Dieser Beitrag wurde ursprünglich im HS 2018/2019 auf der alten Blog-Seite des GeoConcept Projektes veröffentlicht (Benutzer: CalexWolken).
zitieren als CalexWolken (2018/2019): Schülervorstellungen zu Wolken. original: http://geoconcepts.geographyteachereducator.com/de/2018/10/wolken/ , republished under http://www.fhnw.ch/plattformen/geoconcepts, 2019.
Schülervorstellungen in der Grundschule: Schiel (2015)
Die Studie „Schülervorstellung zu Wolken in der Grundschule“ wurde von Marlene Schiel im Zuge einer Examensarbeit an der Goethe Universität Frankfurt und an einer umliegenden Schule zwischen den Jahren 2014 und 2015 durchgeführt. Sie beschäftigt sich mit der Frage, welche Vorstellungen Grundschüler und Grundschülerinnen zu Wolken haben und geht sogar darüber hinaus auf mögliche Parallelen zwischen deren Vorstellungen und die von Lehrpersonen, sowie Lehramtsstudenten und Studentinnen ein. Die Ergebnisse wurden durch mehrere Schülerinterviews, sowie Lehrer- und Studentenbefragungen gewonnen.
Bei der Lehrpersonen und Studentenbefragung wurde auf einen Fragebogen gesetzt, welcher für beide Parteien identisch war. Bei den Schülerinterviews wurde auf eine qualitative Forschungsmethode gesetzt, da Schiel auf diese Weise die Interviews offener und flexibler gestalten konnte. Mithilfe eines Leitfadeninterviews wurde es ihr möglich, die subjektive Wahrnehmung der Schülerinnen und Schüler zu erfragen. Die dadurch entstehende grosse Individualität der Ergebnisse bewirkt, dass diese individuell betrachtet und interpretiert werden müssen und nicht repräsentativ sind. Auch hätte die Zahl der befragten Schülerinnen und Schüler (insgesamt 16, davon 8 Vorschulkinder) dafür nicht ausgereicht. Diese 8 Grundschülerinnen und Schüler vertreten die Klassen eins bis vier und befinden sich zwischen der Alterspanne von 6 bis 9 Jahren.
Ergebnisse und Schlussfolgerungen
Ergebnisse der Erst- und ZweitklässlerInnen (6-7 Jahre):
Es herrscht eine noch recht naive und kindliche Vorstellung bezüglich Wolken mit einem engem Horizont. Einige Kinder gaben an, dass Gott das Wetter beeinflusse und dafür verantwortlich ist. So war zum Beispiel eine Antwort, dass Gott sein Unwesen treibt, wenn es gewittert. Es gab aber auch Schüler und Schülerinnen, deren Ansätze nahe an der Wissenschaft lagen.
Die Kinder geben fast alle an, dass Wolken aus einer Form von Wasser sind und aus Luft bestehen. Zwei von den vier Kindern sind der Meinung, dass Wolken weich sein müssen. Was man in einer Wolke sehen kann, wird von einem Kind wie die Sicht bei Nebel beschrieben, zwei weitere geben an, man sehe die Welt von oben herab. Ein Kind äussert sich nicht darüber, was man sehen kann. Eindeutig ist die Vorstellung, ob man auf Wolken stehen kann. Alle vier Grundschulkinder antworten hier mit nein. Bei der Höhe, in denen sich Wolken befinden, leigt kein Kind im richtigen Bereich von circa 10 Kilometern. Ihre Vorstellungen sind entweder stark über- oder untertrieben. Bei der Frage, wie das Wasser in die Wolken kommt wird ersichtlich, dass die Kinder eine bedingt korrekte Vorstellung davon haben, dass sich Wasser in einer Wolke ansammeln muss. Wie genau das Wasser in die Wolke kommt, können sie sich nicht ausmalen.
