Forschung & Entwicklung

Das Rückgrat der medizinischen Versorgung bilden Krankenpflegerinnen

23. Oktober 2012
Christoph Pimmer, Sebastian Linxen und Urs Gröhbiel vom learning.lab erforschen den Einsatz von Mobilen Technologien und Sozialen Medien bei der Ausbildung von Kranken- und Pflegepersonal in Südafrika. Ihr Projekt wird von der DEZA/KFH gefördert.
Foto: Christoph Pimmer
  Christoph Pimmer, was ist Euer Forschungsziel? Unser Ziel ist es, KrankenpflegerInnen und Hebammen einen besseren Zugang zu medizinischem Wissen und entsprechenden Bildungsangeboten zu verschaffen. Im Fokus stehen die medizinische Versorgung von Kindern und Müttern sowie die Prävention von und der Umgang mit «HIV». Dazu sollen mobile Technologien eingesetzt werden, denn die Durchdringung der südafrikanischen Bevölkerung mit Mobiltelefonen ist ausserordentlich hoch, selbst in abgelegenen Gebieten. Ihr wart vor einiger Zeit in Südafrika und habt Interviews geführt. Das dringlichste Gesundheitsproblem dort ist HIV. Die Lage ist nach wie vor prekär: Jedes Jahr werden 63’000 Kinder mit HIV infiziert und die Lebenserwartung ist in den letzten 15 Jahren von 62 auf 52 Jahre gesunken. Viele Ärzte wandern aus; es fehlt an Personal. Das Rückgrat der medizinischen Versorgung in Südafrika bilden Krankenpflegerinnen. Jedoch arbeiten diese oft isoliert und haben kaum Zugang zu evidenzbasierten Informationen und Bildungsangeboten. Was hat Euch bei Euren Begegnungen und Beobachtungen speziell überrascht? In vielen ländlichen Spitälern gibt es kaum IT-Infrastruktur. Aber alle der befragten Krankenpflegerinnen nutzten Mobiltelefone mit Internetzugang, auch zu beruflichen Zwecken und für das informelle Lernen. Z.B. diskutieren sie in sozialen Medien wie der mobilen Applikation «WhatsApp» oder in Facebook-Gruppen berufliche Fragestellungen mit Kolleginnen und Mentoren; oder sie recherchieren mit ihren Smartphones medizinisches Wissen via Google. Sie werden übrigens von ihren Kindern dazu inspiriert, das Smartphone und soziale Medien zu nutzen; was ebenfalls eine wichtige Beobachtung ist. Wir haben es hier eindeutig mit einem Bottom-Up-Phänomen zu tun. Diese Praktiken der Wissensaneignung und beruflichen Vernetzung via Mobilgeräte und Social Media sind bereits vorhanden. Hier muss man anknüpfen. Konkret wie? Erstens soll das Gesundheitspersonal im kritisch-reflexiven Umgang mit diesen Medien geschult werden, z.B. was die gezielte Recherche oder die Glaubwürdigkeit von Quellen betrifft. Anderseits können durch diese mobilen, sozialen Medien so genannte «Community of Practices» etabliert werden, das sind Lern- und Arbeitsgemeinschaften, in denen sich das Pflegepersonal bei Frage- und Problemstellungen gegenseitig unterstützt. Drittens können diese Medien auch einen besseren Zugang zu universitären Bildungsangeboten eröffnen; wenn zum Beispiel Präsenzphasen an der Universität durch virtuelle Lernphasen überbrückt oder zum Teil ersetzt werden. In dieser Zeit kann die Kommunikation mit Dozierenden und Mentoren virtuell erfolgen. Das spielt bei den grossen Distanzen zwischen den Spitälern und der Universität eine grosse Rolle. Wie passt dieses Forschungsprojekt an die Hochschule für Wirtschaft FHNW? Dieses Projekt ist einerseits eine von mehreren Initiativen der Hochschule für Wirtschaft in Südafrika und soll die Internationalisierungsstrategie unserer Schule unterstützen. Konkret wird das learning.lab Möglichkeiten aufzeigen, wie Bildungsangebote unserer Hochschule in Ländern und Regionen mit geringer IT-Infrastruktur realisiert und unterstützt werden können. Der Einsatz von sozialen Medien in der Lehre ist schliesslich auch an der FHNW ein wichtiges Thema. So läuft derzeit eine Strategische Initiative «Social Media in der Lehre», an der auch das learning.lab beteiligt ist. Unsere Forschung in Südafrika hilft uns dabei, auch unsere eigenen Social-Media-Praktiken in der Lehre hier an der Hochschule aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten und zu reflektieren. Weitere Informationen: Projekt-Blog Kontakt: Christoph Pimmer, christoph.pimmer@fhnw.ch, T +41 61 279 18 49
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