Wilma Geldorf: Reden ist Verrat

Die auf Fakten basierende Geschichtespielt in den Niederlanden von 1941-1945 während der deutschen Besatzungszeit. Gerade mal 15 Jahre alt ist Freddie, als sie sich mit ihrer älteren Schwester einer Widerstandsgruppe anschliesst. Ihre Mutter muss zu diesem Zeitpunkt wegen ihrer kommunistischen Gesinnung untertauchen. Freddie hat den Kampfgeist ihrer Mutter wohl in die Wiege gelegt bekommen. Sie will etwas tun und verändern und sich gegen die vielen schrecklichen Vorkommnisse wehren, das vor allem. Sie fällt kaum auf, weil sie ein so junges Mädchen ist und ist für den Widerstand von grossem Nutzen. Anfangs sind es Botengänge, das Verbreiten von Informationen, später hilft sie mit, Nazis und Verräter zu liquidieren. Und immer denkt sie dabei an die Worte ihrer Mutter: niemals so werden wie der Feind. Aber das ist manchmal schwer, weil so schrecklich viel Unrecht passiert, weil sie dermassen schlimme Erfahrungen machen muss. Freddie und ihre Schwester überleben. Auch ihre Mutter, die sie während fast vier Jahren nicht mehr gesehen haben, kehrt lebend zurück. Alle haben sich verändert in dieser Zeit, auch Freddie, sie hat ihr unbeschwertes Lachen zumindest für einige Zeit eingebüsst.
Das vorliegende Buch ist kein Heldenepos. Freddie benimmt sich nicht immer vorbildlich, sie hat Zweifel und ist sich immer wieder unsicher, ob ihr Tun richtig ist. Und manchmal macht sie auch Fehler. Wäre es nicht besser, so wie ihr Freund Peter es tut, einfach stillzuhalten, zuzuschauen und dafür weder sich noch andere zu gefährden? Statt die Feinde auszuhorchen, ihnen Fallen zu stellen und sie gar umzubringen? Darf man einen Menschen töten, um damit das Leben anderer zu retten? Das Buch wirft grundlegende ethische Fragen auf und lässt einen beim Lesen immer wieder innehalten. Es zeigt überaus eindrücklich auf, wie Gewalt und ständige Angst Menschen verändern können. Das sehr spannende, sorgfältig recherchierte und in einer treffenden Sprache geschriebene Buch, sei Jugendlichen wie Erwachsenen wärmstens empfohlen.

Der Roman basiert auf der wahren Geschichte des jüngsten niederländischen Mädchens im Widerstand. Freddie Dekker-Oversteegen (1925—2018) war aber auch Kommunistin. Aus diesem Grund erhielt sie erst 2014, also fast 70 Jahre nach Kriegsende, eine Ehrenmedaille des niederländischen Staates für ihr mutiges Handeln in jener Zeit.

Wilma Geldorf: Reden ist Verrat. Gerstenberg 2020. ISBN: 978-3-8369-6045-8

Rezension: Maria Riss