18.11.2021 | Hochschule für Wirtschaft
Neue Studie: Homeoffice und Cybersicherheit in Schweizer KMU
Eine aktuelle Studie der Hochschule für Wirtschaft FHNW und Forschungspartnern untersucht Strategien und Massnahmen in Schweizer KMU mit 4-49 Mitarbeitenden im Umfeld von COVID-19.
Die Projektgruppe bestehend aus Mitarbeitenden der Hochschule für Wirtschaft FHNW, von digitalswitzerland, der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften SATW, von gfs-zürich und von Die Mobiliar hat sich zum Ziel gesetzt, mittels der Erhebung des Ist-Zustandes einen Beitrag zum Verständnis und zur Stärkung von Schweizer KMU mit 4-49 Mitarbeitenden im Umfeld von Corona (COVID-19) zu leisten.
Die zwei bisher durchgeführten repräsentativen Studien geben Einblicke in den Stand der Homeoffice-Nutzung und der Cybersicherheit in KMU, getrieben durch die Ereignisse von Corona/COVID-19 seit anfangs 2020. Die erste Befragung fand zwischen den ersten beiden Corona-Wellen statt, nachdem die erste Homeoffice-Empfehlung des Bundesrats aufgehoben (am 22. Juni 2020) und bevor sie am 19. Oktober 2020 zum zweiten Mal ausgerufen wurde (per 18. Januar 2021 wurde das Homeoffice für alle Unternehmen zur Pflicht). Die vorliegende zweite Befragung fand im Anschluss an die Auflösung der Homeoffice-Pflicht für Betriebe, die regelmässig testen, statt (ab 31. Mai 2021) bzw. begann kurz bevor für alle Unternehmen ab 26. Juni 2021 die Umwandlung in eine Homeoffice-Empfehlung erfolgte. Die zweite Befragung von 506 KMU-Geschäftsleitenden wurde im Zeitraum 16. Juni bis 27. Juli 2021 durchgeführt.
Homeoffice hat sich verdoppelt
Vor dem ersten Lockdown im März 2020 arbeiteten in denjenigen KMU, in welchen für mindestens eine Mitarbeiterin/einen Mitarbeiter das Homeoffice möglich wäre, 10% von zu Hause. Dieser Wert hat sich während dem ersten Lockdown fast vervierfacht (auf 38%) und sank danach auf 16% (eine Steigerung von 60% gegenüber der Situation vor dem Lockdown). Dieser Wert hat sich während dem zweiten Lockdown wiederum fast verdreifacht (von 16% nach dem Lockdown auf 36% während der Homeoffice-Pflicht) und hat sich nun über alle Industrien hinweg auf einem höheren Niveau (bei 20%) eingependelt. Der Vergleich der zwei Wellen zeigt, dass sich die Nutzung des Homeoffice als Arbeitsort in Schweizer KMU seit Beginn der Coronakrise verdoppelt hat.
Ähnlich wie in der ersten Studie sehen sich auch in der zweiten Befragung 19% der KMU mit 4-49 Mitarbeitenden als Pioniere bezüglich des Einsatzes neuer Technologien, 41% als Early Followers (2020: 44%) und 37% als Late Followers (2020: 33%). Pioniere erreichen einen Wettbewerbsvorteil, indem sie als Vorreiter in neue Technologien sowie Produkt- und Marketinginnovationen investieren. Early Followers folgen zeitnah zu den Pionieren mit Innovationen, während Late Followers erst nach einiger Zeit, wenn die Innovationen getestet sind, diese auch selber nutzen. Beim Einsatz des Homeoffice sind die Pioniere hervorzuheben: In diesen KMU könnten theoretisch 85% aller oder einiger Mitarbeitenden im Homeoffice arbeiten (und 91% der Mitarbeitenden sind dort bereits voll oder teilweise dafür ausgerüstet). Aber auch bei den Early Followers und Late Followers gibt es viel Potenzial für das Homeoffice; über alle KMU hinweg, da in rund zwei Drittel der Schweizer KMU theoretisch alle oder einige Mitarbeitenden im Homeoffice arbeiten könnten (und zwei Drittel der KMU bereits alle oder einige Mitarbeitende dafür ausgerüstet haben).
