehen wir deutlich. Fast im Wochentakt dürfen wir Veranstaltungen mit oder von der Industrie im neuen Campus durchführen. Diese kombinieren wir oft mit Führungen durch unsere Labore und Technologiezentren. Wir versuchen damit den Boden zu bereiten, dass sich die Unternehmen gerade dort mit uns und untereinander noch besser vernetzen.
Was ist besonders interessant für die Industrie?
Einerseits die Zusammenarbeit basierend auf der disziplinären Kompetenz und Erfahrung über Fachgrenzen hinweg. Beispielsweise haben wir uns räumlich so eingerichtet, dass alle Labore miteinander verbunden sind. Das verbessert die Kommunikation und kommt den Projekten zugute. Andererseits haben wir ein neues Prozess- und Technologiezentrum im Haus, eine grosse separate Fläche über drei Etagen. Dort können wir annähernd alle Wertschöpfungsprozesse der Life Sciences-Industrie im Entwicklungs- und Produktionsbereich abbilden.
Also von der Idee bis zum verpackten Produkt?
Genau. Ein schon heute typisches Projekt für unsere Hochschule wäre die Fragestellung: «Könnt ihr uns bei der Formulierung, Herstellung und Verpackung eines Medikaments unterstützen?» Dies können wir sowohl fachspezifisch als auch aus «einer Hand» anbieten.
Was ist das aktuelle Ziel der Forschung an der HLS?
Der Fokus liegt darin, einen Mehrwert und Lösungen für und mit der Industrie zu erarbeiten. Das schliesst klar ein, dass wir eigene innovative Ansätze entschlossen verfolgen und sie bis zum Technologietransfer oder zur Gründung von Start-ups vorantreiben. Im Life Sciences-Bereich in der Nordwestschweiz sind über 700 Firmen forschend und produzierend tätig, wir arbeiten bereits mit über 100 von ihnen zusammen. Es ist unser Ziel, dass die HLS erste Ansprechpartnerin für diese Firmen ist, wenn sie für Lösungen zu ihren Fragestellungen Unterstützung suchen.
Haben sich die HLS-Forschungsthemen in den letzten zwei bis drei Jahren geändert?
Ja. Wir schauen, in welche Richtung sich die Industrie entwickelt, und bauen entsprechende Kompetenzen aus oder neu auf.
Welche Fragestellungen werden die HLS Forschenden in den nächsten Jahren angehen?
Wir werden uns auch weiterhin im Life Sciences-Bereich in seiner ganzen Breite engagieren. Ein aktuelles Beispiel sind Fragestellungen rund um Data Science: Was ist und wird Realität und was ist ein rein akademischer Hype? Was heisst Data Science für Entwicklungs- und Produktionsprozesse in der Life Sciences-Industrie? Lässt sich Machine Learning in der Entwicklung von biotechnologisch gesteuerten Prozessen einsetzen? Was heisst Data Science im Bereich personalisierte Medizin wirklich? Wie erfolgt die Implementierung, wie sehen Geschäftsmodelle im hochregulierten Pharma- und Medizintechnikumfeld aus? Wie funktioniert die Spitalorganisation der Zukunft? Wie funktionieren die Schnittstellen zwischen dem klassischen, chemisch-pharmazeutischen, medizintechnischen, bioanalytischen Handwerk und der Informatik? Welche Persönlichkeiten bringen diese Entwicklungen vorwärts? Was braucht es dazu in unserer Ausbildung? Wie führt man all dies so zusammen, dass am Ende wirklich ein Mehrwert entsteht?
Mit der Kompetenz, der Erfahrung, der Interdisziplinarität und den kurzen Wegen an unserer Hochschule sind wir gut aufgestellt. Wir haben viele der dafür notwendigen Fachbereiche im Haus und viele spannende Aufgaben vor uns.