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Woher kommt das Erdöl?

Zittieren als: Fischer, D; Zehnder, P. (2019): PH FHNW. Windisch.

Abbildung 1: Erdöl-Pumpe (skeeze)

Einleitung

Im Lehrplan 21 wird unter dem Kompetenzziel 1.4a und 1.4b gefordert, dass “die Schülerinnen und Schüler für den Mensch wichtige natürliche Ressourcen kennen und zwischen erneuerbaren und nicht-erneuerbaren Energieträgern unterschieden können und dass sie ihre Vor- und Nachteile vergleichen können” (vgl. D-EDK 2016). Bei diesen Kompetenzzielen spielt Erdöl eine wichtige Rolle. Der riesige, steigende Verbrauch von Erdöl wird immer mehr zum Problem, da sich die Erdölreserven dem Ende zu neigen („Erdöl – schwarze Pest“, 2018). Daher ist es wichtig, dass Schülerinnen und Schüler verstehen, was Erdöl ist, woher es kommt und welche Alternativen es dazu gibt. 

Vielfach haben die Schülerinnen und Schüler jedoch zu dem Thema Fehlkonzepte aufgebaut. Im folgenden werden zwei Studien vorgestellt, die sich mit den Präkonzepten von Schülerinnen und Schülern und Erwachsenen zum Thema Erdöl befasst haben.

Studie 1: Zur Nachhaltigkeit der Umstrukturierung von Alltagsvorstellungen – oder: Bilder von „Erdölseen“ bei Erwachsenen

Hintergrundinformationen zur Studie

Die vorliegende Studie von Christian Fridrich aus dem Jahr 2009 hat untersucht, inwiefern Alltagsvorstellungen zum Thema „natürliche Erdöllagerstätten“ bei Erwachsenen eine Rolle spielen und inwiefern sie während der Schulzeit (nachhaltig) umstrukturiert werden konnten (vgl. Fridrich, 2009).

Im Rahmen der Studie interviewten GW-Studenten in Wien über 15-Jährige. Das Bildungsniveau und das Geschlecht ist bei dieser Stichprobe durchmischt. Die Versuchspersonen wurden schriftlich dazu aufgefordert, eine Zeichnung anzufertigen, wie Erdöl unter der Erdoberfläche natürlich vorkommt (vgl. Fridrich, 2009).

Resultate

Die Skizzen der Versuchspersonen wurden analysiert und zu Kategorien zusammengefasst. Für jede Kategorie wurde eine idealtypische Skizze erstellt, die die jeweilige Alltagsvorstellung veranschaulichen soll. Es kristallisierten sich 7 Kategorien heraus. Diese werden im Folgenden kurz vorgestellt (vgl. Fridrich, 2009):

1.      Speichergestein (8,1% der Befragten)

Dies ist die wissenschaftlich korrekte Vorstellung. Die Versuchspersonen zeichnen Erdöl und teilweise Erdgas in porösen Gesteinsschichten und zwischen Sandkörnern. Oft wurde die Schicht ober und unterhalb des Speichergesteins als undurchlässig dargestellt (vgl. Fridrich, 2009).

     2.      Hybridvorstellung (2,3% der Befragten)

Hier gibt es eine Vermischung zwischen allgemeingültigen Theorien und (falschen) Alltagsvorstellungen. Ein Beispiel wären gezeichnete Erdölblasen, in denen sich das Erdöl in Speichergestein befindet (vgl. Fridrich, 2009).

3.      Schichten (24,2% der Befragten)

Bei dieser Alltagsvorstellung wird das Erdöl als eine Schicht im Boden dargestellt. Diese ist umgeben von anderen Schichten (Erde, Grundwasser, Kohle o.ä.). Zu dieser Alltagsvorstellung wurde teilweise auch der Gedanke vertreten, dass man nur tief genug bohren müsse, um auf Erdöl zu stossen (vgl. Fridrich, 2009).

     4.      Seen/Blasen (52,0% der Befragten)

Über die Hälfte der Versuchspersonen zeichneten das Erdöl als Blase oder See im Boden. Ähnlich wie bei der Alltagsvorstellung 3 kann die Blase/der See durch eine Bohrung angezapft werden (vgl. Fridrich, 2009).

