Allgemein

Bestimmung von Velohauptrouten im Kanton Basel-Stadt

Noè Fiabane | 19. September 2024

Mit dem Inkrafttreten des Veloweggesetzes ist das Velo seit 2023 Bestandteil der Bundesverfassung. Damit einhergehend kommen neue Anforderungen und Pflichten auf die Kantone und Gemeinden zu. Zu diesen Pflichten gehört die Erstellung eines Velohauptroutennetzes. Doch wie sieht das künftige Hauptroutennetz in Basel-Stadt aus? Und anhand welcher Kriterien lässt sich dieses bestimmen? Mit diesen Fragen befasste sich Noè Fiabane im Rahmen einer Vertiefungsarbeit des Masterstudiengangs MSE Civil Engineering an der FHNW.

Die Arbeit ergab, dass die Findung der Routen sich intuitiv und schwierig zugleich gestaltet. An vielen Stellen ist die Routenführung aufgrund der städtebaulichen Achsen und weiteren Zwangspunkten wie den Rheinbrücken vorgegeben. Wo diese jedoch fehlen, wurden Varianten gebildet und mittels eines eigens ausgearbeiteten Bewertungsschema eruiert. Die Methodik zur Findung der Bestvarianten bilden den Schwerpunkt dieser Arbeit. Anhand von vier Beispielen im Kanton Basel-Stadt wurde diese erprobt.

Grober Wurf des Netzes

Die Grundlage der Projektarbeit bildet eine Analyse der aktuellen Gesetzesvorgaben sowie eine Untersuchung bereits erfolgreich umgesetzter Velonetze im In- und Ausland. Als planerische Basis dienen die Grundsätze des Veloweggesetzes in Kombination mit den Ausführungen der Praxishilfe zur Velowegnetzplanung. Zur weiteren Vertiefung wurden Fachpersonen aus dem Bereich der Veloplanung befragt, um die praktischen Auswirkungen der Anforderungen besser einordnen zu können.

Aus der Literatur und den Interviews ging hervor, dass die meisten Velonetze intuitiv aufgebaut werden. Oft sind die Hauptverbindungen allgemein bekannt. Der Einsatz von Verkehrsmodellen ist aufgrund der begrenzten Datenverfügbarkeit und des damit verbundenen Aufwands (noch) nicht zielführend. In vielen Städten fehlen flächendeckende Dauerzählstellen für den Veloverkehr. Zudem zeigen Analysen verschiedener Datenanbieter, dass insbesondere im städtischen Kontext das Velo flächendeckend genutzt wird. Basierend auf den Erkenntnissen aus dem Literaturstudium und den Interviews mit Fachpersonen wurde ein grober Entwurf eines möglichen Velohauptroutennetzes erstellt und mittels einer Netzabdeckungsanalyse auf potenzielle Lücken überprüft.

Grober Netzentwurf der Velohauptrouten
Quelle: Eigene Darstellung, Karte: © OpenStreetMap-Mitwirkende

Evaluation der Knackpunkte im Netz

Während der Ausarbeitung des Netzentwurfes ergaben sich diverse Bereiche, an denen die Routenführung nicht intuitiv gegeben schien. Für die Findung einer Bestvariante in diesen Abschnitten wurde ein Bewertungsschema ausgearbeitet. In diesem vereinen sich Hinweise aus den Interviews, die Anforderungen aus der Praxishilfe sowie die Vorschläge zur Bewertung in der Routenplanung. Hierzu wurden den fünf Planungsanforderungen zehn Kriterien zugeteilt, mit welcher sich die Planungsanforderungen konkretisieren lassen.

