Mette Vedsø: What the Luck
Mikkel ist etwa 15 Jahre alt. Sein Vater sortiert in einer Deponie angeliefertes Gerümpel und kümmert sich sehr liebevoll um seinen Sohn. Vor allem seit Mikkels Mutter das Weite gesucht hat. Eigentlich ist es für Mikkel kein Problem, dass er und sein Vater kaum Geld haben. Aber jetzt hat sein Klassenlehrer fünf Zahlen an die Tafel notiert, er will damit die verschiedenen sozialen Schichten der Gesellschaft darstellen und die Diskussion in der Klasse anregen. Klar, dass Mikkel zur untersten Kategorie gehört. Und ebenfalls ausser Zweifel steht, dass Ludwig, der Millionärssohn, der ersten Gruppe zugeordnet wird. Das sind Momente, denen fühlt sich Mikkel nicht sonderlich gut und er träumt ganz im Stillen von einem besseren Leben, einer grösseren Wohnung, von Geld, dass man einfach ausgeben kann, ohne lange darüber zu debattieren.
Durch Zufall, und weil Mikkel ein wirklich netter und sympathischer Kerl ist, bekommt er von einer alten reichen Dame einen Golfbag geschenkt. Ihr Mann Henrik ist kürzlich verstorben, sie braucht das Ding nicht mehr. Mikkel hat Talent, das merkt er spätestens, als er sich als Henrik ausgibt und auf dem Golfplatz seine ersten Bälle abschlägt. Er findet zudem heraus, wie er sein neues Leben finanzieren kann: Ganz legal, das Handy macht es möglich, man muss nur die richtigen Werbefotos posten. Mikkels Leben verändert sich schlagartig, er geniesst das Gefühl, endlich zum Kreis der Vermögenden zu gehören. Natürlich fliegt die Sache auf. Auf die Dauer wird es auch für Mikkel zu anstrengend, zwei so unterschiedliche Leben parallel zu führen. Sein Vater rastet aus, Mikkel hat ihn, nach seinem Empfinden, hintergangen. Mikkel gibt ihm mit seinem Doppelleben das Gefühl, nicht gut genug zu sein, er fühlt sich mies und nutzlos. Aber Mikkel und sein Vater lieben sich im Grunde ja sehr. Zum Glück haben sie gute Freunde, die vermitteln und zudem Martine, die in solchen Zeiten vorbeikommt, zuhört und erst noch etwas Warmes auf den Tisch zaubert.
Die Geschichte von Mikkel, diesem kleinen, charmanten Hochstapler, ist leicht und witzig geschrieben, berührt aber Lesende sehr. Es ist ein Gefühl, das wohl alle kennen, diese Zuordnung in soziale Schichten, dieses gegenseitige Ausgrenzen und der Wunsch, mal in einer ganz anderen Liga zu spielen. Viele Jugendliche werden dieses Buch mögen, weil Mette Vedsø den richtigen Ton trifft und die Geschichte sehr authentisch und an keiner Stelle moralisierend daherkommt. Für Jugendliche. 170 Seiten.
Mette Vedsø: What the Luck. . Aus dem Dänischen von Maike Dörries. Thienemann 2024. ISBN: 978-3-522-20305-0
Rezension: Maria Riss