Symposium "Stimme – Instrument – Vokalität", 24. - 26. November 2016
Die menschliche Stimme als instrumentales Vorbild: Ideal oder Klischee?
Ob für die instrumentale Fassung eines Lieds im Vergleich zum vokalen Original, ob für das Zusammenspiel von solistischem Gesang und instrumentaler Begleitung oder für den Affektausdruck in der Instrumentalmusik: Die menschliche (Sing-)Stimme als Übermittlerin von Text und Semantik bildete über Jahrhunderte das Ideal und Modell für die Instrumente. Auch das Paradigma der imitatio naturae forderte, dass die Instrumente möglichst in allem die menschliche Stimme nachahmen sollten.
Als jedoch im 15. Jahrhundert die Instrumente allmählich ihren Platz in der Musiktheorie fanden und auch eine eigenständige Instrumentalmusik entstand, entwickelte sich ein ästhetischer Diskurs über die Prävalenz beider Bereiche. Zudem bezeugt die musikalische Überlieferung eine deutliche wechselseitige Beeinflussung zwischen vokaler und instrumentaler ‚Sprache‘ – ein Phänomen, über das bereits viel nachgedacht wurde, z. B. für das Repertoire des 16. Jahrhunderts, beginnend mit den textlosen Chansondrucken Ottaviano Petruccis.
Das Symposium der SCB wirft Schlaglichter auf das wechselvolle Verhältnis von Stimme und Instrument vom 9. bis zum 19. Jahrhundert. Es zeigt auf, wie die sängerische Praxis unterschiedliche ‚Ideale‘ erzeugt hat, nicht nur im Lauf ihrer Geschichte, sondern auch in gleichzeitigen, aber unterschiedlichen regionalen Ausprägungen. Schliesslich befasst sich das Symposium mit der Rolle der Instrumente, die sich im 18. Jahrhundert vom vokalen ‚Vorbild‘ endgültig emanzipieren, nicht ohne jedoch bereits vorher ihren Anspruch
auf eine eigene Definition von Rhetorik, Artikulation und Vokalität angemeldet zu haben.
Die Abstracts zu den Themen der einzelnen Referenten finden Sie hier.