12.3.2022 | Hochschule für Life Sciences
Neues CAS-Programm Systematic Review Information Specialist
Fünf Fragen an Dr. Andreas Ledl, Leiter des neuen CAS-Programms.
Das CAS-Programm Systematic Review Information Specialist ist neu. Warum wurde diese Weiterbildung ins Leben gerufen?
Wenn ich augenzwinkernd beginnen darf: Weil ich mich in meiner Berufsehre als wissenschaftlicher Bibliothekar verletzt fühlte. In jedem Workshop, den ich zum Thema Systematic Reviews besuchte, kam zwar der Hinweis, man solle auch eine*n Information Specialist hinzuziehen, aber dann widmete man sich tagelang meist ausschliesslich der Frage, wie man heterogene Studiendaten zusammenbringt.
Bitte nicht falsch verstehen, das ist sehr spannend, blendet aber einen wichtigen Aspekt grösstenteils aus. Denn ohne eine vollständige, transparente und reproduzierbare Recherche zu einer sorgfältig formulierten Fragestellung kann kein qualitätvolles Review entstehen – sie ist die Basis von allem. Deshalb drehen wir den Spiess jetzt um und beschäftigen uns intensiv mit den Aspekten eines Systematic Reviews, die an der Schnittstelle zwischen Forschung und Information liegen - und das sind eine ganze Menge.
Zudem sehen wir in praktisch allen empirisch forschenden bzw. evidenzbasierten Disziplinen einen zum sonstigen Publikationsaufkommen überproportionalen Anstieg bei den Systematic Reviews, sie liegen also voll im Trend. Aber – und das sage nicht ich, sondern die Kommission für forschungsnahe Dienste des Vereins Deutscher Bibliothekarinnen und Bibliothekare in ihrem Positionspapier «Forschungsunterstützung an Bibliotheken» von 2021 – in diesem Bereich werden bisher kaum Dienstleistungen angeboten. Das wollen wir u.a. durch das neue CAS-Programm ändern.
Das ideale Forschungsteam zur Durchführung eines Systematic Reviews sollte 3 Rollen abdecken: Fachexpert:innen zur Auswahl der relevanten Studien, Spezialist:innen für die Evidenzsynthese und last but not least wissenschaftliche Bibliothekar:innen bzw. Information Specialists, die eine fundierte Ausbildung in Methoden der systematischen Literaturrecherche absolviert haben.
Für wen eignet sich das CAS-Programm Systematic Review Information Specialist und warum?
Das CAS-Programm ist bewusst interdisziplinär angelegt und eignet sich daher nicht nur für Personen aus der Medizin, den Gesundheits- oder Lebenswissenschaften. Wir wollen unbedingt auch Kolleg*innen aus sozial-, human-, natur-, ingenieurwissenschaftlichen Fächern usw. ansprechen. Das Vorgehen ist zwar nicht in allen Bereichen zu 100% identisch, aber es gibt sehr grosse Schnittmengen. Auch zielen wir nicht nur auf die Gruppe der wissenschaftlichen Bibliothekar*innen. Systematic Reviews sind auch in Fakultäten und Instituten ausseruniversitärer Forschungseinrichtungen und Forschungsabteilungen der Privatwirtschaft ein hot topic.
Welche Kompetenzen vermittelt diese Weiterbildung für den Berufsalltag?
Mit der UB Basel Medizin konnten wir eine Einrichtung als Partnerin gewinnen, in der – wie an der FHNW Campus Muttenz Bibliothek – das Berufsbild Information Specialist bereits seit längerer Zeit etabliert ist. Das CAS-Programm stellt daher von den theoretischen Inhalten aus immer den Bezug zum Berufsalltag und den Praxistransfer her. So fragen wir zum Beispiel, wie sich eine Dienstleistung zur Durchführung von Systematic Reviews implementieren lässt oder wie konkrete Beratungssituationen aussehen können. Nicht zuletzt bereiten wir künftige Information Specialists umfassend auf den Moment vor, wenn die erste konkrete Anfrage nach Unterstützung bei einem Systematic Review kommt – so sie nicht schon erfolgt ist.
Welche Perspektiven haben die CAS-Absolvent*innen?
Zunächst einmal können sie mit dem absolvierten CAS-Programm ihre Qualifikation formal nachweisen. Das ist im deutschsprachigen Raum einzigartig, wo der Kompetenzzuwachs momentan in informellen Netzwerken oder durch «Learning by doing» entsteht, und sehr wichtig bei der Recherche nach relevanten Primärstudien, wo Forschende sich darauf verlassen müssen, dass methodisch sauber gearbeitet wird. Die beruflichen Perspektiven für Absolvent*innen sind vielfältig, sie reichen von der Weiterbildung «on the job» über den Quereinstieg aus der Forschung in akademische I&D-Berufe oder umgekehrt bis hin zur Selbständigkeit.
Wieso liegt dir das Thema Systematic Review persönlich am Herzen? Was wünscht du dir für die Zukunft?
Es macht mir unheimlich Spass, mein Spezialwissen als Information Specialist in Forschungsprojekte einzubringen, eng mit den Wissenschaftler*innen zusammenzuarbeiten und an Publikationen mitzuwirken. Hier ist die gesamte Bandbreite des Knowhows aus meiner fach- und bibliotheks- bzw. informationswissenschaftlichen Ausbildung und meiner bisherigen Berufserfahrung gefragt. Jedes neue Systematic Review-Projekt bringt seine eigenen Herausforderungen mit sich, ich bekomme Einblicke in spannende Forschungsfelder und lerne ständig dazu.
Für die nahe Zukunft wünsche ich mir, diese Begeisterung mit den Teilnehmenden des CAS-Programms teilen zu dürfen. Ausserdem wäre es toll, wenn es uns gelänge, eine Information Specialist Community aufzubauen, die sich auch nach Abschluss des CAS weiterhin austauscht und gegenseitig unterstützt.
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