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Für die Bachelorarbeit reiste Sammy Meier nach Kanada.

Er forschte fünf Monate an der University of Toronto.

Interview mit Sammy Meier


Studienrichtung: BSc Chemie
Auslandsaufenthalt: Bachelorarbeit
Gastinstitution: University of Toronto
Semester: Frühling 2022

Was hat dich dazu bewogen, deine Bachelorarbeit im Ausland zu machen?
Ich hatte es immer bereut habe, nach meinem Sekundarschulabschluss keinen Sprachaufenthalt gemacht zu haben. Weiter hat es mich interessiert, wie in anderen Ländern/Kulturen gearbeitet wird und wie gut ich mich diesen Gegebenheiten anpassen kann.

Die Organisation des Aufenthalts war nicht ganz einfach, vor allem in Bezug auf den Visumsprozess. Hast du Tipps für künftige Studierende?
Der Bewerbungsprozess ist langwierig und kostspielig. Studierende, die ein Arbeits- oder Studierendenvisum für Kanada benötigen, sollten den Visumsantrag spätestens ein halbes Jahr vor Ausreise, einreichen. Leider bieten die kanadischen Behörden in der Schweiz keine Unterstützung, so musste ich für mein Visum nach Lyon reisen. Lyon ist zwar eine schöne Stadt und ich konnte den Besuch mit einem Städtetrip verbinden, wer jedoch einen vollen Terminkalender hat, könnte durch die knappen Fristen in Zeitnot geraten. Der ganze Visumsprozess kostete mich etwa 1'200 CHF, wovon der Medical Check den Grossteil dieser Kosten ausmacht. Um diesen zu absolvieren, muss man entweder nach Zürich oder Genf reisen, da es in der Schweiz nur zwei Vertrauensärzte gibt, welche dafür autorisiert sind. Diese Ärzte sind sich ihres Monopols bewusst und verlangen entsprechende Preise.

Deine Gastuniversität ist die University of Toronto. Warum hast du dich für diese Uni und für Kanada entschieden?
Ich habe mich nicht bewusst für die University of Toronto oder Kanada entschieden. Christian Berchtold (wissenschaftlicher Mitarbeiter der HLS) hat den Kontakt vermittelt. Als ich jedoch erfuhr, dass das Labor, in dem ich arbeiten werde, der University of Toronto angegliedert ist, hat mich das sehr gefreut. Die U of T, wie sie auch genannt wird, ist eine renommierte Universität in einer extrem multikulturellen Stadt. Kanada war für mich immer ein Sympathieträger, da alle Kanadier*innen, die ich bis dahin kennengelernt hatte, sehr weltoffen und höflich wirkten. Ich empfand ihre Art als einen guten Mix aus britischem Anstand und US-amerikanischer Offenheit.

Wie gestaltet sich dein Alltag an der U of T?
Mein typischer Alltag ist nicht sehr spektakulär. Das Labor befindet sich nicht auf dem Universitätscampus, sondern in einem Krankenhaus. Es fühlt sich an, als würde ich zur Arbeit gehen. Nach der Arbeit fühle ich mich schon eher wie ein Student, da ich mit meinen Mitbewohnern das Fitnesscenter oder den Fussballplatz der Universität besuche, welche sich auf dem Campus befinden. Die U of T ist riesig. Es gibt einen ganzen Stadtteil, welcher nur aus Universitätsgebäuden besteht. Es kommt echtes Campusfeeling auf.

Du bist für knapp 6 Monate nach Kanada gereist, um deine Bachelorarbeit zu schreiben. Was ist der Inhalt deiner Thesis?
Mein Projekt dreht sich um Forschung im Bereich neurodegenerativer Krankheiten. Dabei wird ein komplett neuer Ansatz verfolgt, um die Konzentration des zellulären Prion-Proteins im Gehirn zu reduzieren. Da neue Behandlungsmethoden immer mit Risiken verbunden sind, ist es meine Aufgabe, etwas über die Pharmakokinetik (Aufnahme, Verteilung, Metabolismus und Ausscheidung) des neuen Wirkstoffs in Erfahrung zu bringen. Ich nutze dafür vor allem ein nLC-MS-System, welches durch verschiedene eher biologisch angehauchte Assays zur Analyse verschiedener Eigenschaften des Wirkstoffs eingesetzt wird. Wie genau die Wirkungsweise dieses neuen Wirkstoffs ist, darf ich an dieser Stelle jedoch nicht verraten.

Neben der Arbeit im Krankenhaus bleibt hoffentlich noch Zeit, Toronto und Umgebung kennenzulernen. Welchen Eindruck hat die Stadt bis jetzt bei dir hinterlassen?
Toronto ist eine sehr vielfältige Stadt. So ist Chinatown, wo ich wohne, ganz anders als das angrenzende Little Italy. Dies zeigt sich nicht nur in den Beschilderungen der Läden und Restaurants, sondern auch in der Bevölkerung, die man auf der Strasse trifft. Wer ein klares Zentrum sucht, wie man es aus europäischen Städten kennt, wird wahrscheinlich nicht fündig. Jede «Community», wie man das hier nennt, hat ihr eigenes, spezifisches Zentrum. So finden sich in Chinatown vor allem Restaurants und kleine Supermärkte, während in Kensington eher Secondhand-Läden und Bars die Strassen zieren. Soho ist bekannt für seine Ausgehszene. Aber auch andere Bezirke bieten viele Möglichkeiten. Die Menge an Bars und Clubs hängt von den Gepflogenheiten der jeweiligen Kultur ab.

