Interview mit Manuela Anele, Freiwilligenkoordinatorin beim Verein Kanzbi
Frau Anele, Sie haben Ihre CAS-Abschlussarbeit zu einem Freiwilligenprojekt des Vereins Kanzbi verfasst. Was macht der Verein Kanzbi?
Der Verein Kanzbi betreibt einen interkulturellen Treffpunkt und eine Bibliothek für Kinder und Jugendliche in der Stadt Zürich. In der Bibliothek sind Bücher in vierzig verschiedenen Sprachen zu finden. Eine Ludothek, ein Leseraum und ein Computerraum runden das Angebot ab.
Die Kanzbi setzt sich für die Förderung und den Erhalt der Familiensprachen ein und möchte den Wert von Mehrsprachigkeit sichtbarer machen. Mit diversen niederschwelligen und gemeinnützigen soziokulturellen Angeboten leistet die Kanzbi einen Beitrag zur sozialen Integration und Chancengleichheit für Familien mit Migrationshintergrund. Das Ziel der Kanzbi ist es, einen Begegnungsort zu schaffen, an dem alle willkommen sind, unabhängig von sprachlich-kulturellem Hintergrund und Alter.
Wie sieht die Freiwilligenarbeit im Verein aus?
Seit 2020 betreibt der Verein ein Freiwilligenprojekt. Dabei betreuen die freiwillig Engagierten die allgemeinen Öffnungszeiten. Durch ihren Einsatz ist es dem Verein möglich, jeweils montags bis freitags nach Schulschluss seine Türen für die allgemeine Bevölkerung zu öffnen. Die freiwillig Helfenden sind für die Rücknahme und Ausleihe der Medien zuständig sowie für die Betreuung des Treffpunkts.
Mit wie vielen Freiwilligen arbeitet der Verein zusammen?
Es sind jeweils zwölf freiwillig Engagierte für den Verein aktiv. Je zwei Freiwillige betreuen einmal pro Woche während mindestens zwei Stunden einen fixen Tag.
Zu welchem Thema haben Sie Ihre CAS-Abschlussarbeit verfasst?
Für das CAS Freiwilligen-Management habe ich eine Evaluation des bestehenden Freiwilligenprojekts der Kanzbi durchgeführt und anschliessend ein Optimierungskonzept formuliert.
Wie sind Sie methodisch vorgegangen?
Als Basis meiner Arbeit diente eine Literaturrecherche im Bereich Freiwilligen-Management und Engagementförderung. Zudem wurden Informationen aus dem Projektantrag des Vereins hinzugezogen.
Für die Evaluation wurden die bei Projektstart formulierten Ziele überprüft. Während der dreijährigen Projektlaufzeit hatte ich im Rahmen meiner Anstellung als Freiwilligenkoordinatorin relevante Daten fortlaufend gesammelt. Der Verein hatte bis anhin keine Erfahrungen mit professionellem Freiwilligen-Management, und die formulierten Ziele fielen teils eher grob aus. Daher hatte ich im Sinne der explorativen Datenerhebung weitere Daten erhoben, sollten sich noch weitere Fragestellungen als interessant herausstellen.
Die Daten stammten aus persönlichen Befragungen während Kennenlerngesprächen, Standortgesprächen und Abschlussgesprächen. Um eine gewisse Standardisierung zu ermöglichen, wurden die Gespräche alle nach einem vordefinierten Ablauf geführt. Dadurch konnten die Ergebnisse miteinander verglichen werden. Somit hatte ich eine recht ausführliche Datensammlung, auf die ich für die Evaluation zurückgreifen konnte.
Um weitere Bereiche mit Optimierungspotenzial aufzuzeigen, wurde das Reifegradmodell Freiwilligen-Management von Oliver Reifenhäuser angewendet. Abschliessend erarbeitete ich mögliche Handlungsansätze und Optimierungsvorschläge.
Welches sind die Haupterkenntnisse Ihrer Arbeit?
Die Projektziele wurden laut der Auswertung mehrheitlich erreicht, was sehr erfreulich ist.
Dass Partizipation und Mitgestaltung im Vereinsalltag seitens der freiwillig Engagierten auf wenig Interesse zu stossen scheint, war eine interessante Feststellung.
Wichtige Erkenntnisse lieferten zudem die Ergebnisse zu den Einsatzdauern: Mit einem Anteil von 44 Prozent war ein nicht unwesentlicher Teil der freiwillig Engagierten für weniger als sechs Monate für den Verein tätig. Dies deckt sich mit der Literaturrecherche, laut der sich die heutigen freiwillig Helfenden lieber für flexible und zeitlich begrenzte Einsätze verpflichten. Im Falle der Kanzbi wurde als häufigster Beweggrund für die Beendigung der Einsätze Veränderungen der Lebensumstände der freiwillig Engagierten angegeben. Unzufriedenheiten mit dem Projekt waren äussersts selten der Grund.
Da der Verein auf diese Veränderungen keinen Einfluss nehmen kann, wäre ein flexibleres Einsatzmodell die naheliegendste Optimierungsmassnahe. Dies ist jedoch aufgrund der vielseitigen Aufgaben, der daraus resultierenden intensiven Einarbeitungsphase und des entsprechenden Betreuungsaufwands durch die Freiwilligenkoordinationsstelle für den Vereinsalltag schwierig umzusetzen. Freiwillig Engagierte langfristig an den Verein zu binden, wird somit eines der Ziele für die nächsten Projektjahre sein.
Inwiefern fliessen die Erkenntnisse aus Ihrer CAS-Arbeit zukünftig in Ihre Tätigkeit ein?
Der Leistungsnachweis wurde als Chance genutzt, die Evaluation des bestehenden Projektes auszuarbeiten, mit dem Ziel, den Freiwilligeneinsatz in der Kanzbi zu optimieren. Somit bilden die Ergebnisse meiner Abschlussarbeit das Fundament, um die Qualitätsstandards zu verbessern und neue Massnahmen auszuarbeiten und zu implementieren.
Inwiefern hat der Verein von Ihrer Abschlussarbeit profitiert?
Da der Verein noch wenig Erfahrung in der institutionalisierten Freiwilligenarbeit hatte, war es sehr spannend, unsere IST-Situation mit den Grundlagen des Freiwilligen-Managements zu konfrontieren. Die Informationen aus dem CAS und die Erkenntnisse aus der Abschlussarbeit zeigten uns, dass das Projekt bereits eine solide Basis hat.
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