Das Schreibwissen fördern
Verfügen Schülerinnen und Schüler über vertieftes Schreibwissen, können sie selbstständig arbeiten. Dieser Beitrag zeigt, wie Lehrpersonen erfolgreiche Schreibstrategien vermitteln und welche Unterstützung dabei das Deutschlehrwerk «Die Sprachstarken» bietet.
Von Tim Sommer, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum Lesen
Von Schülerinnen und Schülern wird im Lehrplan 21 verlangt, dass sie über ihren Schreibprozess und ihre Schreibprodukte nachdenken und deren Qualität einschätzen können. Damit dies gelingt, benötigen die Lernenden ein vertieftes Schreibwissen, das mehr umfasst, als nur Schreibprozesse auszuführen. Die Schülerinnen und Schüler sollen explizit lernen, was gutes Schreiben ist, und das Wissen anwenden und Geschriebenes bewerten können. Das Wissen über Schreibprozesse ist lernfördernd: Wer mehr über das eigene Schreiben weiss, kann den Schreibprozess
besser planen, durchführen und überwachen. Dies führt zu qualitativ besseren Texten. Wissen Lernende nur wenig über gutes Schreiben, können sie nicht selbstständig arbeiten. Sie sind von der Lehrperson abhängig, die ihnen sagt, was sie wann und wie tun sollen, um einen guten Text zu schreiben. Es gibt Schülerinnen und Schüler, die hauptsächlich ausserhalb der Schule lernen, wie sie einen spannenden Text schreiben. Ein Kind, das gerne liest oder dem oft vorgelesen wird, kann viel darüber lernen, was gute Geschichten beinhalten und wie sie aufgebaut sind. Ähnlich geht es Schülerinnen und Schülern, die in der Freizeit öfter Anleitungen lesen oder Briefe und Postkarten schreiben.
Die Schule hat die Aufgabe, das Schreibwissen der Kinder vermehrt im Unterricht zu thematisieren und sie darüber nachdenken zu lassen. Dabei helfen Lernarrangements wie beispielsweise «Der Weg zum Schreiben». Das ist eine Aufgabe aus den «Sprachstarken 4», die das Schreibwissen der Lernenden ins Zentrum stellt und reflektiert. Ausgangspunkt ist ein Text, in dem der Kinderbuchautor Michael Ende berichtet, wie er Texte schreibt. Anhand dieses Beispiels eines Profis lernen die Kinder, den eigenen Schreibweg zu gestalten und sich darüber in der Klasse auszutauschen. Zu beachten ist, dass diese Aufgabe zwar zum Nachdenken anregt, das Wissen über das Schreiben allerdings nur implizit vermittelt wird.
Schreibprozesse: Strategien explizit vermitteln
Damit die Schülerinnen und Schüler sich auf die einzelnen Schritte im Schreibprozess konzentrieren können, ist es wichtig, ihnen Schreibstrategien explizit beizubringen. Das bedeutet, dass die Schülerinnen und Schüler erfahren, welche Strategien sie weshalb und wie umsetzen sollen. Schreibstrategien helfen den Kindern dabei zu wissen, was das Ziel ihres Textes ist und wie sie diesen planen, aufbauen und überarbeiten müssen, um ihr Ziel zu erreichen. Um dies nachvollziehen zu können, braucht es Schreibaufgaben, bei denen die Lernenden Schreibstrategien verwenden müssen. Aus diesem Grund sind beispielsweise Bildergeschichten ungeeignet, da dafür kaum Planungsstrategien nötig sind.
Schreibprodukte: über gute Texte sprechen
Damit Kinder ihre eigenen Texte reflektieren können, müssen sie wissen, was einen guten Text in einem bestimmten Genre ausmacht. Dazu ist es beispielsweise hilfreich, wenn die Lehrperson mit der Klasse genrespezifische Merkmale bespricht, ihnen dazu einen Text vorliest und anschliessend mit den Kindern die besprochenen Merkmale identifiziert. Danach erarbeitet sich die Klasse die Unterschiede und Gemeinsamkeiten verschiedener Textgenres. So erhalten die Schülerinnen und Schüler nicht nur ein implizites Wissen über das Schreiben, sondern können es auch bewerten und für das eigene Schreiben nutzen. Die Schülerinnen und Schüler sollen explizit lernen, was gutes Schreiben ist, und es auch bewerten und anwenden können.
Dieser Beitrag ist im Kundenmagazin «Rundgang» (1/2019) des Verlags Klett und Balmer erschienen.