Florian Grob, Noëmi Fischer
Dozentin: Dr. Kathrin Viehrig
Zitieren als: Grob, F., Fischer, N. (2019): PH FHNW, Windisch.
Einleitung
Energie ist als lebensnotwenig zu sehen, da ohne Energie keine Umwandlung stattfinden kann, was die Basis jeglicher Prozesse ist (vgl. Schabbach & Wesselak: 2012).
In den letzten vierzig Jahren hat sich die Thematik der Energie stark gewandelt. Sowohl in der Forschung, der Benutzung und in der politischen Diskussion hat das Thema einen anderen Stellenwert gewonnen (vgl. BFS: 2019). Infolgedessen haben sich auch Lehrmittel, Lehrpläne und Didaktisierungen verändert und fokussiert. Auch werden dadurch die Präkonzepte von Schülerinnen und Schüler beeinflusst und die Vorstellungen verändern sich mit dieser – vor allem der öffentlichen – Diskussion. So rücken erneuerbare Energien zunehmend in den Fokus (vgl. Prehl: 2018).
Im Folgenden werden zwei verschieden Studien bezüglich Vorstellungen von SchülerInnen zu (erneuerbarer) Energie vorgestellt.
Studie 1
Im Rahmen einer Forschung für ein Testinstrument zur Erhebung von Schülervorstellungen, publizierten Behle & Wilhelm 2018 neue Erhebungen bezüglich den Schülervorstellungen von Energie. Dabei setzten sie ihre Ergebnisse auch in den Kontext früherer Erhebungen und verwiesen so auf die Entwicklung dieser Präkonzepte (vgl. Behle & Wilhelm: 2018).
Forschungsverfahren
Einerseits wurde eine Replikationsstudie des Assoziationstests zum Begriff der Energie mit Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufen 8 und 9 durchgeführt. Diese Art der Forschung ermöglicht ein Visualisieren der Kontexte, in welche die Jugendlichen ihr Wissen einbetten. Ausgehend von Begriffen zu denen Assoziationen gemacht werden sollen, wurden nach Beispielen und Beschreibungen gefragt (vgl. Behle & Wilhelm: 2018).
Andererseits wurden 15 qualitative leitfadengestützte Interviews zur Erhebung der Rahmenkonzepte durchgeführt. Dabei wurde auf die Kategorien von Watts zurückgegriffen und in einer deduktiven Analyse die Aussagen diesen zugeordnet (anthropozentrische Energie, funktionale Energie, produzierte Energie, Energie als Aktivität, Energie als Zutat, gelagerte Energie, transferierte Energie). In einem zweiten Schritt wurden zwei neue Kategorien durch ein induktives Vorgehen definiert (Energie als Katalysator/Antrieb, partiell transferierte Energie)(vgl. Behle & Wilhelm: 2018).
Ergebnisse
Die Ergebnisse der Assoziationstests bestätigten den Trend, dass die Vorstellungen von Energie im Sinne von Treibstoff weiter in den Hintergrund rücken. Dies wurde bereits in den vorhergehenden Replikationsstudien festgestellt. Dafür steigt die Anzahl Nennung von «elektrischer Strom» signifikant zur ersten Erhebung von Duit an. Die detaillierte Entwicklung kann der Tabelle entnommen werden (vgl. Behle & Wilhelm: 2018).
Abbildung 1: Assoziationen aufgeschlüsselt nach Erhebungen (Grob, Fischer, 2019)
Bezüglich der Rahmenkonzepte ist festgestellt worden, dass die Kategorien Energie als Aktivität und Energie als Zutat nur zwei oder drei Nennungen hatten, wodurch sie an Gewicht verloren. Viel deutlich jedoch wurde, dass die Schülerinnen und Schüler Energie kontextabhängig erklärten, wodurch sie (je nach Kontext) mehreren Kategorien zuzuordnen sind. Allerdings entstanden die in Abschnitt «Forschungsverfahren» genannten neuen Kategorien (vgl. Behle & Wilhelm: 2018).
Studie 2
Sybille Hüfner, Kai Niebert und Simone Abels publizierten 2016 eine Studie, welche sich mit der Energiewende im Kontext des Biologieunterrichts befasst (vgl. ebd.: 2016).
Forschungsverfahren
Die Studie wurde mit 27 Achtklässler in verschiedenen Schulformen durchgeführt, wobei die qualitativen Leitfadeninterviews mittels bebilderten Karten zu Energieträgern erweitert wurden. Die Aussagen wurden in einem deduktiven Auswertungsverfahren den zuvor gebildeten Kategorien, welche aus wissenschaftlichen Literaturquellen entstanden, zugeordnet (vgl. Hüfner, Neiber & Abels: 2016).
Ergebnisse
Die Ergebnisse sind in unterschiedliche Kategorien aufgeteilt:
«Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt»
(Hüfner, Neiber & Abels: 2016, S. 32-33)
SuS gehen davon aus, dass erneuerbare Energien keine negativen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt haben. Im Gegensatz dazu lassen sich Vorstellungen finden, dass Kernenergie (Atommüll und Risiken von Unfällen) negative Auswirkungen haben. Dementsprechend gelten erneuerbare Energien als «sauberer» (vgl. Hüfner, Neiber & Abels: 2016).
