29.4.2024 | Fachhochschule Nordwestschweiz, Hochschule für Architektur, Bau und Geomatik
Am Bildschirm darstellen statt tauchen
Geomatik-Ingenieurin Manuela Ammann hat im Auftrag von Axpo ein neuartiges Verfahren entwickelt, das Unterwasserkomponenten von Flusskraftwerken in 3D rekonstruiert. So können risikobehaftete Tauchgänge vermieden werden. Die Masterarbeit wurde zweifach prämiert.
Gleich über zwei internationale Auszeichnungen durfte sich Manuela Ammann kürzlich freuen: Die Deutsche Hydrographische Gesellschaft e.V. und der Internationale Verband der Hydrographischen Gesellschaften (IFHS) vergaben der FHNW-Geomatik-Ingenieurin je den ersten Preis für herausragende Studienarbeiten. Worum geht es in der Master-Thesis, die Manuela im Fach Geomatik an der Hochschule für Architektur, Bau und Geomatik FHNW realisierte? «Bei Wasserkraftwerken», erklärt sie, «befinden sich wichtige Komponenten unter Wasser.» Diese zu inspizieren ist im Normalfall Sache von spezialisierten Taucher*innen, was teuer und insbesondere bei Laufwasserkraftwerken mit Risiken verbunden ist. Im Auftrag von Axpo entwickelte Manuela Ammann (26) deshalb ein innovatives Verfahren speziell für den Einsatz in Flusskraftwerken.
Manuela Ammann mit dem Tauchroboter, an dem die Kamera für Unterwasseraufnahmen befestigt ist. Bild: zVg
Ammann setzte dabei auf sog. Photogrammetrie. Dabei werden anhand genauer Bildaufnahmen und -auswertungen und in aufwändigen technischen Verfahren massstabgetreue 3D-Modelle von Kraftwerkskomponenten rekonstruiert. Bildmessungsverfahren unter Wasser existieren schon, präzisiert Manuela. Zum Beispiel, um versunkene Schiffswracks in 3D nachzubilden. «Die Technologie ist erprobt, doch ist es nicht möglich, sie eins zu eins bei Fliessgewässern anzuwenden. Die Wasserströmung ist eine grosse Herausforderung. Zudem ist die Sicht, je nach Niederschlag, schon ab einem halben Meter Distanz trüb. Die Bildmessung ist in diesem Fall nicht aussagekräftig.» Ob die 3D-Rekonstruktion unter den schwierigen Voraussetzungen überhaupt funktionieren würde, war also ungewiss.
Das Unterwasserfahrzeug mit Kamera (ROV) wird im Wasserkraftwerk Eglisau zu Wasser gelassen. (Manuela Ammann in violetter Jacke), Bild: zVg.
Ammanns Aufgabe bestand zunächst darin, eine Kamera mit den am besten geeigneten Sensoren zu evaluieren. Die Kamera wurde dann an den Roboter in ein Unterwassergehäuse montiert. Nun galt es ernst: Im Herbst und Winter 2022/2023 kam das Gerät beim Axpo-Wasserkraftwerk Eglisau zum Einsatz. Zentimetergenau wurden in Tiefen von bis zu zehn Metern mehrere hundert Bilder bestimmter Kraftwerk-Komponenten aus verschiedenen Perspektiven erstellt. Aus diesen Bilddaten wurden anschliessend sehr genaue 3D-Modelle gewonnen. Rohre, Schrauben oder Hebel: Die Unterwasser-Komponenten des Kraftwerks erschienen in voller Plastizität auf dem Bildschirm. «Die Abweichungen lagen unter dem akzeptablen 1-Zentimeter-Bereich». Manuela Ammann war mit dem Ergebnis hochzufrieden. Prof. Dr. Stephan Nebiker, der die Masterarbeit an der FHNW betreute, sagt: «Manuela Ammann ist in kurzer Zeit und sehr erfolgreich in das für sie und unser Institut neue Gebiet der Unterwasser-Photogrammetrie ‹eingetaucht›. Ihre Forschungsergebnisse vermochten gleich zwei internationale Jurys zu überzeugen.»
In 3D rekonstruierter Zylinder einer Röhre. Bild: zVg
Das Potential dieses Verfahrens wurde insbesondere auch von Auftraggeber Axpo erkannt. Dazu Dr. Ephraim Friedli, Leitender Ingenieur Geomatik bei Axpo Power AG: «Anhand der Unterwasser-Photogrammetrie können benetze Teile gefahrlos und präzise inspiziert und dadurch Wartungsarbeiten optimal geplant werden.»
Geomatik an der FHNW
Die Vermessung der Welt – das Geomatikstudium vermittelt Kompetenzen zur Geodatenerfassung und -bearbeitung an der Schnittstelle von Technik, Informatik, Geografie und Umweltwissenschaften. Ob im Navigationsgerät oder bei Bauprojekten: geomatisches Know-How ist gefragt.
Master of Science in Engineering, Profil Geomatics