28.9.2023 | Hochschule für Architektur, Bau und Geomatik
Umgang mit Unsicherheiten des Baugrundmodells im BIM-basierten Planungsprozess - Zusammenspiel zwischen Geologie und Ingenieurwesen
Brian Steiner und Christoph Schenk haben den CAS GeoBIM im Frühjahr erfolgreich absolviert und dabei eine tolle Zertifikatsarbeit geschrieben. Nun haben sie ihre Erkenntnisse in einem informativen Artikel zusammengefasst.
Building Information Modeling (BIM) ist dabei, sich im Bauwesen zu etablieren. Dabei werden im Projektalltag auch Baugrundmodelle vermehrt als BIM-Modelle verlangt und genutzt.
Die Fachbereiche Geologie und Ingenieurtiefbau mit der Schnittstelle Geotechnik leben eine etablierte Zusammenarbeit, wobei die Geologie als Lieferantin von Datengrundlagen fungiert und der Ingenieurtiefbau diese Informationen empfängt und anwendet. Die Geologie und der Ingenieurtiefbau unterscheiden sich jedoch in ihrer Herangehensweise und Denkweise. Die Geologie denkt grossräumig und nutzt Geoinformationssysteme (GIS) mit ortsbezogenen Koordinatenreferenzsystemen. Im Ingenieurbau hingegen werden CAD- und BIM-basierte Anwendungen verwendet, wobei Projekte oft kleinräumig begrenzt sind und häufig in lokalen Koordinatensystemen bearbeitet werden. Beide Disziplinen sind sich jedoch der Unschärfen, Unsicherheiten und Ungenauigkeiten im Baugrund bewusst, die sowohl in der Geometrie als auch in Materialkennwerten auftreten können.
Bei der Bereitstellung von BIM-kompatiblen digitalen Baugrundmodellen stellt sich die Frage, wie diese Unsicherheiten im Modell für alle, auch fachfremden Projektbeteiligten, verständlich und offensichtlich vermittelt werden können. Die Zertifikatsarbeit befasst sich mit dieser Fragestellung.
Die Geologie steht seit jeher vor der Herausforderung, dass die Ungenauigkeiten je nach Hintergrund unterschiedliche und uneindeutige Ausprägungen haben können. Die Unschärfen lassen sich kaum quantifizieren, was ihre Vermittlung erschwert. Die Geologie arbeitet daher mit semantischen Informationen und übermittelt diese klassischerweise mit Freitexten. Auf der anderen Seite hat sich für den Ingenieurtiefbau das praxistaugliche Konzept etabliert, den heterogenen Untergrund räumlich in Homogenbereiche einzuteilen und die zugehörigen Materialkennwerte durch charakteristische Werte sowie Minimal- und Maximalwerte zu beschreiben. Damit kann eine statistisch basierte Sicherheitsbemessung eines Bauwerks erstellt werden. Dieses Konzept stellt für die Geologie eine Grundlage dar, um das Problem der Bestimmung der Unsicherheit in Baugrundmodellen für BIM-basierte Planungsprozesse anzugehen. Die Bereitstellung von Freitexten oder Darstellungen mit grafischer Diffusion wird als wenig wirksam gewertet, da sie bei grosser Datenmenge kaum beachtet werden und aufgrund ihrer Uneindeutigkeit kaum Aussagekraft haben.
In der Zertifikatsarbeit wird eine Kategorisierung von Unsicherheitsgraden vorgeschlagen und in einem Fallbeispiel getestet. Herausfordernd ist die Definition von zweckdienlichen Kategorien, die die wesentlichen Stufen der Unsicherheit beschreibend voneinander abtrennen und möglichst generisch verwendbar sind.
Im Fallbeispiel werden für einen willkürlich gewählten 1x1km-Perimeter im Raum Basel von der Seite Geologie zwei Baugrundmodelltypen aufbereitet: (1) Bohrdaten mit Materialkennwerten und (2) Grenzflächen mit semantischen Beschreibungen. Zur Erstellung der IFC-Datensätze wird die frei verfügbare GEOL_BIM-Webanwendung genutzt. Dazu werden die seitens Geologie verfügbaren umfangreichen Grundlagendaten (geologische Profile, geologische Berichte, geologische Karten) dank Grundwissen in der Geoinformatik mit überschaubarem Aufwand in die entsprechenden Eingabemasken übertragen. Dabei werden den Daten auch die zuvor definierten Unschärfe-Kategorien als Attribute hinzugefügt. Anschließend übernimmt die Webanwendung die Transformation ins IFC-Format. Mit den so generierten IFC-Dateien stehen dem Ingenieurtiefbau digitale Baugrundmodelle zur Verfügung, die in einem BIM-Viewer geolokalisierte Abfragen zu Materialkennwerten und Grenzflächen inklusive den jeweiligen Unsicherheitskategorien ermöglichen.
Der getestete Ansatz der Kategorisierung von Datenunschärfen scheint vielversprechend. Dieser müsste für eine Validierung mit einer Fallstudie unter Beteiligung von mehreren Fachpersonen sowohl von Seiten der Geologie als auch des Ingenieurtiefbaus durchgearbeitet werden. Dabei sollte auch untersucht werden, wie die grafische Darstellung von Unsicherheiten in BIM-Modellen als Ergänzung zur bereits getesteten attributiven Übermittlung implementiert werden kann. Technisch nicht umsetzbare Anforderungen können als offene Fragen an die nächste Version des IFC-Schemas definiert und bereitgehalten werden.
Der nächste Kursstart des CAS Geoinformation & BIM (CAS GeoBIM) ist am 26. Februar 2024.