Angie Thomas: The Hate U Give
Die sechzehnjährige Starr lebt in einem Viertel der Stadt, in dem hauptsächlich Afroamerikaner mit kriminellem Hintergrund zuhause sind. Sie besucht aber eine weisse Privatschule ausserhalb und versucht beide Welten möglichst strikt auseinanderzuhalten. Das Leben im Viertel ist gefährlich. All diese Jugendlichen mit schlechter Schulbildung, die keinen Job, keine Zukunft haben, sind besonders gefährdet auf eine schiefe Bahn zu geraten. Sie wollen raus aus diesem Elend, endlich richtig Kohle machen und nehmen dafür auch illegale Wege in Kauf . Starrs Vater will im Viertel wohnen bleiben, immer wieder meint er: «Wenn alle ehrlichen Leute wegziehen, wird es nur noch schlimmer. Man muss diesen Jugendlichen vorleben, dass es auch anders geht, jemand muss sich um sie kümmern, ihnen ihre Chance aufzeigen.» Und dann passiert es: Auf dem Heimweg von einer Party muss Starr mitansehen, wie ihr allerbester Freund Khalil neben seinem Auto erschossen wird. Von einem weissen Polizisten, ohne Vorwarnung, mitten auf der Strasse. Und Khalil war unschuldig, es war bloss eine Haarbürste, die der Polizist für eine Schusswaffe hielt. Aber jetzt sind diese Schüsse gefallen und Starr ist die einzige, die alles aus nächster Nähe beobachtet hat. Sie muss als Zeugin aussagen. Aber damit bringt sie sich und ihre Familie in Gefahr, denn ein Drogenboss und die Polizei setzen die Familie unter Druck. Bald wird in allen Medien über den Vorfall berichtet. Starr gerät zwischen die Fronten. Sie besucht eine weisse Schule, hat einen weissen Freund, lebt aber in dieser Gemeinschaft der Schwarzen, die sich alle gegenseitig helfen und füreinander in jeder noch so schlimmen Situation da sind. Es gibt grosse Demonstrationen, nicht nur im Viertel, sondern in der ganzen Stadt. Die Gewalt eskaliert und Starrs Familie muss zu Verwandten flüchten. Wie soll das alles nur weitergehen?
Angie Thomas hat ein wunderbares Buch geschrieben. Es sind vor allem die Protagonisten, die sie so treffend und lebendig beschrieben hat. Allen voran natürlich Starr, ihr Ringen um Gerechtigkeit, ihr unbändiger Wille, sich gegenüber allen Formen von Rassismus zu wehren. Dann aber auch Starrs Eltern, der raubeinige und doch so liebevolle Vater, der sich mit dem weissen Freund seiner Tochter anfangs so schwer tut und für seine Vision einer besseren Welt bis an die Grenzen geht. Ihm gegenüber Starrs Mama, die Sicherheit für ihre Familie fordert, die raus will, aus diesem schrecklich gefährlichen Viertel. Und doch schaffen es die beiden, nicht nur ihre Beziehung, sondern auch die Familie beisammen zu halten. Beeindrucken nachzulesen ist auch der grosse Zusammenhalt im Viertel, der oft grobe und doch so fürsorgliche Umgang miteinander. Kein Wunder, dass es dieses Buch auf Anhieb auf Platz 1 der New York Times-Bestenliste geschafft hat. Das berührende Buch zu einem äusserst aktuellen Thema macht beim Lesen stellenweise Gänsehaut, es sei Jugendlichen und Erwachsenen wärmstens empfohlen.
Angie Thomas: The Hate U Give. Aus dem Amerikanischen von Henriette Zeltner. cbt 2017. ISBN: 978-3570164822
Rezension: Maria Riss