Menu Schließen

Präkonzepte zu Vulkanismus

Präkonzepte Vulkanismus 

 Abbildung 1: Vulkan

Zitieren als: Rohrer, Stefanie und Hefti, Julia (2021): Präkonzepte Vulkanismus. PH FHNW; Windisch.

Einführung

Der Lehrplan 21 verlangt die Kompetenz: «Die Schülerinnen und Schüler können sich über aktuelle Naturereignisse informieren und deren Ursache erklären» (BKS, 2018, S. 353). Zu diesen Naturereignissen gehört auch der Vulkanismus. Da jeder Schüler und jede Schülerin vor der Behandlung des Themas eine gewisse Vorstellung von Vulkanen hat, ist es sinnvoll, diese Vorstellungen der Schüler*innen zu kennen und in den Unterricht miteinzubeziehen.

Nachfolgend werden zwei Studien vorgestellt, die sich mit Präkonzepten von Schüler*innen und Student*innen zum Thema Vulkanismus befassen. Dabei werden die Studien jeweils mit ihren Methoden und Ergebnissen kurz vorgestellt sowie Schlussfolgerungen für den Unterricht gezogen. Der Fokus der Ergebnisse liegt auf den räumlichen Einflüssen, also der Nähe zu einem Vulkangebiet und dem Aufbau eines Vulkans. Auf Ergebnisse zum Verständnis von Vulkanausbrüchen, die aus der zweiten Studie von Parham et al. (2010) stammen, wird hier nicht weiter eingegangen.

Studie 1: Otto/Theofilos/Edler (2020)

Die Studie von Otto, Theofilos und Edler (2020) untersucht das Wissen von Schüler*innen zu Vulkanen an zwei Deutschen Schulen in Ecuador. Befragt wurden Schüler*innen der sechsten Klasse, die das Thema Vulkanismus noch nicht im Unterricht behandelt hatten. Daneben wurden auch Schüler*innen der Jahrgangsstufe 12 befragt. Untersucht werden soll neben dem Vorwissen auch der Einfluss des Standortes auf das Wissen zu der Entstehung und dem Aufbau von Vulkanen.

Methodik

Die Schüler*innen mussten „insgesamt vier verschiedene Aufgaben [lösen], mit denen das Wissen «[…]zum Aufbau und zur Entstehung von Vulkanen gemessen wurde» (Otto/Theofilos/Edler, 2020, S. 107). Zu jedem Teilbereich mussten die Schüler*innen eine Zeichnung anfertigen, die anschliessend von drei Gutachtern systematisch ausgewertet wurde, indem sie die Zeichnung mit Punkten bewerteten. Daneben wurde zu jedem Teilbereich auch eine Wissensabfrage mithilfe von Auswahlaufgaben durchgeführt (Otto/Theofilos/Edler, 2020, S. 107/108).

Ergebnisse

Die Studie konnte feststellen, dass das Wissen über die Entstehung von Vulkanen von der Jahrgangsstufe und dem Schulstandort gesteuert wird. Obwohl in Quito (liegt im Hochrisikogebiet eines Vulkanes) und Guayaquil (liegt in keinem Hochrisikogebiet) die Behandlung von Vulkanen in den Lehrplänen ähnlich ist, wurde bei den Oberstufenschüler*innen in Quito ein höheres Wissen zum Aufbau von Vulkanen festgestellt. Dieses höhere Wissen kann mit der Nähe zum Hochrisikovulkan begründet werden, denn die Nähe zum Vulkan vermag die Schüler*innen dazu anzuregen, die Entstehungsprozesse der Vulkane intensiver zu verinnerlichen (Otto/Theofilos/Edler, 2020, S. 114/115).

Gleichzeitig konnte auch festgestellt werden, dass Schüler*innen in erster Linie Stratovulkane gezeichnet haben und keine Schildvulkane. Das Schülerwissen wird demnach offenbar durch die bekanntesten ecuadorianischen Stratovulkane geprägt. In der Abbildung 1 sind Zeichnungen der Schüler*innen abgebildet. Die Zeichnung a ist aus der sechsten Klasse von Quito und die Zeichnung b von der sechsten Klasse in Guayaquil. Von der zwölften Klasse in Quito ist die Zeichnung c und von der zwölften Klasse in Guayaquil die Zeichnung d (Otto/Theofilos/Edler, 2020, S. 109/110).

