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Studierende berichten: Geomatik-Frühlingskolloquium vom 14. Mai 2024 – Von der Idee zum Produkt: Der Entwicklungsprozess der Leica AP20 AutoPole

27. Mai 2024

«Was ist am 20. April 2022 passiert?» Mit dieser Frage startete Hannes Maar das letzte Geomatik-Kolloquium des Frühlingsemesters 2024. In weltgeschichtlicher Hinsicht geschah an diesem Tag nichts Aussergewöhnliches, doch für die Leica Geosystems AG – Part of Hexagon war es der Release des Leica AP20 AutoPole ein grosser Tag. Der Leica AP20 dürfte in den Kreisen der Geomatikbranche bekannt sein. Er ist mit drei zusätzlichen Funktionen ausgestattet: Neigungskompensation, automatische Zielhöhenbestimmung und TargetID. Wie das Gerät entwickelt wurde, verriet uns Hannes Maar im Kolloquium.

Die Entwicklung eines neuen Produkts ist ein komplexer Prozess. Zuerst muss eine Idee vorhanden sein, die beim AP20 aus dem Team rund um Hannes Maar, Senior Produkt Engineer TPS bei Leica Geosystems AG – Part of Hexagon, entstand. Dafür werden die Probleme am Markt wie z.B. die aufwändige Lotstock-Horizontierung analysiert und der Stand der Technologie beachtet. Hat sich daraus eine konkrete Produktidee ergeben, folgt die erste Planungsphase, bei der unter anderem geklärt wird ob die nötigen Ressourcen dafür vorhanden sind.

Nach der Idee folgt der Business Plan mit einem detaillierten Geschäftsmodell, Anwendungsfällen für die Kundschaft und die konkreten Produktanforderungen. Beim Leica AP20 wurden über 250 Anforderungen definiert – wir finden, sehr viele für ein so kleines Gerät, welches kaum grösser ist als eine Konservendose. Abschliessend wird im Rahmen des Risikomanagement analysiert, wo es Probleme bei der Entwicklung geben könnte und welche Massnahmen dann getroffen werden müssen.

Nun wird in einem nächsten Schritt das Konzept entworfen, dafür wird mit allen Beteiligten aus der Produktion, wie Mechanik, Elektronik, Positionierung und auch mit der Softwareentwicklung zusammengearbeitet. Neben der Produktion sind auch schon Bereiche wie das Qualitätsmanagement, die Logistik und das Design involviert, was uns nicht bewusst war. Hannes Maar zeigte dazu ein Morphologie Beispiel, in dem als erste Idee eine Konservendose auf einem Lotstock den AP20 verkörpert und wie es dann weitergedacht wird bis zum Endprodukt (Abbildung 1).

Abbildung 1: Morphologie Beispiel – Von der ersten Idee mit einer Konservendose zum Produkt Leica AP20

Da ein Konzept mit einer neuen Technologie auch zu schützen ist, erfolgte noch vor der Entwicklung und Testphase die Anmeldung des Patents. In der Entwicklung werden die einzelnen Komponenten gebaut und auch gleich getestet. Jeder Prototyp wird einer ausgiebigen Testreihe unterzogen. Zum einen werden die Funktionalitäten geprüft, zum anderen wird getestet, wie der Prototyp vom Leica AP20 auf Umwelteinflüsse wie Niederschlag, Hitze oder Staub reagiert. Es wurde auch untersucht, wie ein Leica AP20 bei Stürzen reagiert, unter anderem mit dem sogenannten «Pick-Up-Test». Bei diesem wird das Gerät mit Schwung auf die Ladefläche eines Pick-Up Trucks geworfen – etwas, das offenbar in der Praxis öfters vorkommt. Im Gegensatz zu unserem sorgfältigen Umgang mit Instrumenten, sind wir schockiert, dass tatsächlich einige Benutzer und Benutzerinnen mit ihren Geräten nicht gerade zimperlich umgehen. Nach der ersten Testphase wird überprüft, welche definierten Anforderungen erreicht wurden oder auch nicht. Anhand des Resultats wird das Produkt ständig verbessert und wieder getestet, bis alle Anforderungen erreicht sind.

Ist das Produkt als Prototyp fertig, beginnt die Serienproduktion und die Vorbereitung für den Release. Dafür werden Bilder benötigt, die Webseite muss aktualisiert werden und Datenblätter und ein Benutzerhandbuch wird geschrieben. Daneben muss das Verkaufspersonal geschult werden und auch die Logistik für Lagerplanung und Bestellvorgang ist involviert. Sobald das alles abgeschlossen ist, folgt die Ankündigung sowie der Release des neuen Produkts.

Abbildung 2: Der Leica AP20 wird stets in Zusammenhang mit einem Tachymeter genutzt, hier im Einsatz mit einer Leica MS60

Der Weg von einer Idee bis zum fertigen Produkt dauert seine Zeit und verläuft kurvig mit Tiefpunkten und Höhenflügen. Beim Leica AP20 dauerte es ungefähr drei Jahre, bis er auf den Markt kam und benötigte ca. 250 Beteiligte mit unterschiedlichem Know-How, was uns erstaunte. Nach dem Release ist der Prozess jedoch noch nicht fertig, denn es folgen noch Schulungen und Kongresse, an denen der Leica AP20 der Öffentlichkeit präsentiert wird. Daneben gehört auch der technische Support, das LifeCycle Management und das Einholen von Feedback der Kundschaft zu den Aufgaben. Durch das Feedback können wieder neue Ideen entstehen und aus einer neuen Idee ein neues Produkt entstehen.

Abbildung 3: Hannes Maar bei der LiveDemo mit dem Leica AP20

Nach dem spannenden Vortrag von Hannes Maar folgte noch eine LiveDemo. Dabei zeigte er, wie der Leica AP20 praktisch einsetzbar ist (Abbildung 3), sowie einige Funktionalitäten, die nicht auf den ersten Blick ersichtlich sind. So kann beispielsweise der Spitz vom Lotstock abgeschraubt und oben auf das 360° -Prisma montiert werden. So sind auch bodennahe Aufnahmen möglich.

Es war sehr interessant, mehr über die Entstehung eines Produkts, wie wir es täglich nutzen, zu erfahren und die Arbeit, Abläufe und Überlegungen, die zu einem neuen Produkt führen, kennenzulernen.

Für die, die noch mehr erfahren möchten, finden sich hier weitere Informationen zum Leica AP20. Ein empfehlenswerter Beitrag zum Thema von Hannes Maar ist hier zu lesen.

Autoren: Geomatik Studierende im 4.Semester

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