Freiräume im Umgang mit Sachbüchern
Sachbücher faszinieren viele Kinder. Sie suchen gerne Erklärungen und kommen so zu neuen Kenntnissen. Dies bietet Gelegenheit, Lesestrategien zu entwickeln: Die Schülerinnen und Schüler lernen zum Beispiel, mit Inhaltsverzeichnissen und Registern umzugehen. Sie lernen, wichtige Inhalte zu erkennen und darzustellen.
von Nora Knechtel
→ gesamte Unterrichtsidee als PDF herunterladen
Im Zuge von PISA wurde die Rede von Kompetenzen und Standards (auch) für die Deutschdidaktik zentral. Damit verbunden ist auch der Ruf nach einer Veränderung der Unterrichtsrealität. Für kompetenzorientiertes Unterrichten können zentral folgende Einsichten gelten: Kompetenzen werden nach und nach, in individuellem Tempo entwickelt. Beim kompetenzorientierten Unterrichten sind also unterschiedliche Lernvoraussetzungen als zentrale Basis aller Lernprozesse stets mitzudenken und die Aufgaben sollten das jeweilige Vorwissen der Schülerin/des Schülers berücksichtigen. Kompetenzorientierung sollte dabei nicht zu einer Verengung der Lernarrangements hin zum Training spezifischer Teilkompetenzen führen. Zwar beinhaltet kompetenzorientiertes Unterrichten beispielsweise das Training von Lesetechniken oder Lesestrategien. Darüber hinaus sind diese Angebote jedoch durch offene Lern- bzw. Leseangebote zu ergänzen. Offenere Aufgaben sind insbesondere für die Entwicklung und Förderung der Lesemotivation wichtig, die ein Faktor ist, der auf die Lesekompetenz einwirkt.
In offeneren Lernarrangements können Schülerinnen und Schüler Lesestoff und Aufgaben entsprechend ihren Interessen und ihrem Vorwissen auswählen. Solche offenen Lernangebote lassen sich zum Beispiel in Form eines Leseateliers realisieren. Ein Leseatelier bietet Aufgaben zu einem Themenkomplex an, wobei diese Aufgaben auf die (Weiter-)Entwicklung unterschiedlicher (Teil-)Kompetenzen abzielen und dabei jeweils in verschieden schwierigen Ausführungen vorliegen.
In einem Leseatelier für die Mittelstufe lassen sich unter anderem folgende Lernarrangements umsetzen: Bei jeder Aufgabe finden sich Informationen zum Schwierigkeitsgrad, zur angesprochenen Kompetenz, zur Arbeitsform sowie zum Zeitaufwand. Die Schülerinnen und Schüler wählen selbst diejenige Aufgabe bzw. Variante aus, die sie bearbeiten möchten.
Quellen: Fernrohr: http://www.msdiscoveries.de/; Feder und Tinte: http://www.oneofus.ch/OneBlog/blog.html; Mund: http://www.designpost.de/post.htm; Ohr: http://www.schulbilder.org/de-malvorlagen-ausmalbilder-foto-ohr-i9527.html
Symbole für die Kompetenzbereiche: Das Fernrohr steht für den Bereich Lesen, Feder und Tinte repräsentieren den Bereich «Schreiben», Sprechen, Hören werden durch Mund und Ohr dargestellt.
Schatzsuche in Bibliothek, Schule oder Klassenzimmer
In Verbindung mit Karten und Beschreibungen lassen sich enger geführte Übungsaufgaben wie auch freiere Varianten realisieren, die zum Suchen oder Verstecken einladen.
Eine mögliche Variante zielt darauf ab, dass Schülerinnen und Schüler spielerisch die Schul- oder Gemeindebibliothek besser kennen sowie das System der dortigen Buchaufstellung durchschauen lernen. Es funktioniert ähnlich wie eine Schnitzeljagd. Die Schülerinnen und Schüler erhalten einen Plan der Buchaufstellung bzw. einen Grundriss der Bibliothek sowie den Hinweis, dass es einen Schatz zu suchen gilt. Ein erster Hinweis gibt an, wo eine weiterführende Information zu finden ist: Diese Information kann beispielsweise im Sachbuch- oder Bilderbuchbereich versteckt sein. Evtl. kann beim Hinweis auch auf Signaturen eingegangen werden, die beim Auffinden hilfreich sind. Der Hinweis, den die Schülerinnen und Schüler am entsprechenden Ort finden, enthält eine weitere Information, die sie näher zum Schatz bringt. Mehrere Stationen können die Kinder so kennen lernen – und am Ende wartet der Schatz auf sie. Auf diese Weise lernen Schülerinnen und Schüler spielerisch, wo sich welche Themen oder Medien in der Bibliothek finden.