Abbildung 1: Schülerzeichnungen zum Aufbau von Vulkanen

Generelle Ergebnisse zum Wissen von Schüler*innen über Vulkane (Otto/Theofilos/Edler, 2020, S. 109ff.):

  • Die Schüler*innen haben die Vulkane in der Regel zu steil gezeichnet.
  • Ein Schüler*in aus der 12 Klasse hat den Vulkan mit Schnee oder einem Gletscher gezeichnet.  
  • Vulkane werden in der Regel als Stratovulkane dargestellt.
  • Schüler*innen konnten Schlackenkegel als Vulkangebäude erkennen, da sie Ähnlichkeiten mit Stratovulkanen haben.
  • Lavadom und Caldera konnten nur von wenigen Schüler*innen erkannt werden. Dies ist aber nicht unerwartet, denn diese zwei Vulkantypen zählen zu den komplexeren Vulkangebäuden. 
  • Schlakenkegel hingegen wurden mit 67,4% gleich häufig als Vulkantyp angekreuzt wie der Stratovulkan. Als Grund dafür wird im ähnlichen Aufbau dieser beiden Vulkanarten vermutet.
Schlussfolgerungen für den Unterricht

Durch die Studie wird ersichtlich, dass sich Schüler*innen Vulkane als Stratovulkane vorstellen, obwohl unterschiedliche Arten von Vulkanen thematisiert wurden. Demnach muss vermehrt auf diese einseitige Vorstellung eingegangen und diese thematisiert werden.

Studie 2: Parham et al. (2010)

Die von Parham et al. untersuchte Studie wurde in den Jahren 2006-2007 durchgeführt und 2010 publiziert. Mit dem Erhebungsinstrument, welches aus einer Umfrage mit freier Antwortmöglichkeit (zehn offene Fragen) und einem demografischen Fragebogen (Geschlecht, Alter, Hauptfach, usw.) bestand, wurden die Präkonzepte von Studierenden zu Vulkanen von fünf US-amerikanische Colleges und Universitäten untersucht. Die Daten stammen von 672 Probanden (Studierende, die geowissenschaftliche Kurse besuchen) wovon 53.1% weiblich und 46.9% sind. Die Studie wurde anschliessend quantitativ ausgewertet (Parham et al., 2010, S. 178-180).

Ergebnisse

Lage der Vulkane
Diese Frage wurde von 512 Student*innen beantwortet. Der Anteil zwischen korrekten und inkorrekten Vorstellungen liegt ungefähr bei 50%. 258 Probanden können ein Muster in der globalen Verteilung von Vulkanen erkennen und dieses mit der tektonischen Aktivität in Verbindung bringen. Hingegen resultiert bei den anderen 254 Probanden, dass sie einerseits kein globales Verteilungsmuster von Vulkanen und andererseits die Zusammenhänge und Mechanismen, welche für solche Muster verantwortlich sind, nicht erkennen. Es werden verschiedene Vorstellungen ersichtlich. 17% der Probanden lokalisieren Vulkane «an nahe gelegenen Gewässern». 15.2% «verbinden Vulkanismus mit ‘heissen’ oder ‘tropischen’ Klimazonen in ‘Äquatornähe’» (übersetzt). 6% meinen, «dass Vulkane aus ‘felsigem’, ‘rauen’ oder ‘gebirgigem’ Terrain» entstehen. Wiederum meinen 11% der Student*innen, dass es «kein Muster» der Lokalisierung von Vulkanen gibt oder «dass dies Willkür sei» (Parham et al., 2010, S. 181-182).

Probanden und ihre Fächer
Männliche Studenten (Mittelwert: 7.838) schneiden besser ab als weibliche Studentinnen (Mittelwert: 6.090). Des Weiteren spielt der geographische Standort eine wichtige Rolle. «Studierende der Western Washington University, der einzige teilnehmenden Schule in einem vulkanischen Gebiet», erzielen bessere Resultate als Student*innen von anderen Universitäten (Parham et al., 2010, S. 182-183).

Ein signifikanter Unterschied in der Gesamtbewertung erzielte der t-Test, welcher Studierende aus allgemeinbildenden Studiengängen mit solchen aus naturwissenschaftlichen Studiengängen verglich. Die Analyse des Gesamtdatensatzes bestätigt, «dass ‘STEM-Studierende’ signifikant besser abschneiden als ‘Nicht-STEM-Studierende’» (übersetzt). Zudem erzielen «Studierende aus naturwissenschaftlichen Fächern höhere Bewertungen als andere Gruppen». Im Kontrast dazu «zeigen Studierende von Erziehungswissenschaften relativ tiefe Bewertungen» (Parham et al., 2010, S. 182-183).

