Theatrales Lernen und überfachliche Kompetenzen
Theater im schulischen Kontext beinhaltet nicht nur die Erarbeitung eines Theaterprojektes, sondern schafft neben den theaterästhetischen Zugängen methodische Alternativen und Ergänzungen im Fachunterricht.
«Ich hörte und vergass, ich sah und erinnerte mich, ich tat und verstand».
Schon Konfuzius dachte, dass Schülerinnen und Schüler dann am besten lernen, wenn sie sich handelnd, beziehungsweise auf unterschiedliche Weise und durch vielfältige Zugänge mit einem Thema auseinandersetzen.
Hier schafft das theatrale Lernen der Beratungsstelle Theaterpädagogik einen neuen und exklusiven Zugang, der sich primär dem Theaterhandwerk bedient und einen Brückenschlag zum schulischen Kontext schafft.
Wie Lernen spielend beginnen kann (PDF) | Schulblatt AG/SO 16/21
Konflikten eine Bühne geben
Konflikte brauchen in zweierlei Hinsicht eine Bühne: Erstens braucht die Theaterhandlung (in welcher Form auch immer) Konflikte, um überhaupt spannende Szenen und Geschichten zu zeigen. Zweitens brauchen reale Konflikte Raum, um ausgetragen und authentisch geklärt zu werden. In der Theaterpädagogik sind Konflikte Ressourcen und alle Beteiligten Personen Konfliktexpertinnen und -experten.
Theaterpädagogisches Handeln beinhaltet das mimetische Lernen und fördert durch Nachahmen, Improvisation, Empathie und exemplarisches Erleben die Konfliktlösekompetenz und die Beziehungsarbeit.
Fachunterricht
Diese theatralen Methoden und Arbeitsweisen fördern nicht nur die überfachlichen Kompetenzen in einer spielerischen, kreativen und bewegten Art, sondern bereichern auch den Fachunterricht.
Martin Kramer, Leiter der Didaktik Mathematik an der Universität Freiburg i. Breisgau liefert hierzu Argumente anhand eines szenisch-spielerischen Beispiels im Mathematikunterricht, Thema Symmetrie: Der Klassenraum wird unterteilt in Bühnen- und Publikumsraum. Auf der Bühne wird als erster Schritt nonverbal ein maximales Chaos geschaffen. Als zweiter Schritt haben die Lernenden nacheinander die Aufgabe den Raum so ordentlich wie möglich zu gestalten, die bekannte Sitzordnung soll einer neuen symmetrischen Ordnungsstruktur weichen. Der Vorgang, jemand handelt während andere dabei zuschauen, ist die Grundidee von Theater. Spannung im Raum entsteht, die Agierenden ordnen bewusst neu und werden in ihrer Präsenz gefordert. Im Anschluss, nachdem der Raum achsensymmetrisch eingerichtet ist, ordnen sich die Zuschauenden mit ein. Als Vorübung werden hierfür die bekannten Spiegelübungen ausprobiert.
So eignen sich eine Fülle an theatralen Methoden nicht nur in den MINT-Fächern, sondern auch im Fremdsprachen- oder Deutschunterricht. Texte erarbeiten und mit unterschiedlichen Gestaltungsformen, z. B. dem «chorischen Sprechen», zu experimentieren schaffen einen intensiven Zugang zur Literatur.
Überfachliche Kompetenzen
Welche theaterpädagogischen Lehrformen sind im Unterricht in den Bereichen Wahrnehmung, Bewegung, Konzentration, Stimme und Sprache sowie Imagination praktisch anwendbar?
Theaterpädagogische Übungen teilen sich auf in Gruppen-, Einzel- und Partnerübungen. Sie reflektieren die individuelle Wirksamkeit. Personale, soziale und methodische Kompetenzen werden durch das theatrale Lernen spielerisch und konzentriert gefördert.
Ein weiterer Zugang ist die Ausdruckskompetenz im Einsatz der Körpersprache und dem Stimmausdruck. Die Präsentationen der Ergebnisse in den forschenden und selbstorganisierten Lernsettings unterliegen der Auftrittskompetenz der Schülerinnen und Schüler. Diese wird durch diverse Übungen aus dem theatralen Methodenrepertoire gefördert und bildet eine wichtige Grundlage für die Personal- und Methodenkompetenz. Voraussetzung ist das Kennen eines minimalen theaterpädagogischen Übungsrepertoires und Mut zu haben, diese im eigenen Unterricht anzuwenden.
Theaterästhetische Bildung
Theatrale Prozesse verbinden ästhetische und soziale Erfahrungen und erweisen sich stets als kollektives Lernen, weil die Gruppe/Klasse sich gemeinsam auf einen Unterrichtsgegenstand (das Spiel) konzentriert.
Theatrales Lernen heisst auch, mimetische (nachahmende, in eine Rolle schlüpfende) und aleatorische (den Zufall verfolgende) Lernprinzipien in der Bearbeitung eines Theaterprojekts zu verfolgen.
Gemeinsam ein Theatervorhaben auf die Bühne zu bringen gleicht einer Expedition ins Unbekannte. Das gemeinsame Erforschen eines Themas, gestaltet für eine Öffentlichkeit, macht aus der Spielleitung (Lehrperson) und dem Ensemble (Schulklasse) eine Gruppe, in der die Fehlerkultur der Experimentierkultur weichen muss. Durch diese Auseinandersetzung werden soziale und künstlerische Kompetenzen gefördert. Die Vielfalt einer Spielgruppe als personales und gesellschaftliches Potenzial für theaterästhetische Prozesse zu nutzen, fördert die Kompetenzen der Zukunft: Kooperation, Kommunikation, kritisches Denken und Kreativität.
Verschiedene Weiterbildungen
Für Lehrpersonen oder Schulteams, die ihr Handlungsrepertoire in diese spezifische Richtung erweitern wollen, bietet das Institut Weiterbildung und Beratung verschiedene Weiterbildungen: Das Zertifikatsprogramm CAS Theaterpädagogik, die thematisch vertiefenden kursorischen Angebote im Fachbereich Theaterpädagogik, schulinterne Weiterbildungen und Beratungen, die auf das Kollegium abgestimmt werden, und nicht zuletzt die Mitwirkung an den Theaterfestivals der Beratungsstelle Theaterpädagogik.