1998 – Erst skeptisch, dann freudig der gemeinsamen Zukunft entgegen
An der Fachhochschule Solothurn Nordwestschweiz hatte die Interdisziplinarität einen hohen Stellenwert. Und die Verantwortlichen waren nicht bereit, diese aufzugeben. Auch deshalb standen sie einer Fusion mit den Fachhochschulen beider Basel und Aargau zunächst skeptisch gegenüber. Der ehemalige Solothurner Bereichsleiter Soziales Josef Stalder erinnert sich.
Als 2004 erstmals über einen Zusammenschluss der Fachhochschulen Aargau, Basel und Solothurn diskutiert wurde, war Josef Stalders Haltung klar: «Skeptisch bis ablehnend.» Stalder, damals Bereichsleiter Soziales an der Fachhochschule Solothurn Nordwestschweiz, glaubte nicht wirklich daran, dass eine grössere Institution auch tatsächlich besser sein sollte. «Und sicher nicht billiger.» Zudem sei an der FHSO in den Jahren zuvor etwas geschaffen worden, das die Schule nicht preisgeben wollte. Stalder spricht damit die Interdisziplinarität an, die seit der Gründung der Fachhochschule stetig ausgebaut worden war.
Doch der Reihe nach: Josef Stalder, der an der Universität Mannheim Soziologie und Psychologie studiert hatte, war 1984 als Dozent an die Höhere Fachschule für Soziale Arbeit (ehemals sozialpädagogisches Seminar) Solothurn gekommen, 1988 übernahm er deren Leitung. Er folgte auf Meta Mannhart, die die Schule während vieler Jahre geführt hatte. Die Schule wurde 1998 dem Kanton unterstellt, und es folgte schliesslich die Zusammenlegung mit der Ingenieurschule in Grenchen und Oensingen und der Höheren Wirtschafts- und Verwaltungsschule zur Fachhochschule Solothurn (FHSO). Das sei eine enorm spannende Zeit gewesen, sagt Josef Stalder rückblickend. Durch die Fusion mit den Ökonomen und Ingenieuren – es waren damals fast ausschliesslich Männer – hätten sich ganz neue Möglichkeiten ergeben. Auch dank eines grossen gegenseitigen Verständnisses. Gemeinsam sei unter der Leitung des Gründungsdirektors Peter Abplanalp der Aufbau von Forschung und Weiterbildung vorangetrieben worden. Und: Das Thema Interdisziplinarität gewann immer mehr an Bedeutung. «Uns war es ein Anliegen, dass die Studierenden die Möglichkeit haben, sich quer durch die Sparten weiterzubilden.» So wurde zum Beispiel Statistik gemeinsam angeboten, auch diverse Sprachkurse standen auf dem Programm. Ganz besonders beliebt seien die abteilungsübergreifenden Studienreisen gewesen, sagt Stalder. Und gemeinsame Forschungsprojekte seien eher die Regel denn die Ausnahme gewesen. So sei ein interdisziplinäres, bereichsübergreifendes Institut für Wirtschafts- und Sozialforschung gegründet (IWS) worden, das lange Jahre als Plattform für gemeinsame Projekte diente. Um die Interdisziplinarität zu fördern, wurden die drei Bereich Soziales, Technik und Wirtschaft in Olten konzentriert. Auch er als Dozent habe profitiert: «Ich habe in dieser Zeit enorm viel über Wirtschaft gelernt.»
Der Bereich Soziales war in der Fachhochschule Solothurn gut aufgehoben, was sich unter anderem darin zeigte, dass ein neuer Studiengang in Angewandter Psychologie aufgebaut werden konnte. Ein erster Kurs startete 2004. Doch schon bald begannen die Diskussionen über einen möglichen Zusammenschluss mit den Fachhochschulen beider Basel und Aargau. Jener Moment also, als an der FHSO grosse Skepsis aufkam. Mit «Widerstreben» sei die Direktion der Fachhochschule in diesen Prozess eingestiegen. Doch schon bald hätte sie eingelenkt, sagt Josef Stalder. «Der Druck von nationaler Seite war so gross, dass wir mitgehen mussten.» Das Team schickte sich in den Prozess und versuchte, Lösungen auszuarbeiten, um möglichst viel der Solothurner DNA in die Zukunft mitnehmen zu können. Dank eines hervorragenden Teams – «wir waren eine verschworene Gruppe» – und einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit den anderen involvierten Fachhochschulen, sei das schliesslich auch gelungen, resümiert Stalder.
Mit der Fusion zur Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW endete für Stalder die Zeit im Fach Sozialen Arbeit. Er übernahm die Leitung der Hochschule für Angewandte Psychologie und hatte diese bis zu seiner Pensionierung 2009 inne. Als Fachfremder habe er sich bereits vor dem Zusammenschluss bei den Diskussionen um die Inhalte der Sozialen Arbeit zurückgenommen. «Ich fühlte mich nicht kompetent genug.» Danach habe er sich schliesslich «komplett ausgeklinkt». Nur einmal sei er in sein altes Umfeld zurückgekehrt, als er einen Kurs zum Thema Organisationssoziologie durchführte. Aus der Distanz habe er die Entwicklung aber stets beobachtet und kann nun – 15 Jahre nach der Gründung – guten Gewissens sagen, dass die Gründung der FHNW der richtige Schritt gewesen sei. «Die FHSO wäre zu klein gewesen, um alleine bestehen zu können.» Die Skepsis von damals, sie ist verflogen.
Informationen aus:
- Gespräch mit Josef Stalder 18. Mai 2021
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