Ronja hat es momentan nicht leicht. Ihre bis anhin oberpädagogischen Eltern offenbaren ihr, dass sie sich trennen wollen und dass, noch schlimmer, Ronja künftig beim neuen Freund ihrer Mutter wohnen soll. «Der hat auch Kinder, das wird doch nett», meint die Mutter. Schon am Sonntag soll Ronja mit ihrer Mutter bei ihrer neuen Familie zu Besuch gehen und sie kennenlernen. Zur gleichen Zeit erscheint Anders auf der Bildfläche. Er ist neu in der Klasse und sitzt im Rollstuhl. Ronja soll ihn ins Schulleben einführen und mit ihm eine Rolle fürs Schultheater üben. Er soll bei der Aufführung Hänsel spielen und Ronja Gretel. Weil Ronjas Leben gerade total durcheinander geraten ist, behandelt sie Anders nicht sonderlich nett, schier abweisend, was Anders aber wenig zu stören scheint . Als dann dieser schreckliche Besuch bei der neuen Familie ansteht, kommt Anders einfach mit, weil sie an diesem Sonntag eigentlich fürs Rollenüben abgemacht haben. Anders heisst nicht nur so, er benimmt sich auch anders und das ist für Ronja ein wahrer Segen. Anders steht ihr bei, sieht vieles mit andern Augen und bald merkt sie, dass sie mit diesem Jungen einen wirklich guten Freund gefunden hat. Und Anders? Ihm geht es ähnlich. Ronja behandelt ihn normal, ohne Mitleid, ohne grosses Getue, wie einen guten Freund eben.
Die turbulente Geschichte liest sich leicht, weil Ronja das Geschehen selbst erzählt. Ronja ist emotional, sie regt sich schnell auf, kann sich aber auch in kurzer Zeit wieder beruhigen. Sie ist voller Empathie, und sie nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlt. Besonders geglückt ist ihr die Beschreibung vieler Erwachsener, die mit diesem Jungen im Rollstuhl total überfordert sind, die sich ständig bei ihm entschuldigen und ihn mit ihrem Gehabe dauernd in eine Aussenseiterrolle drängen. «Als Anders in mein Leben rollte» ist primär eine spannende Geschichte, stellenweise vielleicht etwas überbordend, aber witzig und unterhaltend. Das Thema Inklusion ist zentral, aber nicht das einzige Thema, es geht vielmehr darum, dass Kinder sich für ihre Anliegen wehren, dass sie manchmal kämpfen müssen, um von den Erwachsenen ernst genommen zu werden. Das Buch eignet sich gut zum Vorlesen für Kinder ab etwa 10 Jahren. 208 Seiten.

Ariane Grundies: Als Anders in mein Leben rollte. Rotfuchs 2024. ISBN: 978-3-7571-0019-3

Rezension: Maria Riss