«Erhaltung der Energieträger nach der Nutzung»
(Hüfner, Neiber & Abels: 2016, S. 34)
Die Schülerinnen und Schüler stellen sich diesbezüglich vor, dass erneuerbare Energieträger nach ihrer Nutzung erhalten bleiben und nicht-erneuerbare Energieträger bei der Nutzung vernichtet werden (vgl. Hüfner, Neiber & Abels: 2016).
«Erzeugbarkeit der Energieträger»
(Hüfner, Neiber & Abels: 2016, S. 34-35)
Die Studie zeigt, dass Schülerinnen und Schüler davon ausgehen, dass erneuerbare Energieträger herstellbar oder ersetzbar sind, während nicht-erneuerbare nur einmal vorkommen und diese weder durch Mensch noch Natur (nach-) produziert werden können.
«Vorhandene Verfügbarkeit der Energieträger»
(Hüfner, Neiber & Abels: 2016, S. 35)
Während erneuerbare Energieträger in den Vorstellungen als unbegrenzt vorhanden erscheinen, ist das Vorkommen von nicht-erneuerbaren Energien nur begrenzt (vgl. Hüfner, Neiber & Abels: 2016).
««Natürlichkeit» der Energieträger»
(Hüfner, Neiber & Abels: 2016, S. 35-36)
Schülerinnen und Schüler assoziieren die erneuerbaren mit natürlich und nicht-erneuerbar mit künstlich, wobei eine klare Trennlinie entsteht (vgl. Hüfner, Neiber & Abels: 2016).
Fazit – Konsequenzen für den Unterricht
Schülerinnen und Schüler scheinen die erneuerbaren Energien im Allgemeinen sowie die Lagerungen (z.B. in Akkus) in ihre Präkonzepte eingebaut zu haben. Ebenso verbinden sie mit erneuerbaren Energien einerseits weniger Gefahren (Gesundheit & Umwelt) als auch mehr Natürlichkeit und Erhaltung. So kann man davon ausgehen, dass dies in der Lebenswelt an Wichtigkeit sowie Präsenz gewonnen hat, wodurch solche Präkonzepte entstanden sind. Drei Hauptaussagen sind für das Unterrichten von «Energie» als besonders wichtig hervorzuheben:
- Die Studien zeigen, dass sich Schülerinnen und Schüler Energie eigenständig nicht definieren können, respektive diese immer an einen bestimmten Kontext knüpfen. Wie umfassend und lebensnahe (-notwendig) ist, wäre hier unbedingt zu klären, da es sonst – wie in den Erhebungen ersichtlich – lediglich zu Verbindungen mit konkreten Energieträgern oder Aktionen wie Sport kommt.
- Die Assoziationstests zeigen eine veränderbare und nicht stabile Präkonzept-Bildung der Schülerinnen und Schüler im Bereich der Energie auf. Mitunter durch die schnelle Entwicklung der Technik aber auch der politische Diskurs bezüglich der Energieträger scheinen einen erheblichen Einfluss darauf zu nehmen. Dementsprechend ist festzuhalten, dass es unabdingbar erscheint, die Vorstellungen der Lernenden immer wieder zu erheben (Behle & Wilhelm haben dazu eine quantitative Erhebung erstellt, welche dies möglich machen sollte).
- Schülerinnen und Schüler scheinen die erneuerbaren Energieträgern gegenüber der nicht-erneuerbaren Energieträgern klar positiv zu bewerten. Demnach wäre es sinnvoll hier anzuknüpfen und für Aufklärung zu sorgen. Welche Bedingungen an die erneuerbaren sowie nicht-erneuerbaren Energien geknüpft sind, welche Natürlichkeit und Erzeugbarkeit die Energieträger wirklich besitzen, kommt aus den Befragungen nicht eindeutig hervor, scheinen aber nicht differenziert erarbeitet worden zu sein.
Abbildungsverzeichnis
Grob, F., Fischer, N. (2019): PH FHNW, Windisch.
Literaturverzeichnis
BFS (Bundesamt für Statistik) (2019): Energie. Panorama. https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/energie.assetdetail.7846600.html, 24.10.2019
Behle, Julia & Wilhelm, Thomas (2018): Ein Testinstrument zur Analyse von Schülervorstellungen über Energie. Didaktik der Physik, Frühjahrstagung – Würzburg 2018.
Prehl, Anna-Leena (2018): Erhebung von Schülervorstellungen zur Energie in der Grundschule. Goethe-Universität Frankfurt am Main. Institut für Didaktik der Physik. http://www.thomas-wilhelm.net/arbeiten/SchuelervorstellungenEnergie.pdf, 24.10.2019
Schabbach, Thomas & Wesselak, Viktor (2012): Energie: die Zukunft wird erneuerbar. Berlin: Springer Vieweg.
Hüfner, Sybille & Nieber, Kai & Abels, Simone (2016). Vorstellungen von Schüler_innen und Wissenschaftlern_innen zu erneuerbaren und nicht-erneuerbaren Energien. Erkenntnisweg Biologiedidaktik, Band 15, S. 25-39.