Buch des Monats Februar 2022
Hermann Schulz: Therese, das Mädchen, das mit Krokodilen spielte
Die Geschichte beginnt im Jahr 1900 in Wuppertal. Therese ist eben zur Welt gekommen. Ihre Eltern gehören zu einer Gruppe von Togoern, die auf Völkerschauen, in Zoos und Kolonialausstellungen vorgeführt werden. Die Veranstalter haben damals die Kinder dieser Familien von ihren Eltern getrennt und schoben sie in Heime oder Pflegefamilien ab. Therese hat Glück, sie kommt in die Obhut eines kinderlosen Ehepaars, das sich liebevoll um das kleine Mädchen kümmert. Schon früh erfährt Therese, wie es ist, anders zu sein. Sie wird bestaunt, von vielen wegen ihrer Hautfarbe als minderwertig betrachtet, ausgegrenzt, einzelne haben gar Angst vor ihr. Bei ihren Zieheltern aber, da fühlt sie sich wohl und geborgen. Dort erfährt sie Liebe und wird in jeder Beziehung unterstützt. Therese schafft es, das Abitur zu machen und wird Krankenschwester. Wegen ihrem exotischen Aussehen ist sie auch später immer wieder rassistischen Angriffen ausgesetzt. Sie findet aber auch Freundinnen und Freunde, die sich für sie einsetzen und denen es egal ist, welche Hautfarbe Therese hat. Doch dann übernehmen die Nationalsozialisten die Macht, für Therese wird der Verbleib in Deutschland lebensgefährlich. Durch einen glücklichen Zufall trifft sie ihren Bruder, der ebenfalls bei einer Pflegefamilie aufgewachsen ist. Zusammen gelingt ihnen 1933 die Flucht nach Togo. Therese kommt in ihre Heimat, kennt dort allerdings weder Sprache noch Kultur. Da ist es gut, dass sie von Kindesbeinen an gelernt hat, stark zu sein und sich durchzusetzen. Das Einleben wird nicht eben einfach, sie findet dafür in Togo endlich ihre wahren Wurzeln wieder.
Der bekannte deutsche Autor Hermann Schulz, selbst in Afrika geboren, traf vor einigen Jahren in Togo eine alte Frau, die ihn auf einem Markt in perfektem Deutsch angesprochen hat. Ihre Geschichte hat er in diesem Roman in präziser Sprache und mit vielen, lebendigen Dialogen eingefangen. Dabei hat der Autor die richtige Balance zwischen historisch belegten Informationen und der berührenden Lebensgeschichte von Therese gefunden. Das Buch ist in kurze, überschaubare Kapitel gegliedert und ist in jeder Beziehung überaus spannend zu lesen. So müssen gute Jugendbücher, die von früher erzählen, geschrieben sein: spannend, mit fundierten Fakten hinterlegt, einfühlsam und voller Anknüpfungspunkte zum realen Leben heutiger Leserinnen und Leser – denn, wie Rassismus entstehen kann, wie sehr Minderheiten unter taktlosen Kommentaren leiden, das ist leider nach wie vor aktuell. Für Jugendliche und Erwachsene.
Hermann Schulz: Therese, das Mädchen, das mit Krokodilen spielte. dtv 2021. ISBN: 978-3-423-64086-2
Rezension: Maria Riss