Marvin Wyss verfasste seine Bachelor Thesis am Imperial College in London
Während einem dreimonatigen Aufenthalt erarbeitete und prüfte er das grundlegende Detektionsprinzip für die Entwicklung eines Schnelltests für Tuberkulose.
Interview mit Marvin Wyss
Was hat dich motiviert, einen Auslandaufenthalt zu machen?
Die Möglichkeit, an einer weltweit angesehenen Universität im englischsprachigen Raum in einer Forschungsgruppe tätig sein zu können, kommt nicht alle Tage. Dies forderte einerseits, meine Sprachkenntnisse in Englisch weiter zu verbessern, aber auch mich in einer Gruppe, in welcher geniale internationale Wissenschaftler arbeiten, zu beweisen. Ebenfalls wollte ich selbstständig in einem anderen Land mit anderer Sprache leben und mich zurechtfinden können. Da ich zuvor keinen Austausch oder Sprachaufenthalt absolviert habe, wusste ich, dass ich die Bachelorarbeit im Ausland absolvieren wollte. Ausserdem hoffte ich, so meinen Horizont zu erweitern um zu sehen, wie es in anderen akademischen Forschungsbereichen an einer anderen Institution und in einem anderen Land ist. Zudem ist es eine erste Vorbereitung für eine Master-Thesis oder einen PhD/Postdoc im Ausland.
Warum hast du dich für deine Gastuniversität und dein Gastland entschieden?
In ein Land im englischsprachigen Raum zu reisen, war für mich aufgrund der Sprache bereits von Anfang klar. So würde ich mein Englisch mit dem täglichen Umgang mit «native speakers» am besten weiterentwickeln können. Meine Betreuerin der Thesis, Frau Kappeler, hat dank der i-sense Institution weitreichende Kontakte in ganz England, weshalb mehrere Destinationen in der UK in Frage gekommen wären. Ich war vor einigen Jahren bereits in London und wusste, dass mir die Stadt gefällt. Dazu kam, dass die Gruppe von Molly Stevens und die Universität in London im Gebiet von biologischen Materialien und Nachweis sehr bekannt sind. Das Imperial College London ist in den Top 10 der weltweiten Rankings der führenden Universitäten und bietet in vielen Gebieten topaktuelle Forschungsprojekte und Kollaborationen rund um den Globus. Zusammen mit einem sehr spannenden und aktuellen Thema bzw. Projekt für meine Thesis war der Fall für mich klar. Auch der Rahmen stimmte, mit Land, Stadt, Unterkunft in den Studenten-Halls der Universität und der Forschungsgruppe in welcher ich tätig sein würde. Multikulturelle und alternative Städte, wie London eine ist, sind meiner Meinung nach viel aufregender und weltoffener als viele andere Städte. Ich hoffte also, viele interessante Kontakte zu knüpfen in der Wissenschaft, wie auch zu anderen Studenten und neuen Freunden, was mir auch gelungen ist.
Worin unterscheidet sich dein Studienalltag an der Gastuniversität im Vergleich zu deinem Alltag an der Hochschule für Life Sciences?
Das Imperial College London ist eine Elite-Universität und versucht dies auch nicht zu verstecken. Um an dieser Universität studieren zu können, muss man zu den besten seines Faches gehören, um zugelassen zu werden bzw. bleiben zu können. Mit über 17'000 Studierenden in allen Gebieten und über 8000 Mitarbeitenden und Forschenden ist sie auch um einiges grösser als die Hochschule für Life Sciences. Forschungsgruppen umspannen bis zu 80 Personen und Klassen bestehen aus mehreren hundert Studenten. Dementsprechend grösser ist der Campus, welcher direkt an der «Exhibition Road» liegt, an welcher grosse und bedeutsame Museen zu finden sind. Ebenfalls ist die Fluktuation innerhalb der Forschungsgruppen enorm. In der Gruppe von Molly Stevens sind bis zu 80 Wissenschaftler/Innen tätig, wobei jedes Jahr ungefähr ein Drittel die Gruppe verlässt und neue Personen wie Master oder PhD Studenten, aber auch Postdocs dazu stossen.
Woran hast du geforscht und welche Ergebnisse hast du erzielt?