Soziale/emotionale (z.B. der Zusammenhalt im Team), technische (z.B. der externe Datenzugriff) und organisatorische Faktoren (z.B. der Arbeitsplatz) werden als grösste Herausforderungen für die Umsetzung des Homeoffice betrachtet. Zur Umsetzung werden u.a. neue Kommunikationstools (speziell Online-Konferenztools und Online-Beratungen/-Schulungen) eingesetzt. Je grösser das KMU, umso mehr IT-Arbeiten werden von externen Dienstleistern wahrgenommen. Im Durchschnitt nutzen 30% der KMU externe IT-Dienstleister zur Bereitstellung ihrer IT-Infrastruktur.
Potenzial in der IT-Sicherheit
Mit Corona/COVID-19 und der Zunahme von Mitarbeitenden im Homeoffice nahmen auch die Angriffe im Cyberraum zu. Geschäftsleitende von Schweizer KMU sagen deshalb, dass die Cyberkriminalität ein ernstzunehmendes Problem ist (bewertet mit 4,6 auf der 5er-Skala) und dass Massnahmen gegen Cyberattacken wichtig sind (4,4).
Die Studie zeigt, dass sich ein Fünftel der KMU-Geschäftsleitenden zum Thema Cybersicherheit nicht oder überhaupt nicht informiert fühlt. Gleich wie in 2020 bewerten 65% der Geschäftsleitenden die Thematik als wichtig oder sehr wichtig. Dies zeigt sich auch in der Tatsache, dass in 2021 36% der KMU bereits Cyberangriffe erlitten haben, welche zu einem erheblichen Aufwand zur Beseitigung der Schäden führten (2020: 25%). Die Auswirkungen dieser Angriffe sind finanzielle Schäden, Kundendatenverluste und Reputationsschäden.
Analog der Umfrage in 2020 sind die Schweizer KMU relativ weit fortgeschritten mit der Umsetzung technischer Massnahmen zur Erhöhung der Cybersicherheit. Viel Potenzial zeigt sich jedoch bei der Planung und Umsetzung organisatorischer IT-Sicherheitsmassnahmen: Nur knapp die Hälfte der Schweizer KMU verfügt über ein IT-Sicherheitskonzept und nur zwei Fünftel schulen ihre Mitarbeitenden regelmässig oder führen IT-Sicherheitsaudits durch. Während der Homeoffice-Pflicht investierten deshalb ein Viertel der KMU in zusätzliche Massnahmen wie Sicherheitssoftware, Firewalls und stärkere Passwörter. Die Ergebnisse der Studie zeigen auch, dass KMU in vielen Fällen die Datenschutzverantwortlichkeit regelten (bei zwei Dritteln der KMU) und Prozesse zum Datenmanagement definierten.
KMU-Geschäftsleitende, die zum Thema Cybersicherheit informiert sind, haben in der Regel mehr Massnahmen zum Schutz ihrer IT-Infrastruktur und Kundendaten implementiert als nicht informierte. Die Themen der Digitalisierung, des Homeoffice, des Einsatzes von Kommunikationstechnologien und der Cybersicherheit im Umfeld von Corona/COVID-19 haben weiter an Wichtigkeit gewonnen. Gleichzeitig werden diese Themen gesellschaftliche, wirtschaftliche, technologische und verkehrstechnische Diskussionen vorantreiben.
Im Projektbericht wurden wichtige Fragen und Themen für Schweizer KMU zum Homeoffice und zur Cybersicherheit zusammengefasst, damit diese mittels Diskussionen erfolgreiche Massnahmen für ihr Unternehmen definieren können.
Downloads
Whitepaper in deutsch, Französisch und Italienisch:
- Homeoffice und Cybersicherheit in Schweizer KMU 2021 (PDF)
- Télétravail et cybersécurité dans les PME suisses 2021 (PDF)
- Home office e cyber sicurezza nelle PMI svizzere 2021 (PDF)
Der vollständige Projektbericht inklusive Foliensatz kann auf https://kmu-transformation.ch/cyberstudie-2021/ bezogen werden.