Ergebnisse der Dritt- und Viertklässler (8-10 Jahre):
Einige Schülerinnen und Schüler haben ausdifferenzierte Ideen zu Wolken und können diese beschreiben. Sie haben mehrere genauere Vorstellungen darüber, wie Wolken entstehen und können diese zum Teil auch in den Wasserkreislauf miteinbeziehen. Die Theorien der Kinder nähern sich mehr oder weniger der wissenschaftlichen Korrektheit an, wobei sich die «Nähe» je nach gestellter Frage und befragtem Kind im Interview unterscheidet.
Die Lernenden geben an, dass Wolken aus Luft, verdunstetem Wasser und abgekühltes gasförmiges Wasser bestehen. Hier wird deutlich, dass sie etwas ausdifferenzierter Denken und bereits Begriffe wie Verdunstung und gasförmig verwenden. Ein Kind hat die richtige Vorstellung, dass Wolken aus Wassertröpfchen (u.a.) bestehen. Über die Beschaffenheit einer Wolke sind sich 75% der Kinder einig, dass diese (bisschen) weich sein muss und die hälfte denkt, dass diese auch nass ist. Dazu geben 3 von ihnen an, dass man durch die Wolke fallen würde. Daher legt es nahe, dass alle Kinder der Meinung sind, dass man nicht auf Wolken stehen kann.
Bei der Höhe werden Entfernungen von 100m, 1km und bis mehrere Kilometer genannt. Auf die Frage, wie das Wasser in die Wolken kommt, nennen drei Grundschülerinnen und Schüler Prozesse, bei denen Temperaturunterschiede zwischen warm und kalt massgebend sind. Ausser bei einem Kind spielen Temperaturen dabei keine wichtige Rolle. Das gleiche Kind geht davon aus, dass Wolken aus einer Ansammlung von Sauerstoffen entsteht.
Schülervorstellungen in der Sekundarstufe: Taets von Amerongen (2016)
Taets von Amerongen hat in ihrer Studie Schülervorstellungen zu Wolken in der Sekundarstufe I von 2016 die Präkonzepte zum Thema Wolkenbildung ausgewählter Sekundarschülerinnen und –schüler untersucht. Diese Studie wurde in Zusammenhang mit der im vorherigen Jahr durchgeführten Grundschulstudie von Schiel (2015) entwickelt und verglichen. Taets von Amerongen befragte dafür insgesamt 378 Schülerinnen und Schüler, welche sich entweder in der siebten oder in der achten Klasse befanden. 159 der gesamten Gruppe liessen sich dem Gymnasialzweig, 219 dem Real-und Hauptschulzweig zuordnen. Bei der Befragung wurde mit einem Fragebogen gearbeitet, die Ergebnisse bauten also auf einer quantitativen Sozialstudie auf.
Verbindung zu Schiel (2015)
Für die Untersuchung der Sekundarstufe wurden ähnliche Vorgehensweisen wie bei der Studie von Schiel (2015) herangezogen. Es wurden dabei 16 Kinder interviewt. Aus den Erkenntnissen von der Studie entwickelte Schiel einen Fragebogen mit 12 Fragen, die minimal von den Fragen aus dem Leitfadeninterview abweichen. Darüber hinaus entstand wie oben schon erwähnt, ein Fragebogen für Studierende und Lehrkräfte. Dieser umfasst 10 Fragen.
Ergebnisse
Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass nur bei ein paar Fragen die Schülerinnen und Schüler mehrheitlich die richtigen Vorstellungen haben, jedoch dass oft Fehlvorstellungen überwiegen.
Nur knapp mehr als die Hälfte (51%) der befragten Schülerinnen und Schüler hatten die richtige Vorstellung, dass das Wasser verdunstet, um in die Atmosphäre zu gelangen. 61% der Befragten gaben an, dass sich Wolken aufgrund des Windes bewegen und wiederum 69% hatten die richtige Vorstellung, dass die Geschwindigkeit von der Windstärke abhänge. Ob man auf einer Wolke stehen könne, verneinten die meisten (95%). Auch bezüglich der Farbe der Wolken hatten die Schülerinnen und Schüler häufig die richtige Vorstellung (61%). Betrachtete man dort die Antworten, dann waren die Wolken oft als weiss, grau oder dunkel beschrieben worden. Ein Drittel (32%) der Schülerinnen und Schüler wussten ausserdem, dass sich Nebel weiter unten in der Atmosphäre befindet im Gegensatz zu den Wolken.