Vulkan, Lava und Magma
Aus den beiden Fragen, welche sich mit der Unterscheidung zwischen Lava und Magma sowie eines ausbrechenden Vulkanes beschäftigten, resultieren hohe Punktzahlen der Student*innen. Sie kennen die Schlüsselbegriffe (Lava und Magma) und können Merkmale eines Ausbruchs erkennen (Parham et al., 2010, S. 184).

Aufbau eines Vulkans
Die Probanden erzielen bei der Frage, einen dreidimensionalen Querschnitt zu zeichnen, niedrige Punktzahlen, was zur Folge hat, dass Studierende den Aufbau eines Vulkans nicht tiefgründig verstehen oder Schwierigkeiten des räumlichen 3-D-Denken aufweisen (Parham et al., 2010, S. 184).

Hervorgehoben wird an dieser Stelle aber, dass «Studierende die Topologie von Vulkanen offenbar gut verstehen» und «dass nicht alle Vulkane gleich geformt sind» (übersetzt). Folglich wissen die Studierenden bereits, dass nicht alle Vulkane gleich aussehen (Parham et al., 2010, S. 184).

Schlussfolgerungen für den Unterricht

Durch die Studie wird ersichtlich, dass das Verständnis der Student*innen über vulkanische Prozesse begrenzt, grösstenteils nicht fundiert und von Missverständnissen geprägt ist. Verknüpfungen zur Plattentektonik werden oft nicht verstanden. In Bezug zur Verteilung von Vulkanen weichen die Studierendenvorstellungen auseinander (Parham et al., 2010, S. 181-182). Männliche und an naturwissenschaftlichen Fächern interessierte Probanden schneiden besser ab (Parham et al., 2010, S. 186) wie auch Student*innen der Western Washington University, welche in Vulkannähe lokalisiert ist (Parham et al., 2010, S. 182-183).

Folglich ist es für den Unterricht wichtig, dass eine Lehrperson möglichst viele Lernende abholen und somit auch das Interesse und die Motivation aller Lernenden für den Inhalt eines Themas in Geographie oder anderen Fächern wecken kann. Dabei spielen Präkonzepte von Schüler*innen oder Student*innen eine wichtige Rolle. Vorstellungen von Zeichnungen zum Aufbau von Vulkanen sollten in den Unterricht miteinbezogen werden, um beispielsweise mittels Modelle vom Vulkanaufbau einen Conceptual Change zu ermöglichen. Des Weiteren liessen sich auch Film(ausschnitte) mit verschiedenen Vulkanbeispielen (Stratovulkanen, Schildvulkanen usw.) zeigen, welche die Schülerinnen und Schüler anschliessend auf einer thematischen Karte lokalisieren müssten, um Zusammenhänge der Lage von Vulkanen zu erarbeiten.