Aufgrund von Geheimhaltung kann ich nur begrenzt Auskunft geben. Ich arbeitete in einer Untergruppe der Stevens Group für Nanodiagnostik. Andere Gruppen fokussierten sich auf Therapeutics, Tissue Engineering und Materials. Mein Projekt beinhaltete die Entwicklung eines Schnelltests für Tuberkulose mittels einer neuen Methode für sehr schnelle Resultate. In meiner Thesis habe ich das grundlegende Detektionsprinzip erarbeitet und geprüft. Ebenfalls habe ich gelernt in Python zu programmieren und dies für Datenanalyse und Modellierung von Reaktionsdynamiken zu verwenden. Ich war in der Lage, in der kurzen Zeitspanne von drei Monaten, viele Experimente durchzuführend und die Entwicklung massgeblich voranzutreiben. Die drei Monate waren enorm schnell vorüber, das Projekt wird aber noch andauern und ein PhD Student wird zusammen mit meinem Betreuer meine Arbeit weiterführen. Kommt es in den nächsten Jahren zu einer Veröffentlichung basierend auf meiner Arbeit, werde ich wohl sogar meinen Namen in meiner ersten Publikation als Mitarbeiter eines Projektes wiederfinden
Was hat dich an deinem Auslandaufenthalt am meisten überrascht?
Wie enorm dynamisch Forschungsgruppen sein können. Die Stevens Group ändert ihre Mitarbeiter ständig und schafft es trotzdem, den Wissenstransfer aufrecht zu erhalten, um erarbeitete Methoden und Techniken weiter zu verfeinern und verbessern. Die Gruppe war nicht nur fachspezifisch genial, sondern es hat viel Spass gemacht, auch ausserhalb vom Büro oder dem Labor mit Ihnen Zeit zu verbringen. Beispielsweise wenn die Woche Freitagabends in oder vor einem Pub zusammen gemütlich beendet wurde. Zusätzlich konnte ich an mehreren Symposien und Konferenzen teilnehmen, was es mir ermöglichte sowohl mein Wissen über aktuellste Forschungen zu erweitern, aber auch mein Netzwerk unerwartet stark erweitern zu können.
Hast du einen Tipp für zukünftige Austauschstudierende?
Falls die Universität eine Unterkunft für Studierende anbietet, also ein Studentenheim mit Zimmern für die Studierende, würde ich dies unbedingt empfehlen. So kommt man sofort mit anderen Studierenden in Kontakt und es bilden sich wunderbare Freundschaften. Man findet sehr schnell sozialen Anschluss und so werden auch die Wochenenden an denen man London erkundet noch spannender, wenn man in der Gruppe unterwegs ist. Ausserdem gibt es oft Veranstaltungen für die Studierenden in der Unterkunft wie etwa Grillfeste oder gemeinsame Ausflüge. Dieser Aspekt fehlt in einer eingemieteten Wohnung oder Airbnb komplett und die Unterkunft im Studentenheim ist dabei noch günstiger!
Hast du besondere Erlebnisse oder Erfahrungen gemacht, über die du berichten möchtest?
Eine Auslandserfahrung während der Bachelorarbeit bringt einen nicht nur fachlich und persönlich weiter, sondern zeigt auch auf, welche Möglichkeiten es ausserhalb der Schweiz gibt. Dies ist insbesondere für Fachhochschul-Abgänger interessant, da ein Transfer an eine Schweizer Universität oft schwieriger ist.
Die Stadt London birgt unglaublich viel zu entdecken und die Zeit an den ersten Wochenenden reicht, um viel aber längst nicht alles anzuschauen. Plant man das Schreiben der Thesis und die Arbeit im Labor gut, ist es möglich, trotz vollem Pensum den Ort kennen zu lernen. Nach drei Monaten fühlt man sich fast schon ein wenig «local», weshalb ich sofort länger geblieben wäre – nicht zuletzt dank der Arbeitsgruppe und meinem spannenden Projekt. Doch dafür bieten Master und weitere Bildungsstufen noch genügend Chancen, welche man unbedingt ergreifen sollte.
Ab ins Ausland?
Unsere Studierenden profitieren von der internationalen Vernetzung der Hochschule für Life Sciences. Ein Auslandsemester bei unseren Partnerschulen ist bei Bachelor- wie auch Master-Studierenden sehr begehrt. Nicht nur, um den persönlichen Horizont zu erweitern, sondern auch, um neue soziale und kulturelle Kompetenzen zu erwerben.
Im Rahmen unseres Masterprogramms können ausgewählte Studierende durch ein zusätzliches Semester an einer unserer Partnerschulen, zwei Diplome erhalten. Das Double-Degree Programm ist besonders attraktiv für Masterstudierende, die anschliessend eine Promotion anstreben. Weitere Details zum Double-Degree-Programm finden Sie im hier.