Abweichungen zur richtigen Vorstellung gab es jedoch bei den restlichen zehn Fragen. Bei der Auswertung von Taets von Amerongen (2016) wurden die Multiple-Choice-Frage sowie die Frage nach der Höhe von Wolken nicht berücksichtigt, da die Untersuchungsergebnisse verdeutlichen, dass hierzu keine klaren Vorstellungen herrschten.
Fast die Hälfte (46%) der Befragten gaben an, «dass Wolken nur dann entstehen, wenn die Sonne scheint» (Taets von Amerongen 2016, S. 77). Dadurch würde sich das nötige Wasser nach oben bewegen. Eine Fehlervorstellung ist also hier durchaus vorhanden. Dies könnte beispielsweise fehlerhaften YouTube-Videos zugeschrieben werden oder vereinfachten Darstellungen für kleine Kinder.
«Dass Wolken aus Wasserdampf bestehen, dachten 42% der Schülerinnen und Schüler, 22% hingegen hatten die richtige Vorstellung, dass sie aus Was-sertröpfchen und Eiskristallen beständen» (Taets von Amerongen 2016, S. 78). Daneben gab es noch die Vorstellung, dass sich der Nebel aus kleinsten Wassertröpfchen zusammensetzen würde und er zudem aus Wasserdampf bestände.. Darüberhinaus hatten nur 29% die korrekte Vorstellung, dass man sowohl in einer Wolke wie auch im Nebel gleich nass werden würde. Warum es dunkle Wolken gäbe, begründeten knapp weniger als die Hälfte (45%) damit, dass in Wolken viel Wasser enthalten wäre. 40% der Schülerinnen und Schüler hatten die Fehlvorstellung, es würde beginnen zu regnen, weil zu viele Tröpfchen in der Wolke wären. Bezüglich der Frage, wann Wasser in die Atmosphäre aufsteigen könnte, hatten 57% die Fehlvorstellung, es könnte nur dann geschehen, wenn es warm genug wäre.
Festzuhalten bleibt, dass bei fünf der insgesamt 20 Fragen zum Thema Wolken die Mehrheit der Befragten die richtige Vorstellung hatte. In den restlichen 15 Fragen sind jedoch laut den Ergebnissen viele Fehlvorstellungen vorhanden. «62 der 378 befragten Schülerinnen und Schüler beantworten alle Fragen in dieser Fragengruppe richtig» (Taets von Amerongen 2016, S. 78). Wichtig für den Unterricht ist dabei, dass rund 65% angaben, dass Wolken noch nie im Unterricht behandelt worden waren. Insgesamt hatten nur fünf Schülerinnen und Schüler bei allen sechs Fragen der dritten Fragengruppe die richtige Vorstellung. In der vierten Fragengruppe waren es insgesamt 32 Schülerinnen und Schüler, die alle Fragen richtig beantworteten. Nur 12 der Befragten hingegen besassen zu allen Fragen der fünften Fragengruppe die wissenschaftlich haltbaren Vorstellungen und bei nur vier Befragten deckten sich die Meinungen zu den Fragen in der sechsten Fragengruppe mit den richtigen Aussagen. Keiner der 378 Schülerinnen und Schüler beantwortete dabei alle Fragen richtig.
Schlussfolgerungen beider Studien
Man sieht, dass bereits im Grundschulalter gewisse Vorstellungen über Wolken, ein äusserst komplexes Phänomen, bestehen, welche zum Teil nahe an der Wirklichkeit liegen. Dennoch gibt es auch Schüler, deren Vorstellungen sehr weit von den wissenschaftlichen Erkenntnissen entfernt sind. Es lässt sich beobachten, dass beide Fälle innerhalb der gleichen Klassenstufe auftreten können, weshalb eine Lehrperson unbedingt auf die Heterogenität innerhalb einer Klasse eingehen muss und diese bei der Planung berücksichtigen muss. Ausserdem ist bei der Behandlung des Themas Wolken im Unterricht wichtig, dass die physikalischen und meteorologischen Grundlagen den Schülerinnen und Schülern näher gebracht und aufgezeigt werden. Beispielsweise ist die die «Sonne – Wolke» – Verbindung in den Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler stark vertreten und dessen Einbezug in die Entstehung der Wolken muss geklärt werden. Durch die Studien konnte zudem herausgefunden werden, dass die Wolke von den Befragten oft als ein Objekt aufgefasst wurde, dem gewisse Eigenschaften zu gesprochen werden; unter anderem wie schnell eine Wolke sein könnte, oder wie viel Wasser sie halten könnte, bis es zu regnen begänne.