     5.      Höhlen (6,7% der Befragten)

Diese Alltagsvorstellung ist ähnlich wie Nr. 4. Allerdings zeichnen die Befragten hier Höhlen im Boden, die zu einem Teil mit Erdöl gefüllt sind (vgl. Fridrich, 2009).

     6.      Quellen (2,8% der Befragten)

Hier wird Erdöl als Quelle, bei der Erdöl aus dem Boden sprudelt oder Erdölfontäne, die aus dem Boden spritzt, dargestellt (vgl. Fridrich, 2009).

     7.      Adern (2,3% der Befragten)

Die Befragten zeichnen hier unterirdische Erdöladern, Pipelines und Kanäle (vgl. Fridrich, 2009)

     8.      Sonstige (1,6% der Befragten)

In dieser Kategorie befinden sich alle Theorien, die nur einmal erwähnt wurden oder bei denen die Zeichnungen so vage waren, dass sie nicht interpretiert werden konnten (vgl. Fridrich, 2009).

Die Skizzen können in der Studie nachgeschlagen werden und sind aufgrund des Urheberrechts nicht hier verfügbar.

Diskussion und Schlussfolgerung

Nur 8,1% der Befragten konnten eine angemessene Antwort liefern! Interessant ist, dass sich kein Zusammenhang zwischen Bildungsniveau und Antwortqualität finden liess. Auch Versuchspersonen mit einem hohen Bildungsabschluss lieferten teilweise falsche Skizzen und wiederum Personen mit niedrigem Bildungsabschluss zeichneten wissenschaftlich korrekte Skizzen (vgl. Fridrich, 2009).

Warum haben so viele Befragte eine falsche Vorstellung? Eine Vermutung ist, dass Conceptual Change in Österreich im GW-Unterricht noch nicht bekannt war, als die Versuchspersonen die Schule besuchten. Ausserdem ist fraglich, in wie weit das Thema „Erdöl“ überhaupt in der Schule behandelt wurde (vgl. Fridrich, 2009).

Studie 2: Adäquate Vorstellung von Erdölvorkommen entwickeln – ein Workshop, der funktioniert

Im Rahmen des Projekts «Sparkling Science» wurde untersucht, inwiefern die Durchführung, eines handlungsorientierten und konstruktivistischen Workshops, unter Einbezug von Präkonzepten, die adäquate Vorstellung über Erdölvorkommen fördert (vgl. Fridrich 2011).

Hintergrundinformationen zum Projekt «Enerkids»

Die Leitidee von «Sparkling Science» ist, dass Lernende frühzeitig an forschungsspezifische Handlungs- und Denkweisen herangeführt werden und ihre Präkonzepte mit den wissenschaftlichen Modellen zu vergleichen lernen. Christian Fridrich ist Leiter des von 2008-2010 in Wien durchgeführten Teilprojekts «Enerkids» und Autor der 2011 publizierte Studie «Alltagsvorstellungen von Schülern und Erwachsenen im Vergleich. Weiterentwicklung von Präkonzepten im GW-Unterricht», welcher dieser  Teil des Blog Post zugrunde liegt.

Kernstück des Teilprojekts ist ein zweitägiger Workshop in welchem Präkonzepte (welche ihr aus der Studie 1 schon kennt) mit einbezogen, beziehungsweise hinterfragt werden. Der Workshop wurde in Zusammenarbeit mit Lehrer, Hochschullehrer und mit Unterstützung von Unternehmen konzipiert und an fünf Klassen erprobt. Die Projektklasse reichen von der Volksschule bis hin zur Sekundarstufe 2 (vgl. Fridrich 2011).

Design des Workshops

Die Stationen des Workshops wurden in Gruppen von zwei bis vier Lernenden in folgender Reihenfolge besucht:

1.    Untersuchen von Gesteinen

Lernende lassen Wasser auf Gestein (natürlich ölimprägnierten Sandstein, Granit, Quarz, Schiefer, Sandstein) tropfen. Sie beobachten was passiert, halten fest und interpretieren.

2.    Modell einer Erdöllagerstätte

Lernende befüllen das aus Lehm und Sandsteinschicht bestehende Modell über ein Röhrchen mit Wasser. Sie wenden die neue Vorstellung an und erkennen die Bedeutung des Speichergesteins.