Zusammenhängend
Durchgehend
DirektSicherHomogenAttraktiv
Konsistenz der FührungsformX
FahrflussXX
LesbarkeitX
UmgebungsqualitätX
LärmbelastungX
FahrbahnoberflächeX
InfrastrukturXX
Entflechtung von Velo mit Tramgleis und FussgängerXX
Konflikt mit MIVX
UmwegfaktorX
Bewertungskriterien und Planungsanforderung

Um eine vollständige Gesamtbewertung zu erhalten, wurden den Bewertungskriterien Messgrössen zugeordnet. Die Bewertungsskala leitete sich, wo diese vorhanden war, aus der Planung von Velorouten ab. In einem weiteren Schritt wurden diese gewichtet, wodurch auch eine Sensitivitätsanalyse ermöglicht wurde.

Kriterium Lärmbelastung: Abschnitt zwischen Centralbahnplatz und der Wettsteinbrücke
Quelle: Eigene Darstellung, Lärmbelastungskarte Bundesamt für Umwelt BAFU verfügbar unter bafu.admin.ch

Da die Auswertung der Routenattribute im gesetzten Rahmen der Arbeit nur teilweise automatisiert werden konnte, beschränkt sich die Erprobung des Bewertungsschemas auf vier Routenabschnitte. Die Wahl der Abschnitte erfolgte aufgrund der möglichst breiten Anwendung der Kriterien sowie deren Dringlichkeit respektive deren Potenziale und umfasst Beispiele wie der Abschnitt entlang des Aeschenplatzes und im Bereich der Solitude-Promenade.

Varianten der Route 9 im Abschnitt der Solitude-Promenade
Quelle: Eigene Darstellung, Karte: © OpenStreetMap-Mitwirkende

Erkenntnisse

Die Interviews mit Fachpersonen und Interessenvertreter:innen hat aufgezeigt, dass ein grosses Interesse aber auch Wissen um die Herausforderungen bei der Planung von Velohauptrouten bei den betroffenen Gruppen vorhanden ist. In mehreren Städten wird bei der Entwicklung des Velonetzes daher auch in partizipatorischen Prozessen vorangetrieben. In Basel gibt es in diesem Bereich das Projekt VelObserver, welches parallel zu dieser Arbeit durch die Genossenschaft Posmo aufgesetzt wurde und finanziell durch die Christoph Merian Stiftung sowie Swisslos unterstützt wird. Über die Webplattform können Routenabschnitte bewertet werden, wodurch die eigene Bewertung mit subjektiven Einschätzungen aus der Bevölkerung ergänzt werden. Das ein Interesse besteht zeigen die knapp 13’000 Bewertungen die seit dem Launch im April 2024 (Stand September 2024) erfasst wurden.

Beispiel für einen partizipativen Prozess in der Veloplanung: VelObserver Basel
Quelle: Genossenschaft Posmo, VelObserver

Empfehlung und Bedarf weiterer Untersuchungen

Die zehn Bewertungskriterien bilden einen grossen Teil der Planungsanforderungen ab, sie können jedoch nicht alle relevanten Aspekte gleichermassen gut berücksichtigen. Insbesondere Grössen wie die Kohärenz lassen sich nur bedingt in einem Schema quantifizieren. Am Ende liegt immer die Einzelfallbetrachtung jedes Streckenabschnittes über dem Bewertungsschema. Zudem muss bei einer Bewertung auch berücksichtigt werden, inwiefern sich ein Streckenabschnitt durch Infrastrukturmassnahmen verändern kann und wird. Die vorgeschlagene Bewertungsmethodik kann jedoch helfen, eine erste Orientierung über die Varianten und einen Blick aus der Sicht von unterschiedlichen Nutzergruppen zu ermöglichen.

Schlussbericht

Der vollständige Schlussbericht der Vertiefungsarbeit ist im Institutional Repository der FHNW öffentlich einsehbar. Link zum Bericht

Schlagworte: Basel Solitude, Basel-Stadt, FHNW, Velo, Velohauptrouten, Vertiefungsprojekt

zurück zu allen Beiträgen

Kommentare

Keine Kommentare erfasst zu Bestimmung von Velohauptrouten im Kanton Basel-Stadt

Neuer Kommentar

×