Ich selbst beschränke mich gerne auf die umliegenden Quartiere, da diese alles bieten, was man braucht und mache ab und zu Ausflüge in andere Stadtteile. Auch wenn Toronto fast drei Millionen Einwohner hat, ist es flächenmässig überschaubar. Wer 40 Minuten Fussweg auf sich nimmt, kann die ganze Stadt problemlos durchqueren.

Heisst das, dass du oft zu Fuss unterwegs bist? Welche anderen Optionen bietet die Stadt?
Aufgrund der zentralen Lage meiner WG, kann ich alles zu Fuss erreichen. Es gibt auch die Möglichkeit, Velos zu mieten, welche an verschiedenen Punkten in der Stadt abgeholt und zurückgebracht werden können. Aufgrund frostiger Temperaturen habe ich von diesem Angebot noch keinen Gebrauch gemacht. Toronto verfügt auch über ein ausgedehntes ÖV-Netzwerk. Es gibt Trams, Busse und eine U-Bahn. Man kann sich entweder ein Abonnement lösen oder mit einer Prepaidkarte bezahlen.

Du hast erwähnt, dass du in einer WG wohnst. Wie sieht deine Wohnsituation aus?
Die WG ist in der Nähe des Universitätscampus. Ich habe sie über eine Facebook-Gruppe gefunden. Sie befindet sich in einem der klassischen Vorstadt-Häusern, wie sie in Toronto zu Hunderten zu finden sind. Das Haus ist etwas in die Jahre gekommen, doch ist der Preis angesichts der zentralen Lage okay. Die Wohnungspreise in Toronto sind mit Zürich vergleichbar. Chinatown liegt sehr zentral. Meine Mitbewohner sind Studenten oder Exstudenten im Alter von 23-30 Jahren, mit ihnen verbringe ich den Grossteil meiner Freizeit.

Du bist seit ca. 2 Monaten in Kanada. Welche Highlights hast du bereits erlebt?
Neben meiner Leidenschaft für Naturwissenschaften, bin ich extrem an geschichtlichen Themen interessiert. Daher war der Besuch im Royal Ontario Museum für mich ein Highlight. Wem das naturhistorische Museum oder historische Museum in Basel gefällt, darf das ROM nicht verpassen. Es bietet eine riesige Ausstellung zu verschiedensten Abschnitten der Erdgeschichte. Bei meinem ersten Besuch verbrachte ich 7 Stunden im Museum und kann sagen, dass ich mir höchstens eine Übersicht über alle Exponate verschaffen konnte. Ich werde auf jeden Fall nochmal hin gehen.

Wie es sich für einen guten Touristen gehört, habe ich auch die nahegelegenen Niagarafälle besucht. Die Fälle und das benachbarte Städtchen «Niagara on the Lake» sind auf jeden Fall einen Besuch wert.

Mein grösstes Highlight hat jedoch nichts mit Sehenswürdigkeiten, sondern mit der lokalen Bevölkerung zu tun. An einem Freitagabend verweilte ich ein wenig in einem nahegelegenen Park, um die letzten Sonnenstrahlen zu geniessen. Ich wurde von einer Gruppe junger Menschen angesprochen und spontan eingeladen, mit ihnen den Abend zu verbringen. Wir besuchten eine Bar und später ein Tanzlokal. Die Gruppen kannte sich schon mehr als zehn Jahre, doch integrierten sie mich, als hätte ich schon immer dazu gehört. Ich stehe noch heute mit ihnen in Kontakt und gehe hin und wieder mit dieser Gruppe aus. Dieses Erlebnis widerspiegelt die Offenheit, die hier in Toronto herrscht.

Welche anderen Erfahrungen kannst du mit uns teilen?
Toronto ist mit 260 Nationen die multikulturellste Stadt auf dem nordamerikanischen Kontinent. Jede Community bringt ihre eigene Kultur mit, die mit der lokalen sowie anderen Kulturen verschmilzt. Ich benötigte fast drei Wochen, um jemanden zu finden, der von sich behaupten konnte, ein waschechter Kanadier zu sein. Fast jede*r ist eingewandert oder ein*e Second*a. Das ist kein Wunder, denn Kanada als komplett unabhängiger Staat, ist keine 100 Jahre alt.

Was das Kulinarische angeht, kann die klassisch kanadische Küche als gewagtes Crossover zwischen britischer, französischer und deutscher Esskultur angesehen werden. Ich persönlich habe hier mehr chinesisch, japanisch, indisch, ungarisch und italienisch gegessen und bereue diese Entscheidung nicht 😉

Ab ins Ausland?

Unsere Studierenden profitieren von der internationalen Vernetzung der Hochschule für Life Sciences. Ein Auslandsaufenthalt bei unseren Partnerschulen ist bei Bachelor- wie auch Master-Studierenden sehr begehrt. Nicht nur, um den persönlichen Horizont zu erweitern, sondern auch, um neue soziale und kulturelle Kompetenzen zu erwerben.

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