Studierende berichten: Neue Horizonte vermessen- Ein Quereinsteiger im Geomatik-Studium
Hoi ich bin Marco und gelernter Schreiner. Warum ich einen Geomatik-Blog schreibe? Nun, ich bin Quereinsteiger und aktuell im 4. Semester des Studiums zum Geomatik-Ingenieur und erzähle dir hier, wie ich zum Geomatik-Studium kam und wie es mir – trotz gewissen «Struggles» – nach wie vor Freude bereitet, an der FHNW zu studieren.
Als erstes zu meiner Person: Ich bin verheiratet, 34 Jahre alt und habe vor dem Studium 12 Jahre als ausgelernter Schreiner gearbeitet. In dieser Zeit habe ich einen kleineren Teil auf Montage und den grösseren Teil in der Produktion von Möbeln, Brandschutztüren und Innenausbau-Produkten gearbeitet. Ausserdem habe ich während 10 Jahren im Betrieb die Lernenden ausgebildet. Meine Leidenschaft war es, die CNC-Maschine zu programmieren und allgemeine Produktionsabläufe zu optimieren und für komplizierte Innenausbau-Fragestellungen Lösungen zu suchen.
Mit der Zeit merkte ich, dass ich im Berufsleben weiterkommen und allenfalls ein Studium machen möchte. Also reduzierte ich mein Arbeitspensum auf 80% und ging Freitag/Samstag wieder zur Schule, um die Berufsmatur zu erlangen. Mit dem Abschluss wurde mir klar, dass ich gerne zur Schule gehe, was früher eigentlich nie so war. Es stellte sich die Frage: Soll ich «hölzig» bleiben oder eine komplett andere Herausforderung annehmen?
Nach einem Infoanlass vor Ort in Muttenz und einem Austausch mit den Dozenten Dante Salvini und David Grimm sowie zwei Studierenden, die mir einen guten Einblick gaben, meldete ich mich zum Studium an. Ausschlaggebend waren die spannenden Aufgaben, Themengebiete, die zu erwartenden Fächer, die mich interessierten wie auch der schöne Campus natürlich 😉.
Im Herbst 2022 begann das Studentenleben. Das Studium war interessant, aber als Quereinsteiger happig. Zuerst hiess es Grundlagenfächer aufbauen, den Wissensstand an die anderen Studierenden angleichen und lernen, lernen, lernen. Für mich waren viele Fachbegriffe neu und so verstand ich zeitweise nur Bahnhof. Als Schreiner kannte ich 360 Grad. Doch plötzlich hat der Kreis 400 Gon. Als Schreiner programmierte ich die CNC. Nun programmierte ich Python, SQL und Json. Vorher nutzte ich ein mir vertrautes Programmierprogramm, nun lerne ich fast wöchentlich ein neues Programm kennen. Schon als Schreiner interessierten mich technische Aspekte und wie Maschinen funktionieren. Im Studium lerne ich wie verschiedene Messsysteme funktionieren, wie zum Beispiel ein Tachymeter genau Winkelmessungen abtastet. Von der Ingenieurvermessung bis zur Satellitenortung und GIS gehört vieles dazu.
Neben den Pflichtfächern können Studierende auch aus den unterschiedlichsten Wahlkursen wählen. Meine «Top drei» waren bisher ein Resilienzkurs, ein Kurs zu parametrischem Design sowie ein handwerklicher Lehmbaukurs. In diesen Kursen konnte ich meinen Horizont erweitern und mich mit Studierenden aus der Architektur und dem Bauingenieurwesen interdisziplinär austauschen. Dabei konnten wir viel voneinander lernen.
Nach dem ersten Jahr Studium konnte ich mein gelerntes Wissen in der Sommerpause bei einem Praktikum bei der Jermann Ingenieure + Geometer AG in Arlesheim vertiefen. Dabei konnte ich wertvolle Erfahrungen der Ingenieur- und Bauvermessung mitnehmen und meine erste Deformationsmessung selbstständig durchführen und auswerten.
Ein Highlight im Studium war für mich der Feldkurs im letzten Herbst. Wir verbrachten zwei Wochen in Davos und vermassen mithilfe von Drohnen, Tachymeter und Laserscanning eine Schlittelpiste. Die gewonnenen Daten wurden im nachfolgenden Semester ausgewertet, sodass wir praxisorientiert lernen konnten. Ziel des Projekts war, dass die Pistenfahrzeuge unsere Daten und Modelle nutzen können, um ein optimales Snowmanagement für den Winter zu gestalten. Nebst den unzähligen Stunden draussen am Hang verbrachten wir Zeit mit der Klasse wie auch den Studierenden aus dem Jahr über uns und nutzen diese, um bei einem Gesellschaftsspiel oder einem gemeinsamen Bier Gemeinschaft zu pflegen, was ich sehr schätzte. Zudem konnten wir ein schönes Spätsommer Wochenende im Bündnerland geniessen, an dem wir zu viert klettern gingen.
Mein Fazit: Mit genug Biss und etwas technischem Verständnis kann man auch als Quereinsteiger oder Quereinsteigerin das Geomatik-Studium schaffen. Es spielt dabei keine Rolle, wie alt man ist und ob man vorher schon viele Berührungspunkte mit der Geomatik hatte. Auch 12 Jahre nach dem Lehrabschluss ist es möglich, nochmals etwas komplett Neues zu wagen. Manchmal braucht es die Extrameile als «Fachfremder», doch bringt man dafür Erfahrungen aus anderen Gebieten mit, die hilfreich sind, sodass es sich auf jeden Fall lohnt. Allen zukünftigen Quereinsteigenden rate ich: Sei offen, sei mutig, frag viel nach und hol Hilfe bei deinen Mitstudierenden und den Fachpersonen am Institut Geomatik. Wenn dich Geomatik interessiert, dann versuch es doch einfach und wir sehen uns im nächsten Herbst an der FHNW in Muttenz!
Autor: Marco Stampfli, Geomatikstudierender im 4. Semester
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