Diskussion und Schlussfolgerungen für den Unterricht

Aus den beiden Studien geht hervor, dass die Nähe zu Vulkanen einen Einfluss auf die Schülervorstellung hat. Je näher der Standort war, desto besser war das Vorwissen der Schüler*innen in Bezug auf Vulkanismus.
Des Weiteren lässt sich aus beiden Studien erschliessen, dass bei den Lernenden Unsicherheiten in Bezug zum Aufbau eines Vulkanes bestehen. Aus der Studie 1 geht hervor, dass den Lernenden Stratovulkane oder Vulkantypen, welche diesen ähneln, am präsentesten sind. Dies kann mit der Nähe zu vulkanisch aktiven Gebieten in Verbindung gebracht werden (Otto/Theofilos/Edler, 2020).
Im Gegensatz dazu wird aus der Studie 2 ersichtlich, dass den Lernenden bereits bewusst ist, dass Vulkane unterschiedliche Formen aufweisen können (Parham et al., 2010).
Unterschiede lassen sich auch bezüglich dem Interesse feststellen. In der Studie von Parham et al. (2010) wird explizit auf die Probanden und deren Interesse an naturwissenschaftlichen Fächern hingewiesen, was zu signifikanteren Ergebnissen führt. Zudem geht aus derselben Studie hervor, dass die Studenten die Schlüsselbegriffe Lava und Magma kennen. Im Gegensatz dazu zeigt die Studie von Otto, Theofilos und Edler (2020) auf, dass nur wenige Schüler*innen, wie erwartet, Lavadom und Caldera erkennen, was auf die Komplexität dieser Vulkangebäuden zurückzuführen ist.
 Allgemein kann gesagt werden, dass den Präkonzepten unserer Lernenden bereits früh eine zentrale Bedeutung zugeschrieben werden sollte. Die Lehrpersonen müssen diese berücksichtigen und in ihren Unterricht integrieren, um einen Conceptual Change zu ermöglichen. So können Fehlvorstellungen ergründet und entsprechend behoben werden.
Aus den gewonnenen Erkenntnissen der beiden Studien lassen sich für den Unterricht wichtige Schlussfolgerungen ziehen. Beispielsweise sollte den Lernenden verschiedene Arten von Vulkanen gezeigt werden, um ihre Vorstellung von Vulkanen als Stratovulkane zu verändern. Dennoch führt eine Thematisierung der verschiedenen Vulkantypen nicht zwingend zu einer Veränderung der Schülervorstellungen wie aus der Studie 1 ersichtlich wird (Otto/Theofilos/Edler, 2020). Zudem sollten Lehrpersonen versuchen, das Interesse möglichst vieler Schüler*innen zu wecken, was wiederum zu mehr Motivation führen kann. Eine gestärkte Motivation kann beispielsweise mit Alltagsbezügen (Vulkane im Urlaub) oder einem Vulkanmodell erzielt werden. Der Einsatz eines Concept Cartoon im Unterricht wäre sicher spannend und könnte mit einem Bild eines ausbrechenden Vulkans thematisiert werden. Ein Beispiel für einen solchen Concept Cartoon wird untenstehend abgebildet.

Abbildung 2: Concept-Cartoon zum Thema Vulkanismus

https://lehrerfortbildung-bw.de/u_matnatech/bio/gym/bp2004/fb7/1_hetero/3_assessment/2_cartoon/2_vor/


Um die Thematik des Vulkanismus tiefgründiger verstehen zu können, lassen sich mögliche Verknüpfungen insofern herstellen, indem den Schüler*innen beispielsweise Zusammenhänge mit der Plattentektonik und dem Aufbau der Erde aufgezeigt und erklärt werden. Des Weiteren könnte für Schweizer Schulen, welche von vulkanisch aktiven Gebieten weiter entfernt lokalisiert sind, interessant sein, inwiefern Vulkanausbrüche Auswirkungen auf ihr Land haben.

Quellen

BKS (2018): Aargauer Lehrplan Volksschule. Gesamtausgabe. Aarau: Departement Bildung, Kultur und Sport. [https://ag.lehrplan.ch/index.php?code=a|6|4|1|0|3; 25.10.2021]

Otto, Karl-Heinz; Toulkeridis, Theofilos und Edler, Dennis (2020): Beeinflusst die räumliche Nähe das Wissen über den Aufbau und die Entstehung von Vulkanen? – Eine empirische Fallstudie an zwei Deutschen Schulen in Ecuador [https://edoc.hu-berlin.de/bitstream/handle/18452/22792/ZGD%203%2020%20Otto%20et%20al.pdf?sequence=3&isAllowed=y; 28.09.2021]

Parham, Thomas; Cervato, Cinzia; Gallus, William; Larsen, Michael; Hobbs, Jon; Stelling, Pete; Greenbowe, Thomas; Gupta, Tanya; Knox, John und Gill, Thomas (2010): The InVEST Volcanic Concept Survey: Exploring Student Understanding About Volcanoes [https://www.tandfonline.com/doi/abs/10.5408/1.3544298; 3.10.2021]

Abbildungsverzeichnis:

Abbildung 1: Vulkan. Frei und online verfügbar unter: https://www.pexels.com/de-de/foto/schnee-holz-licht-dammerung-8252653/, aufgerufen am 28.10.2021

Abbildung 2: Concept-Cartoon zum Thema Vulkanismus. Erstellt von Stefanie Rohrer und Julia Hefti nach Vorlage von: https://lehrerfortbildung-bw.de/u_matnatech/bio/gym/bp2004/fb7/1_hetero/3_assessment/2_cartoon/2_vor/, 2aufgerufen am 8.10.2021

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert