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19.4.2022 | Pädagogische Hochschule

MINT-Förderung mit spielerischem Ansatz

Hochschulen der FHNW entwickeln ein transmediales Game für Schüler*innen, das nicht nur Fachwissen vermittelt, sondern auch Systemdenken fördert.

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In Workshops wurden Inhalte und Mechaniken des Spiels geplant. Foto: Alain Zanchetta

MINT-Förderung ist in aller Munde. Seit Jahren ist die Nachfrage nach gut ausgebildeten Personen in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik gross – oftmals übersteigt sie sogar das Angebot. Um diesem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, ist die Aufwertung des Schulunterrichts in den MINT-Fächern wichtig. Hier setzt das «Nationale Netzwerk MINT-Bildung» (vgl. Artikel unten) mit seinen Massnahmen an.

Aktuell laufen schweizweit – jeweils in Kooperation zwischen einer Pädagogischen Hochschule und (mindestens) einer technisch-naturwissenschaftlichen Fachhochschule – 25 Projekte. Eines dieser Projekte leitet Karin Güdel, Dozentin an der Professur für Naturwissenschaftsdidaktik und ihre Disziplinen, am Institut Sekundarstufe I und II der PH FHNW: SysteMINT lautet der Titel des Projekts. Ziel ist es, das Systemdenken in den MINT-Fächern zu fördern und aufzuzeigen, wie der Mensch mit seinem Verhalten und seinen Entscheidungen direkt und indirekt über technische Systeme auch ökologische Systeme beeinflusst.

Am Beispiel der Spurenstoffe im Gewässer geht es darum, die Herkunft, die verschiedenen Wege und Wirkungen der unsichtbaren Stoffe im Gewässer zu verstehen, um dann individuelle, politische aber auch technische Massnahmen beurteilen zu können. «In der ersten Programmphase von 2017 bis 2020 hat eine Umweltingenieurin und Ökotoxikologin der Hochschule für Life Sciences in Lehrveranstaltungen an der PH den angehenden Lehrpersonen fundiertes fachliches Know-How und Begeisterung für das Thema mitgegeben» erklärt Karin Güdel. In der bis 2024 laufenden zweiten Phase geht es nun einerseits darum, diese Lehrmaterialien weiter in der Lehrpersonenbildung einzusetzen.

Spielerischen Ansatz gefunden

«Doch für mich war in der Analyse der ersten Phase bald klar, dass es noch einen Schritt weitergehen soll. Ich habe mir überlegt, wie es möglich wäre, das Thema spielerischer zu vermitteln», so die Projektleiterin. Bald war der Ansatz gefunden, in Zusammenarbeit mit dem Institut für interaktive Technologien der Hochschule für Technik der FHNW, der Hochschule für Life Sciences der FHNW und mit der Stiftung éducation 21 als zusätzliche Geldgeberin, wird ein transmediales Game entstehen. Darin sollen digitale und analoge Lehreinheiten so zusammengeführt werden, dass sowohl komplexe Systemzusammenhänge und naturwissenschaftlich-technische Phänomene wie auch Interessenskonflikte und Entscheidungssituationen simuliert werden können.

«Das Spiel ist für Schüler*innen gedacht. Es wird das Thema ‘Spurenstoffe in Gewässern’ aufgreifen», erklärt Karin Güdel. Es gehe darum die Unterwasserlebewesen kennenzulernen, zu erfahren, was Spurenstoffe sind, zu überlegen mit welchen Massnahmen sie reduziert werden können und schliesslich mit Entscheidungsträger*innen zu verhandeln und sie mit guten Argumenten zu überzeugen. Im Game, in dem Schüler*innen Rollen einnehmen werden, gibt es sowohl digitale als auch analoge Sequenzen. «Die Unterwasserlebewesen werden etwa in einem fiktiven sozialen Netzwerk eine Stimme erhalten», erklärt Madlaina Kalunder, die das Projekt seitens des Instituts für interaktive Technologien der Hochschule für Technik der FHNW leitet. Die Verhandlungen sollen dann aber durchaus real stattfinden. «Wir versuchen über eine Entdeckungsreise den Schüler*innen eine spielerische Annäherung an die fachlichen Themen zu ermöglichen, die natürlich auch Spass machen soll», so Madlaina Kalunder weiter.

Eingesetzt werden soll das Spiel sowohl an Schulen als auch an Hochschulen. Bereits jetzt werden Studierende miteinbezogen. «Es geht darum, Ideen zu spiegeln und zu testen und frühzeitig im Designprozess ein Feedback von angehenden Lehrer*innen zu erhalten», so Güdel.

Zusammenarbeit intensiviert

«Die Entwicklung des Spiels erfordert diese enge Zusammenarbeit», betont Karin Güdel. «Wir müssen uns stetig austauschen und einander das Wissen aus den jeweiligen Fachgebieten übermitteln und es dann in das Spiel integrieren. Wir haben etwa versucht den Game Designer*innen aufzuzeigen, wie wir die Lerninhalte im klassischen Unterricht vermitteln würden und so fachdidaktische Aspekte aufgezeigt.» Dies sei ein iterativer Prozess zwischen den Fachdidaktiker*innen aus der PH und den Game Designer*innen und Software Entwickler*innen der Hochschule für Technik. Das bestätigt auch Madlaina Kalunder. «Es ist sehr spannend, andere Sichtweisen und Methoden zu sehen und es ist klar, dass wir uns in diesem Setting zuerst finden mussten.» Auch sie betont, dass der enge Austausch und die wöchentlichen Updates wichtig seien, um das gegenseitige fachliche Verständnis zu steigern.

Doch nicht nur eine gemeinsame Sprache zu finden und einander das Fachwissen zugänglich zu machen, stellte die Beteiligten vor Herausforderungen. «Es galt auch eine gemeinsame Arbeitsorganisation zu entwickeln», so Güdel. «Ausserhalb des Projekts arbeitet eine Gamedesignerin sicher anders als ein Fachdidaktiker, nun mussten wir einen gemeinsamen Weg finden.» Und es galt auch, sich auf das eigene Fachgebiet zu fokussieren. «Ich machte mir beispielsweise viel zu viele Gedanken, die weit über die Lerninhalte, die vermittelt werden sollen, hinausgingen und setzte mich mit möglichen Spielmechanismen auseinander und begab mich so gedanklich aufs Feld der Spielentwickler*innen», so Güdel.

- Marc Fischer - 


Nationales Netzwerk zur Förderung der MINT-Bildung

Susanne Metzger, Leiterin Zentrum Naturwissenschafts- und Technikdidaktik, Institut Forschung und Entwicklung, PH FHNW, strategische Programmleiterin Nationales Netzwerk MINT-Bildung und Sara Venzin, Hochschule für Technik, FHNW, operative Programmleiterin Nationales Netzwerk MINT-Bildung

Eine Lehrperson, die von der Wichtigkeit und Faszination der MINT-Fächer überzeugt ist, wird eher Schüler*innen für die MINT-Fächer begeistern. Davon sind die Partner*innen des Programms Nationales Netzwerk MINT-Bildung überzeugt. 2017 wurde das Programm im Rahmen der projektgebundenen Beiträge, mit denen innovative Vorhaben von gesamtschweizerischer hochschulpolitischer Bedeutung gefördert werden, ins Leben gerufen. Die FHNW spielte dabei als Initiantin eine wichtige Rolle und übernimmt deshalb auch in der zweiten Finanzierungsphase 2021–2024 die Funktion als Leading House. Susanne Metzger, Leiterin des Zentrums Naturwissenschafts- und Technikdidaktik der Pädagogischen Hochschule, fungiert als Strategische Programmleiterin, Sara Venzin von der Hochschule für Technik leitet das Programm operativ.

Für einen begeisternden MINT-Unterricht

Heute sind 23 Hochschulen am Programm beteiligt und das Netzwerk spannt sich von Lausanne bis Kreuzlingen, von Basel bis Locarno über die ganze Schweiz. Das langfristige Ziel des Nationalen Netzwerks MINT-Bildung ist es, durch hochschulübergreifende Projekte die MINT-Bildung an der Volksschule aufzuwerten, insbesondere soll bei den Schulkindern die Begeisterung für MINT-Themen geweckt werden. Dafür setzt das Programm bei (angehenden) Lehrpersonen an: Durch fachliche und fachdidaktische Aus- oder Weiterbildungsmodule sollen Lehrpersonen befähigt werden, einen interessanten, begeisternden und diversitysensiblen Unterricht im Bereich MINT zu gestalten.

Um dieses Ziel zu erreichen, gestalten die Programmpartner*innen an den beteiligten Hochschulen interessante, innovative und fachlich fundierte Module für die Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen. Für die Ausarbeitung der rund 25 Module spannen jeweils Dozierende einer Pädagogischen Hochschule mit Expert*innen von naturwissenschaftlich-technischen Hochschulen zusammen. So entstehen Lehrveranstaltungen, Workshops und Weiterbildungen, die nicht nur (fach-)didaktisch fundiert sind, sondern auch inhaltlich den Stand der aktuellen Forschung abdecken, beispielsweise in den Bereichen Umweltnaturwissenschaften, Informatik, Elektrotechnik, Medizintechnik.

Neben dem oben vorgestellten Projekt «Systemdenken in MINT fördern – SysteMINT» werden im Bildungsraum Nordwestschweiz die Projekte «Regelkreise multiperspektivisch beleuchtet» und «Technik und Naturwissenschaften verstehen und erklären» durchgeführt.

MINT-Netzwerk an der FHNW

Neben den Inhalten ist der Netzwerkgedanke ein wichtiger Aspekt des Programms. Regelmässig tauschen sich die Programmbeteiligten über ihre Regionen hinaus aus. Das Netzwerk bietet den Nährboden für neue Kontakte und frische Ideen in der Aus- und Weiterbildung im Bereich MINT. Dies gilt auch für die Region Nordwestschweiz: Forschende und Dozierende der verschiedenen Hochschulen der FHNW kommen durch die Projektarbeit im Rahmen des Netzwerks zusammen. Durch den fachlichen Kontakt wächst das gegenseitige Verständnis und der Respekt für die verschiedenen Arbeitsbereiche, sodass der Kontakt häufig auch nach Projektende informell bestehen bleibt. So wird das MINT-Netzwerk an der FHNW, das durch die strategische Initiative EduNaT aufgebaut wurde, durch die Arbeiten im Rahmen des Nationalen Netzwerks MINT-Bildung ausgebaut und gefestigt.

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