Alexandra Helmig: Beat vor der eins
Ina ist an der Schwelle zum Erwachsenwerden. Ihr grosses Durcheinander an Gefühlen ist schwierig auszuhalten, deshalb schreibt sie regelmässig in ihr Tagebuch. In der Schule läuft es momentan gar nicht rund, auch mit ihrem Körper ist die 15-jährige nicht zufrieden. Sie findet sich zu dick, zu langweilig, viel zu wenig attraktiv: Wenn ich in den Spiegel schaue, sehe ich eine farblose Nacktschnecke. Hinzu kommen die ständigen Streitereien zwischen ihren Eltern. Vor allem Inas Mutter sucht bei ihrer einzigen Tochter Trost und Unterstützung. Auch was ihre erste Liebe betrifft, ist Ina am Zweifeln. Kann es sein, dass sich der gutaussehende Phil ausgerechnet für sie interessiert? Ein Sprachaufenthalt in Frankreich kommt ihr deshalb gerade recht. Vielleicht tut ihr dieser Abstand gut, vielleicht kann er etwas gegen ihre grossen Selbstzweifel helfen. Die Gastmutter, Sylvie, ist sehr nett, der Gastvater nicht. Er belästigt Ina immer wieder, bis Sylvie ihn aus der Wohnung schmeisst. Wie viele junge Frauen spricht Ina nicht über diese Vorfälle und verdrängt sie, so gut es eben geht. Ina hat aber auch Spass in Frankreich, sie wird hier sehr viel erwachsener behandelt, kann tun und lassen, was sie will. Sie geniesst das Meer und die durchgetanzten Nächte. Der Abstand tut ihr – trotz allem – gut. Ina kommt gestärkt nach Hause zurück. Hat mehr Vertrauen in sich selbst und lässt es nicht mehr zu, dass sie ständig als Klagemauer ihrer Eltern herhalten muss.
Inas Tagebuch besticht vor allem durch die Form: Sprunghaft, manchmal poetisch wie ein Gedicht, in ganz kurzen Sätzen und oft treffenden Bildern beschreibt sie das Gefühlschaos, das wohl die meisten jungen Mädchen kennen. Vieles bringt die Autorin in dieser reduzierten Sprache auf den Punkt. Es geht um die Ablösung von den Eltern, die ständigen Zweifel an sich selbst, die ersten grossen Liebesgefühle, Sexualität, das Verlangen, endlich erwachsen zu sein und selbst Entscheidungen treffen zu können. Inas Gedanken sind vor allem im ersten Teil des Buches sehr gut nachempfindbar und lesen sich, trotz der Ernsthaftigkeit des Themas, leicht. Für Jugendliche. 144 Seiten.
Alexandra Helmig: Beat vor der eins. Mixtvisison 2024. ISBN: 978-3-95854-219-8
Rezension: Maria Riss