3.    Reflexion

Der Lernprozess wird mit Fokus auf die Veränderung der Vorstellung reflektiert.

(Fridrich 2011) Fotos und genauere Hinweise sind in der Studie zu finden.

Resultate und Diskussion

Es wird sowohl eine qualitative und quantitative Auswertung vorgenommen. Dabei zeigt sich ein halbes Jahr nach der Workshop-Intervention, dass in den Projektklassen deutlich mehr Kinder und Jugendliche eine adäquate Vorstellung über Erdölvorkommen haben, als in den Parallelklassen. Besonders deutlich scheint dieser Effekt in der Volksschule zu sein. In der Projektklassen der Volksschule haben über achtzig Prozent der Lernenden eine adäquate Vorstellung, bei den Parallelklassen sind es unter zehn Prozent. In der Sportmittelschule ist der Unterschied kleiner. Auch in den Parallelklassen haben sechzig Prozent  der Lernenden eine adäquate Vorstellung. Bemerkenswert ist, dass die Präkonzepte der Erwachsenen mehrheitlich ebenfalls nicht adäquat sind. Die Art der Ausbildung der Erwachsenen hat praktisch keinen Effekt darauf (Fridrich 2011). 

Schlussfolgerung und Kritik

Der handlungsorientierte und forschende Ansatz scheint einen grossen Effekt auf die Ausbildung einer adäquaten Vorstellung zu haben. Da aber auch andere Faktoren wie zum Beispiel die kognitiven Fähigkeiten eine Rolle spielen, darf diesem Befund jedoch nicht zu viel Gewicht beigemessen werden. Auch ist zu erwähnen, dass die Projektklassen sich intensiver mit dem Thema auseinandergesetzt haben als die Parallelklassen. Die Arbeit kann jedoch Ansatzpunkt für weitere Untersuchungen sein (Fridrich 2011).

Diskussion und Schlussfolgerung

Die Studien zeigen, dass unter zehn Prozent der Erwachsenen über eine adäquate Vorstellung von Erdölvorkommen verfügen. Es ist also enorm wichtig, sich bewusst zu sein, dass es zu diesem Thema viele Fehlkonzepte gibt. Den Unterricht sollte man deshalb darauf ausrichten, dass die Schülerinnen und Schüler ihre Fehlkonzepte erkennen, überdenken und ändern. Eine Möglichkeit besteht im klassischen Conceptual Change Ansatz, eine weitere ist der in Studie 2 beschriebene handlungsorientierte und forschende Workshop. Konkret heisst das, dass man sich zur Unterrichtsvorbereitung an dem oben vorgestellten Aufbau des Workshops orientieren kann.

Als direkte Konsequenz für den RZG-Unterricht lässt sich sagen, dass es viele Fehlkonzepte im Bereich Erdöl gibt und es sich lohnt, dieses Thema anzuschauen und dabei besonders auf Conceptual Change zu achten.

Literatur

D-EDK (2016): Lehrplan 21. Räume, Zeiten, Gesellschaften. Kompetenzaufbau 3. Zyklus. https://v-fe.lehrplan.ch/lehrplan_printout.php?k=1&z=3&ekalias=0&fb_id=6&f_id=4  (09.10.2019).

Erdöl – schwarze Pest. (2018). Abgerufen 9. Oktober 2019, von Greenpeace website: https://www.greenpeace.de/themen/endlager-umwelt/oel

Fridrich, C. (2009). Zur Nachhaltigkeit der Umstrukturierung von Alltagsvorstellungen – oder: Bilder von „Erdölseen“ bei Erwachsenen. GW-Unterricht(115), 8.

Fridrich, C. (2011): Alltagsvorstellungen von Schülern und Erwachsenen im Vergleich. Weiterentwicklung von Präkonzepten im GW-Unterricht Everyday concepts held by pupils compared to adults. Development of preconcepts in geography and economics teaching. In: Mitteilungen der Osterreichischen Geographischen Gesellschaft 2011 (November). S. 221–236.

skeeze. Öl-Pumpe-Buchsen. Bild. [https://pixabay.com/de/photos/%C3%B6l-pumpe-buchsen-energie-industrie-1425456/; 9.10.2019].

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Erdöl-Pumpe (skeeze)

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