Muttenz – Basel Bad. Bahnhof direkt: Fahrgastpotenzial neuer Verbindungen der trinationalen S-Bahn Basel
Wie lässt sich eine direkte S-Bahnverbindung zwischen Muttenz und und dem Badischen Bahnhof über die Verbindungskurve Gellert ideal in das bestehende Liniennetz integrieren? Und welches Fahrgastpotenzial bietet eine solche Angebotsergänzung? Diesen Fragen ging Noè Fiabane im Rahmen seiner BSc-Arbeit im trinationalen Studiengang Bauingenieurwesen an der FHNW nach.
Die Resultate zeigen, dass eine solche Linie die Attraktivität des ÖV erhöht und zu einem ähnlichen Kostendeckungsgrad betrieben werden kann, wie bestehende S-Bahnlinien. Die positive Wirkung wird verstärkt, wenn durch bauliche Massnahmen auch die Haltestelle Solitude bedient werden kann.
Direkte S-Bahnverbindung statt Umsteigen im Bahnhof SBB
Bahnreisende zwischen dem Ergolz- oder Fricktal und dem Badischen Bahnhof oder Deutschland müssen heute am Bahnhof Basel SBB umsteigen. Mit einer direkten S-Bahnverbindung über die Verbindungskurve Gellert könnte der Umsteigevorgang am Basel SBB umgangen werden und dies ohne Bau zusätzlicher Infrastruktur. Eine solche Linienführung vom Bahnhof Muttenz nach Basel Badischer Bahnhof wäre für diese Verkehrsbeziehungen mit einem Reisezeitgewinn von rund 10 bis 15 Minuten verbunden.
Evaluation möglicher Linienvarianten
Basierend auf der bestehenden Schieneninfrastruktur und unter Berücksichtigung der Fahrzeit wurden in einem ersten Schritt mögliche Linienverläufe identifiziert. Um sicherzustellen, dass es aufgrund der neuen Angebote zu keinen unüberwindbaren Trassenkonflikten kommt, wurde bei dieser Betrachtung die Gleisbelegung durch das bestehenden Bahnangebot miteinbezogen. Durch eine einfache Abschätzung des mit verschiedenen Linienvarianten abgedeckten Einzugsgebietes wurden die Varianten anhand räumlicher Strukturdaten hinsichtlich des Fahrgastpotenzial überprüft und bewertet.
Bei dieser Voruntersuchung kristallisierten sich zwei Varianten heraus, deren verkehrliche Wirkung in einem zweiten Schritt mit dem Gesamtverkehrsmodell Basel untersucht wurde. Beide Varianten sehen eine Verlängerung der bestehenden S5 (Steinen (D)-Weil am Rhein), welche nach Liestal oder Rheinfelden weiterführt.
Neue Linien führen zu mehr ÖV-Fahrten
Die Modellauswertung weist für beide Linienvarianten im Querschnitt der Verbindungskurve Gellert einen durchschnittlichen Werktagesverkehrs von über 2’500 Fahrgästen pro Richtung aus. Diese setzen sich zu einem grossen Teil aus bestehenden ÖV-Nutzenden zusammen, die den Umweg über den Basel SBB und die Innenstadt durch die neue Linie vermeiden können. Obwohl mit der Haltestelle Solitude nur ein Halt neu hinzukommt, ist dessen Wirkung auf die Auslastung deutlich zu erkennen. Diese führte zu einer weiteren Fahrgastzunahme insbesondere auf der Schweizer Seite der Linien sowie einem verbesserten Kostendeckungsgrad.
Die Resultate zeigen, dass mit beiden Varianten die Attraktivität des ÖV erhöht und eine derart verlängerte S5 zu einem ähnlichen Kostendeckungsgrad, wie bestehende S-Bahnlinien betrieben werden kann. Beide Varianten erhöhen sich die Fahrgastzahlen sowohl im Bereich der heute eher schwach frequentierten Gartenbahn als auch auf der Schweizer. Um das S-Bahnangebot der Region kurzfristig erweitern zu können, wäre folglich eine Direktverbindung erstrebenswert.
Die Wirkung einer solchen Verlängerung der S5 könnte durch einen Bau der Haltestelle Solitude, welches Halts von Zügen auf der Verbindungsbahn nach Muttenz zulassen, verstärkt werden. Dabei gilt es zu betonen, dass beide Linien ohne Haltestelle Solitude keine grössere bauliche Massnahmen voraussetzen und so der Region in kurzer Zeit eine verbesserte, über die Landesgrenzen hinweg agierende S-Bahnverbindung angeboten werden kann.
Die Ergebnisse unterstützen bestehende Bemühungen, nahe beieinander liegende Haltestellen im Raum Basel im Zuge notwendiger Sanierungen zusammenzuführen oder einzelne Haltestellen zu streichen. Gleichzeitig zeigen sie, dass eine stärkere als vom Regierungsrat geplante Ausdünnung von Haltestellen zu zusätzlichen betrieblichen Einsparungen und einem Anstieg der Fahrgastzahlen führt.
Empfehlung und Bedarf weiterer Untersuchungen
Aufgrund einer umfassenden, quantitativen und qualitativen Einschätzung der Resultate wird empfohlen die Planung der Variante 2 weiter zu verfolgen. Trotz der Überlappung mit der S1, weist diese Verbindung gute Auslastungswerte zwischen Kaiseraugst und Pratteln auf. Des weiteren bietet diese Linie durch die Haltestelle Solitude und die direkte Verbindung der beiden Roche-Areale Grenzacherstrasse und Kaiseraugst ein vielversprechendes Fahrgastpotenzial, das methodenbedingt vom Gesamtverkehrsmodell unterschätzt wird (siehe Abbildung unten).
In weiteren Untersuchungen ist zu klären, inwiefern ein solches Angebot bahnbetrieblich im Fahrplan integrierbar ist und mit dem Bahngüterverkehr in Einklang gebracht werden kann. Ebenso ist zu prüfen mit welchem Wagenmaterial eine solche Linie betrieben werden könnte. Falls sich bezüglich diesen Fragestellungen gangbare Lösungen abzeichnen wäre in einen zweiten Schritt zu prüfen, ob sich im Rahmen des geplanten Ausbaus der Haltestelle Solitude die Erstellung eines Perrons entlang der Verbindungsgleise in Richtung Muttenz realisieren liesse.
Schlussbericht
Der vollständige Schlussbericht der BSc-Arbeit ist im Institutional Repository der FHNW hier öffentlich verfügbar.
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