1962 – Die Basler Berufslehre für Heimerziehung gegen den Personalmangel
Weil es an geschultem Personal mangelte, wurden vier Basler Heime 1962 selber aktiv und gründeten die «Berufslehre für Heimerziehung». Die erste berufsbegleitende Ausbildungsstätte für Heimerziehung in der Deutschschweiz ändert mehrmals ihren Namen und wurde 1997 schliesslich mit der HFS Basel zusammenleget. Ein Rückblick auf 35 ereignisreiche Jahre.
Es war ein Akt der Selbsthilfe, als vier Basler Heime 1962 eine eigene Schule für Heimerziehung gründeten. Es ging darum, den Mangel an Heimerzieher*innen zu beheben und einen Beitrag zu einer professionellen Arbeit zu leisten. Die Ausbildung – es war die erste berufsbegleitende Ausbildungsstätte für Heimerziehung in der Deutschschweiz – nannte sich zuerst «Berufslehre für Heimerziehung», später «Berufsbegleitende Ausbildung für Heimerziehung Basel» (BAHEBA). Der Unterricht erfolgte nach dem für Berufslehren typischen Muster: vier Tage Praxis im Heim, ein Tag Theorie an der Schule, wobei der Unterricht im ersten Jahr vorwiegend von Heimleitern erteilt wurde. Die Ausbildung wurde kontinuierlich weiterentwickelt und den gestiegenen Anforderungen angepasst – und wandelte sich im Laufe der Zeit von einer Fachschule zur Höheren Fachschule «Berufsbegleitende Ausbildung für Sozialpädagogik Basel» (BASBA). Ab 1975 war die HFS BASBA eine von der Eidgenossenschaft anerkannte Ausbildungsstätte.
Was die BAHEBA, respektive BASBA ausmachte, welche Schwerpunkte im Unterricht gelegt wurden und wie sich die Ausbildung im Laufe der Zeit verändert hat, ist in folgenden Auszügen aus der Festschrift zum 35-jährigen Bestehen der Schule von 1997 zu lesen. Kurz nach dem Jubiläum wurde die HFS BASBA mit der Höheren Fachschule für Soziale Arbeit Basel zur Höheren Fachschule für Soziale Arbeit beider Basel zusammengelegt.
«Wenn man auf ihre Geschichte zurückblickt, kann sie von sich behaupten, ein zähes Leben gelebt zu haben. Zäh mit der Bedeutung von ausdauernd und widerstandsfähig. So wie das von Katzen, denen man sieben Leben zubilligt. (…) Ihre Philosophie, kreativ-gestalterischen und praxisnahen Ausbildungselementen einen hohen Stellenwert einzuräumen, hat sie gekonnt kultiviert und mit einem neuen Ausbildungskonzept auf eine sichere Grundlage gestellt.»
Peter Schmid, ehemaliger Regierungsrat und Vorsteher der Erziehungs- und Kulturdirektion Basel-Landschaft
«Die Ausbildung sollte für die Absolventen keine Kosten verursachen, damit wir auch Leute ohne finanziellen Hintergrund in die Ausbildung aufnehmen konnten. Vom Heim erhielten sie monatlich einen Praktikantenlohn, der sich im zweiten und dritten Ausbildungsjahr merklich steigerte. Kost und Logis erhielten sie selbstverständlich vom Heim. So konnten die Leute ohne eigene Mittel die Ausbildung absolvieren. (…) Das Ausbildungskonzept der Berufslehre war von Anfang an erfolgreich. Wir hatten immer genügend Anmeldungen, so dass wir bei der Aufnahme eine Auswahl treffen konnten. AbsolventInnen unserer Berufslehre für Heimerziehung wurden in den Institutionen gerne als Berufsleute aufgenommen.»
Alfred Kobelt, ehemaliger Heimleiter und Mitbegründer der Berufslehre für Heimerziehung
«Die über die Jahre sich verändernden Ausbildungskonzepte der Schule zeichnen sich durch ihr ganzheitliches Verständnis aus: Die Schule hat sich auf eine Ausbildung verpflichtet, die auf eine gleichmässige Förderung von theoretischem Wissen, praktischem Handeln und der Persönlichkeitsbildung Wert legt. Seit jeher steht – ohne dies Explizit zu benennen – die Förderung von Schlüsselkompetenzen zentral im Ausbildungsgeschehen.»
