Hiroshi Ito: Kind zu verschenken!
Seit der kleine Bruder da ist, kümmert sich niemand mehr um das Mädchen. Niemand hört zu, niemand hat Zeit. Also beschliesst das Mädchen, abzuhauen. Mama bemerkt das nicht einmal. Das Mädchen sucht nun eine neue Familie. Eine, die sie umsorgt, eine die ihr all ihre Wünsche erfüllen wird. Das neue Leben beginnt mit einer Bananenkiste, die das Mädchen sorgfältig beschriftet: «Kind zu verschenken!» Das Mädchen setzt sich in die Kiste und wartet. Einige Passanten bemerken das Mädchen gar nicht, andere wiederum zeigen interessiert, sie passen dem Mädchen nach einer ersten Musterung aber gar nicht. Langsam wird es etwas langweilig in dieser Kiste. Da kommt ein Hund daher, der ebenfalls ein neues Herrchen sucht. Er setzt sich zum Mädchen in die Kiste. Bald stösst auch eine verwilderte Katze dazu, auch sie ist auf der Suche nach einem warmen Plätzchen. Hund und Katz werden sehr bald von Fussgänger:innen mitgenommen, für das Mädchen kommt die Rettung erst gegen Abend. Ein Ehepaar mit Baby spaziert vorbei, das dringend eine ältere Schwester für ihr kleines Wickelkind sucht.
Die Geschichte wird konsequent aus der Sicht des Mädchens erzählt, weshalb man beim Lesen auch ihren Namen nicht erfährt. Mit diesem Buch ist dem japanischen Künstler Hiroshi Ito ein Wurf geglückt. Hier stimmt einfach alles: Das Zusammenspiel der einfachen, prägnanten Sprache mit den witzigen, aussagekräftigen Bildern, die Spannung und das Gefühlsdurcheinander der Protagonistin, das so viele Kinder bestens kennen. Knapp ist nicht nur die Sprache, auf ein Minimum reduziert sind auch die Bilder. Mit ganz wenigen Strichen hat es der Künstler verstanden, das Auf und Ab der Gefühle des Mädchens zu Papier zu bringen. Zum Erzählen und Vorlesen schon für Kinder ab 5 Jahren, zum Selberlesen ab Ende der 1. Klasse.
Hiroshi Ito: Kind zu verschenken! Aus dem Japanischen von Ursula Gräfe. Moritz 2023. ISBN: 978-3-89565-447-3
Rezension: Maria Riss