Technologie & Kultur

«Das Image des Informatikers als Nerd wird sich selbst überholen»

15. November 2012
Am 8. November fand der Nationale Zukunftstag statt. Zahlreiche Mädchen und Jungs ergriffen im Rahmen verschiedener Projekte die Gelegenheit, geschlechtsuntypische Berufe und Lebensfelder zu entdecken. An der Hochschule für Wirtschaft führte das Institut für Wirtschaftsinformatik 26 Kinder auf spielerische Weise in seine Kernthemen ein. Rolf Dornberger, was stand auf dem Programm? RD: Wir stellten ein Set von Aufgaben mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden, welche die Kinder in kleinen Gruppen lösen mussten.  Die Aufgaben reichten von der Darstellung eines Kochrezeptes in einer Bildabfolge bis zum Dreh eines Werbespots für Schokolinsen mit einem Tablet. Dabei ging es nicht lediglich darum, die «richtigen» Resultate zu finden, sondern vor allem auch darum, dass die Kinder die Lösungen im Team entwickeln, ihre Neugierde für technische Themen entfacht und ihre Medienkompetenz gefördert wird. Wie war die Resonanz? Uns freut natürlich, dass sich 26 Kinder beteiligten;  wobei die Mädchen sogar in der Überzahl waren. Die Kinder haben sich gut und schnell organisiert, obwohl sie sich zum Teil nicht kannten. In dieser Hinsicht sind ja Kinder oftmals vorurteilsloser und offener als Erwachsene. Es gab sehr fantasievolle Lösungsansätze und auch kritische Einwürfe. So wollten zum Beispiel nicht alle gleich filmen, wie man vielleicht annehmen könnte. Fazit: Wir sind mit dieser ersten Durchführung sehr zufrieden. Sie war auch dahingehend inspirierend, dass wir Erwachsene nicht nur im Hinblick auf fertige Resultate testen oder forschen sollten. Was war fürs IWI die Motivation, sich am Zukunftstag zu beteiligen? Uns ist es ein Anliegen, den Menschen zu erklären, wie der Einsatz von Computern die Arbeitswelt und die Lebenswelt verändert hat und noch verändern wird. Ausserdem sind die Kinder von heute die potenziellen Studierenden von morgen. Wenn wir mit ihnen jetzt schon arbeiten und bei Ihnen einen guten Eindruck hinterlassen, dann ist die Chance gross, dass sie sich nach ihrer Schulausbildung daran erinnern und zu uns zum Studium zurückkommen. Das ist natürlich ein früher Ansatz, für unser Studienfach zu werben, aber vermutlich kann man damit nicht früh beginnen. Der Beruf des Wirtschaftsinformatikers ist ein klassischer Männerberuf. Das hängt auch mit dem Image zusammen, das ihm anhaftet, dem des «Nerdigen». Wie bekommt dieser Beruf dieses Image los? Ich glaube, dass dieses Image sich mit der Zeit selbst überholen wird. Die Durchdringung mit ICT ist mittlerweile so umfassend und das Spektrum des Berufsfeldes so breit, dass es sich schlicht nicht mehr auf den Nerd, der im stillen Kämmerlein etwas programmiert und dabei fast verhungert, reduzieren lässt. Da Geräte und Software ästhetisch immer ansprechender und leichter zu programmieren sein werden, wird es zunehmend Menschen beiden Geschlechts geben, die Computer, mobile Geräte und Internet nicht nur einsetzen, sondern auch gestalten, kombinieren und programmieren wollen und werden. In der Schweizer Informatikbranche fehlt grundsätzlich der Nachwuchs. Woran liegt das? Und welche Lösungsansätze gibt es für dieses Problem? Ich denke, wir müssen bei den Kindern wieder die Neugierde wecken, die Freude am Experimentieren mit der Technik. Das Wissen darum, dass sie nicht immer nur Leistung liefern müssen, sondern auch einfach mal ausprobieren können. Eine Lösung wäre die Förderung von technischen Spielwiesen; z.B. an Schulen oder in Museen. Das wünsche ich mir im Übrigen auch für uns Erwachsene an den Hochschulen: eine Art «Innovation Labs», wo wir erfinderisch tätig sein und unsere Ideen entwickeln können,  ohne gleich verwertbare Resultate vorlegen zu müssen. Schaut man sich einmal die Geschichten der bahnbrechenden Erfindungen etwas genauer an, so erkennt man, dass vielleicht 100 erfolglose Experimente nötig waren, um dann – nach kargen und demotivierenden Jahren – den Durchbruch zu schaffen. Sie haben Kinder. Wie erklären Sie Ihnen, was Sie beruflich tun? Sie wissen, dass meine Arbeit etwas mit Computern zu tun hat und diese den Berufsalltag erleichtern sollen. Weiter, dass ich – als Institutsleiter an einer Hochschule – so etwas wie ein Unternehmen leite und an einer Schule für Grosse tätig bin. Meine Kinder interessiert allerdings mehr, wie mein Arbeitsumfeld und meine Arbeitstage sind, als die genauen thematischen Inhalte meiner Arbeit. Sehen Sie, hier ist auch noch Potenzial, das Interesse für Wirtschaftsinformatik zu wecken. (Lacht!)
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