Jürgen Lehmann, ehemaliger Schulleiter der HFS BASBA
«In diesen Jahren (Anm. d. Red. Mitte der 1970er-Jahre) begann sich das ErzieherInnenbild zu wandeln. Dominierten bis dahin die Frauen in diesem Beruf – was sich in der Zusammensetzung der Klassen für Berufslehre für Heimerziehung widerspiegelte -, so interessierten sich jetzt aus den Jugendheimen vermehrt Männer für die Ausbildung. Sobald Männer in ein vorher von Frauen belegtes Berufsfeld drängen, wird der Beruf aufgewertet, was sich sowohl im gesellschaftlichen Ansehen wie auch in der Entlöhnung zeigt.»
Dorothea Gautschin, Dozentin HFS BASBA/HFS-BB, Basel
«Ich möchte, dass Studierende wie Dozierende ihre Schule als vertrauensbildende und freudvolle Schule erleben. Meine Vision ist es, eine Schule mitzugestalten, die uns anregt und herausfordert, so dass eine Ausbildungsstätte entsteht, die den Körper mit miteinbezieht und Seele wie Geist berührt. Das ist es, was ich unter dem Ausdruck ‚den Menschen ganzheitliche bilden‘ verstehe.»
Gertraude Greub, langjährige Dozentin BAHEBA/BASBA
«Grossen Wert beim Unterricht legt Gertraude Greub auf den Praxisbezug. Schon damals verwendete sie für die Verhaltensmodifikation die Methode des ‚Microteachings‘. Dabei wird der Fokus auf kleinste Einheiten im Erziehungsgeschehen gerichtet. Kurze Verhaltenssequenzen aus dem Heimalltag werden in Rollenspielen verdeutlicht, genau beobachtet und analysiert; und es wird nach passenden Veränderungsmöglichkeiten gesucht.»
Dorothea Gautschin über Gertraude Greub
«In der Herbstklasse 77 der ehemaligen BAHEBA fanden sich einige schon ältere, politisierte Studierende zusammen. Sie waren vom Geist der 68er-Revolte beflügelt und forderten Mitsprache in ihrer Ausbildung und eine SchülerInnenvertretung, den sogenannten ‚Schülerrat‘. Aus heutiger Perspektive stelle ich fest, dass es damals noch nicht das Anliegen der Frauen war, auch im Namen sichtbar zu werden. Denn sie beteiligten sich im ‚Schülerrat‘ genauso wie die männlichen Mitglieder, blieben jedoch in der Namensgebung nur mitgemeint. Es sollte noch Jahre dauern, bis sie schliesslich verlangten, auch als Frauen sprachlich in Erscheinung zu treten.»
Fred Aschwanden, Heimleiter im Schulheim „Sommerau“ und Stiftungsratsmitglied der fusionierten Schule HFS-BB
«An der HFS BASBA habe ich mir ein gutes Basiswissen angeeignet. Auch wurde in mir die Bereitschaft geweckt, mich in gewisse Themen zu vertiefen. (…)Der Umgang mit gewissen MitstudentInnen und DozentInnen war für mich oft anspruchsvoll – eine harte Schule, was meine Geduld anbelangte. Ich hatte oft Mühe, gewisse Ansichten zu verstehen, doch habe ich im Bezug auf meine Klienten im Heim sicher profitiert, und ich bin toleranter geworden. (…) Periodisch, beziehungsweise nach Abschluss eines Themas, hätte ich es begrüsst, einen Test oder eine Prüfung zu machen. Ich glaube, das hätte mehr StudentInnen bewegt, in die Bücher zu schauen.»
Ein ehemaliger Absolvent über seine Zeit an der HFS BASBA
Alle Informationen aus:
- 35 Jahre BASBA Berufsbegleitende Ausbildung für Sozialpädagogik Basel – Festschrift zum Jubiläum, Herausgegeben von der Höheren Fachschule für Soziale Arbeit beider Basel, September 1997
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