Monika Helfer / Michael Köhlmeier: Rosie und der Urgrossvater
Rosie lebt in einer amerikanischen Grossstadt. An freien Nachmittagen tut sie nichts lieber, als ihren Urgrossvater zu besuchen. Urgrossvater kann nämlich Geschichten erzählen wie kein anderer. Früher lebte er in Hohenems, das ist ein kleiner Ort in Österreich. Er meint dazu: «Ich lebte dort so lange gern, bis ich nicht mehr gern wollte. Wenn ich länger geblieben wäre, hätte ich mich verstecken müssen oder ich wäre in ein Lager gekommen, wie meine Mutter und mein Bruder». Urgrossvater ist geflüchtet, aber er kennt sie alle noch, die alten jüdischen Geschichten, die man sich in Hohenems erzählte: Vom kalten Winter, als alle Tiere im Haus überwintern mussten beispielsweise, oder die Geschichte von Mendel, dem Hausierer, der stets Schuhe trug, die ihn schmerzten und dies nur, weil er es so sehr genoss, die Schuhe abends auszuziehen. Urgrossvater und Rosie, beide vergessen während dieser Stunden die Welt um sich herum. Dass Urgrossvater oft kränkelt, oder dass Rosies Mama einen neuen schwarzen Freund hat. Ein Buch, das in seiner Vielschichtigkeit beeindruckt und daher recht hohe Anforderungen an die Lesenden stellt. Die Sprache ist einfach, aber reich. Immer wieder tauchen jiddische Ausdrücke auf und man spürt beim Lesen eine schwer beschreibbare Melancholie. Ein stilles und interessantes Buch, das vor allem auch erwachsenen Leserinnen und Leser gerne lesen werden.
Rezension: Maria Riss
Monika Helfer / Michael Köhlmeier: Rosie und der Urgrossvater. Hanser, 2010.