Eine enger geführte Variante der Schatzsuche zielt besonders auf visuelle Wahrnehmungs- und Textverstehenskompetenzen sowie auf die Förderung produktiver Kompetenzen (Perspektivübernahme; Wortschatzentwicklung). Diese Aufgabe wird in Partnerarbeit durchgeführt. Basis bildet ein Plan des Klassenzimmers oder des Schulhauses. Die Schülerinnen und Schüler verstecken an einem Ort im Klassenzimmer (oder im Schulhaus) einen «Schatz». Sie denken sich einen Weg zu ihrem Schatz aus und beschreiben ihn mündlich oder schriftlich. Dabei müssen sie sich an verschiedenen, auffälligen Wegpunkten orientieren. Die jeweiligen Arbeitspartner versuchen dann, den Schatz des anderen zu finden, indem sie dessen Beschreibung anhören/lesen und den Weg entsprechend der Beschreibung entweder auf dem Plan einzeichnen oder diesen direkt gehen.
Eine engere Variante dieser Aufgabe arbeitet mit der Karte einer fiktiven Schatzinsel: Hier geht es auch um das Enträtseln des Weges und das Auffinden des Verstecks, allerdings lediglich auf der Karte.
Diese Aufgabe kann verschieden schwierig gestaltet werden, indem die Anzahl der Wegmarken variiert wird, die in die Beschreibung einbezogen werden müssen. Leseschwächeren Schülerinnen und Schülern kann die Beschreibung zudem als Hörtext vorgegeben werden.
Quelle: http://www.aolai.de/karten.html
Flaschenpost
Die Übung «Flaschenpost» zielt auf die Förderung grundlegender Lesekompetenzen. Auch hier sind verschiedene Niveaus denkbar: Einfache Ausführungen beziehen sich vor allem auf das Erlesen von Wörtern, komplexere Varianten zielen auf die Förderung von lokaler und globaler Kohärenzherstellung.
Diese Station des Ateliers besteht aus Flaschen, die Schriftrollen enthalten. Jede Flasche ist mit der Farbe für den Schwierigkeitsgrad der Aufgabe gekennzeichnet. Ein Arbeitsauftrag, der sich auf hierarchieniedrige Lesekompetenzen bezieht, kann lauten: «Du findest in den Ferien am Strand eine Flaschenpost. Leider ist der Brief nass geworden, deshalb sind einige Buchstaben verwischt. Kannst du den Brief trotzdem lesen?» In der Schriftrolle befindet sich ein Brief, in welchem einige Buchstaben getilgt sind. Die Schülerinnen und Schüler müssen diese ergänzen, um dem Sinn auf die Spur zu kommen. In anspruchsvolleren Varianten fehlen Wörter, Satzteile oder Teile von Textpassagen.
Recherchieren und erklären
Sachbücher faszinieren viele Kinder. Sie suchen gerne Erklärungen und kommen so zu neuen Kenntnissen. Dies bietet Gelegenheit, Lesestrategien zu entwickeln: Die Schülerinnen und Schüler lernen zum Beispiel, mit Inhaltsverzeichnissen und Registern umzugehen. Sie lernen, wichtige Inhalte zu erkennen und darzustellen.
Dazu wird eine Liste mit Begriffen vorbereitet, die es zu erklären gilt. Diese Liste kann von den Schülerinnen und Schülern auch selbst zusammengestellt werden, z.B. können sie nach ihrem Lieblings-Fachbegriff suchen und diesen anderen Schülerinnen und Schülern als «Rätsel» bzw. Suchauftrag aufgeben. Die Schülerinnen und Schüler recherchieren anhand der Liste oder des Auftrags in Sachbüchern, um Erklärungen zu den entsprechenden Begriffen zu finden. Dabei verwenden sie die Stichwortverzeichnisse und/oder Inhaltsangaben der Bücher. Die Aufgabe kann einzeln, zu zweit oder in der Gruppe bearbeitet werden.