Bei der Reflexion lassen sich wie bei der Prospektion die sichtbaren Zeichen in sprachliche und aktionale Handlungen unterteilen. Wie die Videoauswertungen zeigten, ist nicht nur der Modus verbal oder aktional von Bedeutung, sondern auch der Gegenstand auf den sich Wahrnehmungen, Urteile und Schlussfolgerungen der Kinder beziehen und sie veranlassen, ihre Entscheidungen zu revidieren.
Die analysierten Videosequenzen machten deutlich, dass die Kinder während oder nach der Realisierung von Ideen das handwerkliche und konstruktive Vorgehen und die entstehenden Produkte beurteilten und Rückschlüsse zogen.
Besonders deutlich liess sich dies beim Umgang mit den Werkzeugen beobachten. Werkzeugwahl und Nutzung wurden rasch optimiert, wenn ihr Gebrauch sich als mühsam oder wenig wirksam erwies. So konnte festgestellt werden, dass bei manuellen Tätigkeiten, die aufgrund einer ungeeigneten oder unsachgemäßen Ausführung Schwierigkeiten bereiteten, die Handhabung des Werkzeugs verändert wurde. Zeigten die Änderungen nicht die erhoffte Wirkung, wurde nach weiteren Optimierungen gesucht.
Weitere reflexive Handlungen, die durch verbale Äußerungen oder durch eine Veränderung des Verhaltens deutlich wurden, bezogen sich auf:
Zusammenfassend konnte festgehalten werden, dass die sechs- und achtjährigen Schülerinnen und Schüler beim Lösen problemorientierter Gestaltungsaufgaben reflexive Handlungen zeigten, die verbaler und aktionaler Art waren. In verbalen Äußerungen kam zu Ausdruck, dass die Kinder Prozesse, die in Zusammenhang mit der Ausführung einer Idee standen, sowohl bei sich selbst wie auch bei anderen Kindern wahrnehmen, beurteilen und kommentieren.
Gegenseitige Kritik, die sich auf den Werkzeuggebrauch, auf konstruktive Vorgehensweisen oder auf die Genauigkeit angefertigter Teile bezog, wurde von Lernenden meist ohne Vorbehalte angenommen. Sie bewirkte eine unmittelbare Veränderung des handwerklichen Vorgehens und als Folge davon meist eine Verbesserung der Ergebnisse, indem eine geänderte Verfahrenstechnik sich als effizienter erwies und zu akkurateren Ausführungen führte. Das Wahrnehmen und Urteilen von Prozessen und Produkten bewirkte, dass die Schülerinnen und Schüler ihre handwerklichen und konstruktiven Vorgehensweisen optimierten. Reflexive Handlungen im Sinn metakognitiver Betrachtung von Lösungsstrategien konnten nicht beobachtet werden
In den analysierten Sequenzen wurde deutlich, dass die Schülerinnen und Schüler sehr rasch bereit waren, aufgrund eigener Feststellungen oder auf Rat anderer Kinder ein handwerklich-technisches Verfahren zu ändern und für ihre Vorhaben eine andere Vorgehensweise oder andere Werkzeuge zu nutzen. Diesbezüglich konnten sie sehr gut Hinweise und Optimierungsvorschläge von außen annehmen. Die Videoanalysen machten hingegen deutlich, dass Kindern das kritische Überdenken der eigenen Idee in ihrer Gesamtheit nicht so leicht möglich war. Dies galt besonders für die Altersgruppe der Sechsjährigen, die ihre eigene Idee meist nicht in Zweifel zogen, aber fähig waren, die Stärken und Schwächen der Ideen anderer Kinder kritisch zu beurteilen.
In den Gestaltungsprozessen zeigte sich, dass die Sechsjährigen bei der Feststellung von Differenzen zwischen fremdem und eigenem Tun dazu tendierten, das Eigene als richtig und das Fremde als falsch zu beurteilen. Ihr Verhalten erweckte den Eindruck, dass sie gar nicht damit rechneten, dass sich für eine Problemstellung auch andere Lösungen als die eigene anbieten könnten. Sie beurteilten die Resultate der anderen Lernenden aus einer egozentrischen Perspektive heraus und waren irritiert, wenn sie darin Unterschiede zu den eigenen Lösungen entdeckten. Dass sie fähig waren, Objekte kritisch zu betrachten und Verbesserungsmöglichkeiten sehr rasch zu erkennen, zeigte sich nicht in der Betrachtung der eigenen, sondern in der Einschätzung fremder Resultate. Die Beurteilung gefertigter Objekte fiel ihnen also leichter, wenn sich ihre Kritik nicht auf die eigene Arbeit, sondern auf die Produkte anderer beziehen konnten. Die Außensicht ermöglichte ihnen einen distanzierteren und kritischeren Blick auf die Qualitäten eines Produktes.
Den Achtjährigen gelang es besser, in den Differenzen verschiedener Ideen nicht die Infragestellung der eigenen Arbeit, sondern Varianten von Lösungen zu erkennen. Es war ihnen leichter möglich, sich von ihrem Vorhaben zu distanzieren, die Perspektive des anderen Kindes zu übernehmen und dessen Vorschlag als Option zu sehen. Diese Fähigkeit zur Distanzierung kam vor allem in Dialogen zum Ausdruck. Gespräche, in denen Kritik an einer Idee geäußert wurde, ergaben sich bei den Sechsjährigen eher in Konfliktsituationen, wenn zwei unterschiedliche Vorstellungen zum selben Vorhaben aufeinandertrafen und es eine Einigung brauchte. Bei den Achtjährigen waren beurteilende Äußerungen auch außerhalb solcher Aushandlungsprozesse zu beobachten und kamen auch dann zustande wenn, ein Kind die Produkte anderer betrachtete, ohne selbst daran beteiligt zu sein.