Es wäre falsch davon auszugehen, dass jeder Schüler ohne Ausnahme ab einem gewissen Alter oder ab einer gewissen Klassenstufe, fehlerfreie Konzeptionen wie hier über Wolken besitzt. Die fehlerhaften Schülervorstellungen müssen im Unterricht angesprochen und bearbeitet werden. Durch verschiedene Arbeitsschritte und Methoden kann bezweckt werden, dass die Schüler ihre Vorstellungen anpassen oder gar von Grund auf überarbeiten, um der Wirklichkeit zu entsprechen. Damit die Schüler aber nicht aus allen Wolken fallen, empfiehlt sich dies Schrittweise zu tun.
Diskussion
Da in den Ergebnissen hin und wieder Gott als Ursache für die Wolken und das Wetter genannt wurde, stellt sich natürlich die Frage, ob dies daran liegt, dass zum Beispiel die Eltern den Kindern nicht richtig erklären wollen oder können, wie es dazu kommt oder ob es zum Beispiel an den Medien liegt. Vielleicht ist das Wetter auch zu komplex, als dass ein Kind die Zusammenhänge erfassen und verstehen könnte. Zudem gibt es viele Darstellungen für kleine Kinder, welche den ganzen Prozess hinter der Wolkenentwicklung zu stark vereinfachen. Von älteren Schülerinnen und Schülern wird beispielsweise auch YouTube benutzt. Das Videoportal gilt aber nicht immer als fachwissenschaftlich gut geeignete Quelle und kann Fehlvorstellungen unterstützen. Neben sachlichen Quellen von beispielsweise der NASA gibt es auch viele Tutorials die von Privatpersonen verfasst worden sind und teilweise fehlerhafte oder zu vereinfachte Modelle übermitteln. Sicherlich wäre hier die Frage interessant, woher denn die Schülerinnen und Schüler ihr Wissen beziehen. Dazu aber mehr in einem anderen Artikel.
Quellen:
Schiel, Marlene (2015): Schülervorstellungen zu Wolken in der Grundschule. Wissenschaftliche Hausarbeit im Rahmen der Ersten Staatsprüfung für das Lehramt an Grundschulen im Fach Sachunterricht – Schwerpunkt Physik. Eingereicht dem Landesschulamt. Online verfügbar unter: http://www.thomas-wilhelm.net/arbeiten/Wolken.pdf (Stand: 20. Dezember 2018)
Taets von Amerongen, Katharina (2016): Schülervorstellungen zu Wolken in der Sekundarstufe I. Wissenschaftliche Hausarbeit im Rahmen der Ersten Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien im Fach Physik. Eingereicht dem Landesschulamt -Prüfungsstelle Frankfurt am Main. Online verfügbar unter: http://www.thomas-wilhelm.net/arbeiten/Wolken_SekI.pdf (Stand: 20. Dezember 2018)
Cumuluswolke in Australien: https://de.wikipedia.org/wiki/Wolke#/media/File:Anvil_shaped_cumulus_panorama_edit_crop.jpg von http://www.flagstaffotos.com.au
Einzelne Cumuluswolke: Von Glg – photo taken by Glg, CC BY-SA 2.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=172807 unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Wolke#/media/File:Img20050526_0007_at_tannheim_cumulus.jpg
Verschiedene Wolkentypen: https://de.wikipedia.org/wiki/Wolke#/media/File:Cloud_types_de.svg
Verschiedene Farben der Wolken: Von Frisia Orientalis, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=8537545