19.8.2024 | Fachhochschule Nordwestschweiz, Hochschule für Technik
Bachelor-Student sorgt für technologischen Schub
Ein neu entwickeltes System von Mechatronik trinational-Student Ramon Sieber (25) berechnet in Echtzeit die effizienteste Fahrweise von Kursschiffen. Theoretisches Sparpotential auf Schweizer Seen: 1 Million Liter Diesel pro Jahr.
Eine Schifffahrt auf dem See ist herrlich entschleunigend. Die Kehrseite: Die Personenschifffahrt verursacht Emissionen und macht laut Bundesamt für Verkehr (BAV) 7 Prozent aller Treibhausgasmissionen bei öffentlichen Verkehrsmitteln aus. Sie liegt auf Platz 3 hinter den Autobussen und der Eisenbahn.
Neue Antriebstechnologien sind unterwegs, doch Handlungsbedarf sieht Dr. sc. ETH Nikolas Schaal vor allem beim vorhandenen Schiffsbestand. Schaal ist Projektleiter Digitalisierung bei Shiptec AG, der grössten Werft für die professionelle Schifffahrt in der Schweiz. «Passagierschiffe haben eine Lebensdauer von 50 und mehr Jahren. Die beliebten Dampfschiffe sind über 100 Jahre auf dem See. Umrüstungen der Antriebe sind aber oft weder wirtschaftlich noch technisch sinnvoll. Gefragt sind praktikable und finanzierbare Lösungen für einen nachhaltigeren Betrieb.»
«Das ist mein Beitrag gegen die Klimaerwärmung.»
Bachelor-Student kommt auf neue Lösung
FHNW-Student Ramon Sieber hat Mechatronik trinational an der Hochschule für Technik FHNW in Muttenz studiert. «Das Mechatronik-Studium ist an der Schnittstelle von Maschinenbau, Informatik und Elektrotechnik», erklärt der Bündner. «Auf einem Schiff verschmelzen die drei Disziplinen. Das hat mich von Anfang an begeistert.» Bei der Bachelor-Arbeit im Auftrag der Shiptec AG schliesslich schuf er aus dem Gelernten ein Treibstoff-Sparsystem.
Ramons Ansatz: Der Treibstoffverbrauch hängt stark von der Fahrweise der Schiffsführer*in ab. «Meine Aufgabe bestand darin, mit Unterstützung von Daten die effizienteste Fahrweise zu bestimmen und sie der schiffsführenden Person in Echtzeit anzuzeigen.»
EcoLog nimmt alle relevanten Daten auf und speichert sie in der Cloud. Etwa Treibstoffverbrauch, Beschleunigung, Temperatur von Schiffskomponenten, Ruderstellung, Lage des Schiffes, Anzahl Personen an Bord und das Wetter.
EcoPilot berechnet anhand eines komplexen Algorithmus die effizienteste Fahrweise und zeigt sie der Schiffsführer*in an. EcoPilot macht mit Hilfe von künstlicher Intelligenz zudem Vorhersagen, unter anderem zur erwarteten Passagierfrequenz. Ramon: «An einem Pfingstsonntag bei strahlendem Wetter braucht ein Kursschiff mehr Zeit zum Ein- und Aussteigen als an einem verregneten Montagvormittag mit wenig Gästen. EcoPilot stellt sicher, dass das Schiff die Stationen immer zur richtigen Zeit anfährt.»
Sparpotential: 1 Million Liter Diesel jährlich
Das Ergebnis nach 20-tägigem Testlauf auf dem Walensee und dem Vierwaldstättersee war beeindruckend: «Das Potential zur Treibstoffreduktion liegt bei 12.3 Prozent und mehr. Bei einem Einsatz der beiden Systeme auf allen 148 konzessionierten Schweizer Kursschiffen könnten rund 1 Million Liter Diesel pro Jahr eingespart werden. Das ist mein Beitrag gegen die Klimaerwärmung», freut sich Ramon.
Die beiden Systeme EcoLog und EcoPilot wurden bereits erfolgreich im Markt eingeführt. Auf dem Walensee ist die gesamte Kursschiff-Flotte mit EcoLog und EcoPilot ausgestattet.
Die Technologie sei auch international bereits im Einsatz und in jedem Fall zukunftsweisend, kommentiert Schaal von Shiptec AG. Sie könne selbst bei elektrischen Antrieben eingesetzt werden und helfe dort, die begrenzte Batteriekapazität möglichst effizient zu nutzen.
Grenzüberschreitend und interdisziplinär
Mechatronik trinational ist ein grenzüberschreitendes technisch-wirtschaftliches Hochschulstudium im Dreiländereck Schweiz - Deutschland - Frankreich. Es beinhaltet technisches Projektmanagement in Mechatronik, in Kombination mit speziellen Ausbildungsteilen in Management und Kommunikation.
Bachelor Mechatronik trinational